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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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hier sind keine wirklichen Gegner für mich, bei allem Respekt.«
    »Vielen Dank für das Kompliment«, ätzte Iwan.
    »So?« In der Stimme des Aufsehers schwangen Zweifel. »Vielleicht könnten wir … Ach nein, das geht natürlich nicht.«
    »Haben Sie denn auch gespielt?«, fragte Wodjanik.
    »Na ja, wenn Sie so wollen …«
    »Ich hatte gleich den Eindruck, dass Sie einer von uns sind«, erklärte Wodjanik. »Ich wollte Ihnen sogar ein Match anbieten, aber ich denke, das wäre nicht fair. Sie sind in der langen Zeit sicher etwas aus der Übung gekommen, während ich …«
    »Probieren wir’s doch aus!«, schlug Ignatius vor.
    »Sie fordern mich also heraus?«
    »In der Tat! Nur, wo nehmen wir die Fragen her?«
    »Wieso, wurde das Stepanow-Archiv etwa abgeschafft?«
    Schweigen. Iwan konnte förmlich spüren, wie es in den grauen Zellen des Gefängniswärters arbeitete.
    »Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Ignatius. Der freudige Tonfall seiner Stimme verriet, dass er lächelte.
    »Jeder von uns weiß doch bestimmt einige Fragen, die der andere nicht kennt«, sagte Wodjanik. »Einen Versuch ist es allemal wert. Aber bitte ohne Wortspielfragen, Sie wissen schon: ›Was ist groß, grau und telefoniert aus Afrika?‹ So was hasse ich.«
    »Ich bitte Sie!«
    Während die beiden Quizfanatiker einander wie besessen mit Fragen bombardierten, langweilte sich Iwan und nickte manchmal sogar ein.
    »Ich denke, damit lassen wir es dann mal gut sein«, verkündete Wodjanik wie aus heiterem Himmel.
    »Aber wieso?«, fragte Ignatius.
    Iwan horchte auf. Bislang hatte der Professor dem Gefängniswärter keinerlei Anlass gegeben, misstrauisch zu werden. Aber früher oder später musste er ihn ja aus der Reserve locken.
    »Ohne Stoppuhr macht es keinen Spaß.«
    Wodjanik ging es vorsichtig an.
    »Kann ich organisieren«, sagte Ignatius.
    »Und außerdem … außerdem brauche ich Licht.«
    Nun ging es ans Eingemachte.
    »Wozu das denn?«, fragte Ignatius argwöhnisch. »Jetzt? Auf einmal?«
    »Die sensorische Deprivation«, sagte der Professor, als würde das alles erklären.
    Pause.
    Iwan trat kalter Schweiß auf die Stirn.
    »Ha!«, rief der Gefängniswärter. »Ich weiß. Gehemmte Emotionalität. Das Experiment MK ULTRA ?«
    »Oje, eine ›Kerze‹«, seufzte Wodjanik.
    Was für eine Kerze denn? Iwan verstand nur Bahnhof.
    »Ganz genau!« Ignatius freute sich wie ein Schneekönig. »Natürlich eine ›Kerze‹. War aber auch eine einfache Frage.« Er dachte lange und angestrengt nach. »Also gut. Sie bekommen Ihr Licht. Ist Ihnen eine Karbidlampe recht?«
    »Acetylen, die Additionsreaktion«, sagte Wodjanik wie aus der Pistole geschossen.
    »Das war aber auch zu einfach. Nehmen wir etwas Schwereres: Der tschechische Architekt Jan Letzel hat viele Jahre in Japan gelebt und dort etliche Gebäude im europäischen Baustil entworfen. Nach dem Großen Kant o ˉ -Erdbeben kehrte er in seine Heimat zurück, wo er starb. Zwanzig Jahre nach seinem Tod erlangte eines der von ihm entworfenen Gebäude weltweite Berühmtheit. Frage: Wodurch wurde das Gebäude berühmt?«
    Schweigen. Den Geräuschen nach zu schließen zappelte Ignatius vor Ungeduld.
    »Na?«
    Der Professor seufzte. »Ohne Licht kann ich nicht nachdenken, verstehen Sie, Kollege? Ich kann mich einfach nicht richtig konzentrieren. So kann ich nicht vernünftig weiterspielen.«
    »Ich verstehe Sie schon«, erwiderte der Gefängniswärter. »Versuchen Sie trotzdem zu antworten.«
    »Na ja, also sicher bin ich mir nicht. Aber könnte es sein, dass dieses Gebäude nach dem Atombombenabwurf in Hiroshima stehen geblieben ist?«
    Iwan war platt. Unvorstellbar, welches Wissen man anhäufen musste, um auf eine solche Frage antworten zu können. Und mit dem blanken Wissen war es ja schließlich auch nicht getan …
    »Richtig«, sagte Ignatius. »Es war das Gebäude der Handelskammer.«
    »Das Stepanow-Archiv ist eine Datenbank, die sämtliche Fragen enthält, die jemals bei ›Was? Wo? Wann?‹-Turnieren oder TV-Quizsendungen wie ›Brain-ring‹ oder ›Swoja Igra‹ gestellt wurden«, erklärte Wodjanik. »Eine ›Kerze‹ ist sozusagen eine abgebrannte Frage, die bei einem früheren Spiel schon einmal gestellt wurde. Eine Frage ›überdrehen‹ bedeutet, eine komplizierte und falsche Antwort auf eine Frage zu geben, die im Grunde ganz einfach gewesen wäre. Ein ›Sarg‹ ist eine unbeantwortbare, tote Frage.«
    Der Professor redete wie ein Buch, und Iwan wusste nicht mehr so recht,

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