Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
wird eine Funktion     mit den dazugehörigen Parametern übergeben – äh, verständlich?«
    Lisa verdrehte die Augen, »aber klar doch. Und dann ist Marie angemeldet und dann passiert was?«
    »Ein Datensatz   MARIE   wird angelegt und feierlich in die Gemeinde der Pixies aufgenommen, sprich: in die Datenbank geschrieben. Einmal angemeldet, wird Marie immer wenn sie sich fortan einloggt, mit   Marie = Marie.todayNew()   als neues Objekt erschaffen. Marie kann jetzt jederzeit ihr Aussehen ändern, indem sie sich neue Klamotten auswählt.   Marie = Marie.newClothes(»jeans«)   oder andere hübsche Dinge tun, sich zum Beispiel einen Trauerflor kaufen.«
    »Und wenn sie sich abmeldet?«
    »Hm, dann heißt es   Marie.kill() .«
    »Schön«, sagte Lisa, »hab ich … na ja, so einigermaßen verstanden und will auch gar nix weiter über Funktionen und Variablen wissen. Nur: Was hat das jetzt mit den Dossiers von Weidenfeld zu tun?«
    »Eine Menge.«
    Bentner lehnte sich zurück.
    »Ich habe erwähnt, dass in den einzelnen Klassen Variablen deklariert wurden, die man etwa mit den Angaben der Nutzer belegt. Es gibt auch welche, denen man sofort einen Wert zuordnet. Menschen sind von Natur aus Zweibeiner, die Variable BEINE hat also standardmäßig den Wert 2. Was aber nun, wenn man jemandem ein Bein amputiert hat? Es muss also möglich sein, den Wert auf 1 abzuändern. Daneben jedoch gibt es Werte, die nicht manipuliert werden dürfen und können. Diese werden dann, wie man so sagt, gekapselt. Niemand hat einen Zugriff darauf, sie lassen sich nicht überschreiben. Wenn ich festlege, ein Lebewesen sei Teil der organischen Chemie, wird man nicht plötzlich behaupten können, es sei ein Teil der anorganischen. Dann nämlich wäre es automatisch kein Lebewesen mehr, sondern, nun ja: ein Stein oder so was. Unsere fiktive Marie etwa hat angegeben, sie sei weiblich. Auch diese Variable wird gekapselt, wenngleich mir gerade siedend heiß einfällt, dass unser Schatz ja eine Geschlechtsumwandlung an sich vornehmen lassen könnte. Aber sei’s drum. In der Klasse   PIXIE   jedenfalls wird unter anderem auch geregelt, dass Pixies sich auf bestimmte Art und Weise bewegen können. Sie können gehen und sich hinsetzen und sogar herumhüpfen und schwimmen, aber sie können nicht fliegen. Sie haben die Möglichkeit zu chatten, entweder in aller Öffentlichkeit oder privat. Sie können aber nicht statt Text ein Bild hochladen oder einen Hyperlink setzen. Das wird unterbunden, solche Datentypen nimmt die Variable nicht auf. Für einen Programmierer bedeutet das: Mach dir frühzeitig Gedanken darüber, welche Daten du kapselst und welche nicht. Und genau das hat Weidenfeld mit den Dossiers gemacht: Er hat Daten zusammengestellt und überlegt, welche davon unveränderlich sind und welche nicht.«
    »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, gestand Lisa und war plötzlich kein kluges Mädchen. »Weidenfeld konnte programmieren? Objektorientiert? Zu welchem Zweck eigentlich?«
    Das hatte sich Bentner auch gefragt und er musste sich eingestehen, noch keine Antwort darauf gefunden zu haben.
    »Eigenschaften, Lisa, Eigenschaften und Methoden. Was ist einer und was wird er tun? Welche dieser Eigenschaften und Methoden sind gekapselt, also unveränderlich – und welche nicht? Ist Nils Bentner, weil er ein Feigling ist, jemals fähig, sich auf einen Hund zu stürzen, der gerade ein kleines Kind zu zerfleischen droht? Kann man ihm die Funktion   Nils = Nils.Mutig(»ja«)   zuweisen oder steht in seiner Klasse keine Variable, sondern die Konstante   Nils_mut = »nein« , von keiner Macht der Welt zu überschreiben?«
    »Jaaa«, sagte Lisa und vielleicht klang es wie ein Nein. Bentner startete die Entwicklungsumgebung, ein Programm mit vielen kleinen Fenstern, leere weiße Flächen, schloss diese Fenster oder verschob sie mit der Maus an den Rand, öffnete dann eine Datei »Pixie«. Lisa hatte sich hinter ihn gestellt, sah ihm über die Schulter, die von etwas berührt wurde, von dem Bentner erhoffte, es sei Lisas Brust, er bekam Gänsehaut und Bauchkribbeln.
    »Oh«, machte Lisa, »das sind ja Hieroglyphen! Und das hast du geschrieben? Das kannst du lesen?«
    Bentner scrollte nach unten, der Text auf dem Bildschirm schien kein Ende zu nehmen, Kaskaden englischer Schlagwörter, scheinbar sinnlos hintereinander platzierte Satzzeichen, Dreifachklammern.
    »Das ist das Herz eines jeden Pixie«, sagte er, unten angekommen, wo

Weitere Kostenlose Bücher