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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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an sich. Die Berührung ihres warmen Körpers erfüllte ihn mit einem überwältigenden Gefühl von Zärtlichkeit. Es fühlte sich immer noch genauso an wie früher, obwohl so viel Zeit vergangen war.
    »Alles. Wird. Gut.«
    »Du bist ein schöner Mann«, sagte Katja. »Und deine Tanja ist ein kluges Kind. Während alle anderen um dich herumscharwenzelten, war sie sich immer selbst genug. Genau so muss es sein. Und so hat sie dich auch gekriegt.« Katja wurde plötzlich ernst. »Eins sage ich dir: Wenn du Tanja betrügst, schneide ich dir höchstpersönlich die Eier ab. Mit dieser Schere hier. Haben wir uns verstanden?«
    »Ja.«
    Iwan drückte Katja fest an sich und spürte, wie die Anspannung aus ihrem Körper wich. Ihre festen Brüste verströmten Wärme. Iwan atmete durch. Frauen. Ihm schwindelte noch immer. Das rote Licht schmerzte in den Augen.
    Ab in die Falle, dachte Iwan. Nur …
    »Weißt du, ich habe heute …«, begann Iwan, als plötzlich Pascha wieder ins Zelt kam.
    Ohne das überraschte Ex-Liebespaar eines Blickes zu würdigen, marschierte er zum Tisch, nahm das Bierfass, das noch immer dort stand, grummelte: »Sorry, hab ich vergessen«, und ging wieder hinaus.
    »Scheiße.« Mehr fiel Iwan nicht ein, während er seinem davoneilenden Freund hinterherschaute.
    Katja blickte auf, und als sie Iwans verdattertes Gesicht sah, fing sie plötzlich zu lachen an.
    Iwan verließ die Sanitätsstation. Er nahm nur seine Tasche und das Sturmgewehr mit. Seine gesamte übrige Ausrüstung ließ er dort, zur Dekontamination. Iwan verzog das Gesicht. Die Tasche stank nach verbranntem Gummi.
    Jetzt noch Wasser organisieren, waschen, das Gewehr reinigen und schlafen gehen. Obwohl, gleich schlafen gehen wäre noch besser.
    Iwans Augen brannten, als hätte man ihm eine Handvoll Sand hineingeworfen. In seinem Kopf dröhnte die bleierne Schwere eines Kanaldeckels.
    Aber halt, eine Sache noch.
    »Pascha!«, rief Iwan und stutzte. Sein Freund war nicht mehr in der Nähe. Wahrscheinlich beleidigt.
    »… In gewisser Weise ist das die Antwort auf das berühmte Dostojewski-Zitat: ›Weit ist der russische Mensch, weit! Ich hätte ihn enger gemacht.‹«
    Iwan blieb stehen, als er die bekannte Stimme hörte.
    Er schaute um die Ecke des Zelts. Neben einem künstlichen Tannenbaum, der mit selbst gebasteltem Baumschmuck und sogar einigen echten Glaskugeln behängt war, saß die Runde der Nachtschwärmer. Die Lichterkette am Baum brannte, die bunten LEDs brauchten wenig Strom, und für die Nachtschicht reichte das Licht völlig aus – zum Herumsitzen, Rauchen und Lesen. Wenn nötig auch zum Essen.
    »Jetzt sind wir so weit. Wir haben unsere Welt verengt«, sagte ein korpulenter, älterer Mann mit struppigem schwarzem Bart. »Verengt auf diese jämmerliche Metro, auf – noch! – bewohnte Stationen. Und das bedeutet das Ende, meine Lieben. An der Oberfläche können wir nicht mehr leben, und ich fürchte, das wird auch so bleiben. Die sogenannten Digger haben den gefährlichsten Beruf bei uns, nach …«
    »Nach den Elektrikern«, warf jemand aus der Dunkelheit ein.
    »Völlig richtig«, pflichtete Wodjanik bei. »Nach den Elektrikern.«
    Der Professor litt an Schlaflosigkeit, und deshalb wunderte sich Iwan nicht sonderlich darüber, ihn hier anzutreffen. Bei der Tanne hatte sich so eine Art nächtlicher Stammtisch etabliert, an dem sich alle trafen, die nicht schlafen konnten.
    Kommt schon mal vor, dass es einen umtreibt. Man sollte eigentlich schlafen, aber die Seele kommt nicht zur Ruhe. Manche sind dann lieber für sich und gießen sich einen hinter die Binde, andere kommen zum Tannenbaum, erzählen sich gegenseitig Geschichten oder singen Lieder.
    Sich mit Wodjanik zu unterhalten war übrigens immer ein Gewinn. Wenn man den Professor auf dem Weg zur Toilette traf, konnte es einem passieren, dass man unterwegs einen Universitätsabschluss erwarb. So scherzten die Leute, die ihn kannten.
    Außerdem erzählte man sich über Wodjanik, dass seine Witze es durchaus mit einem kleinen Atomkrieg aufnehmen konnten, wegen ihrer verheerenden und unumkehrbaren Folgen. Der Professor konnte partout keine Witze erzählen, tat es jedoch mit großer Leidenschaft.
    »Erzählen Sie von Saddam, Grigori Michailowitsch!«, bat einer.
    Iwan konnte nicht erkennen, wer. Doch von Saddam dem Großen hatte Iwan schon gehört. Nun, eigentlich hatten alle schon von ihm gehört.
    Ganz zu Anfang, als die Katastrophe passierte und die hermetischen Tore

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