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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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fand alle sieben IPs mit dazugehörigen Logdaten. Natürlich war jeder von ihnen ein Pixie gewesen, gab es zu jeder IP eine Pixity-Adresse, sogar von Almuth, man hatte ja testen müssen. Korrekt den Vornamen, Unterstrich, den Appendix »test«. Sechs Namen. Nur der siebte Rechner, es war der, den Weidenfeld später privat übernommen hatte, machte eine Ausnahme. Auch von ihm aus hatte sich vor knapp zwei Jahren zum ersten Mal jemand als Pixie registrieren lassen, es konnte nur der Rechner im Praktikantenzimmer gewesen sein, und der Nick unterschied sich von den anderen. Er lautete goldenesBlut.

    »Du bist ein Held«, sagte Lisa und räumte die Teller ab. Bentner nickte und rieb sich theatralisch den Bauch, vor Schmerz oder Befriedigung, das ließ er offen.
    Wenigstens waren die Spaghetti al dente geraten, vorausgesetzt, man hatte vor dem Essen die Zähne aus dem Mund genommen. Das Pesto hatte sich als Tomatensoße mit allerlei Gewürzbeigaben entpuppt und es würde gleich Mousse zum Dessert geben, im exklusiven Plastikbecher für 39 Cent, »die nehmen’s von den Lebenden«, schimpfte Lisa und stellte die Leckerei auf den Tisch.
    »Zum Rauchen darfst du auf den Balkon.« Der war niedlich und rutschig, verfügte aber über einen an den Fliesen festgefrorenen Pflanztopf für die niedergerauchten Kippen.
    Bentner rauchte, während Lisa die letzten stummen Zeugen der Mahlzeit beiseite schaffte. Auf dem Tisch verblieben Weinflasche und Gläser, das mit hübschen Winterblumen besetzte Töpfchen, zwölf Euro und von der Bahnhofsfloristin warm empfohlen. Sie hatte Bentner auch den Namen der Blumen genannt, der ihn aber wieder vergessen, »Winterblumen halt«, einigte man sich schließlich. »Du bist der erste Mann, der mir Blumen schenkt.« Oh je, dachte Bentner.
    »Komm, wir setzen uns auf die Couch.«
    Eine winzige Couch, kaum groß genug für zwei, die nicht an Übergewicht zu tragen hatten. Sie konfrontierten ihre Gläser miteinander, ein leises, helles »kling«. Nippen, Blick in die Augen, die Gläser in Ermangelung eines Tisches auf dem Stuhl abstellen, »passt schon.«
    »Mut antrinken.«
    Sie tat es, Bentner füllte ihr Glas nach. Dann streifte sie ihre Hausschuhe ab, stellte ihre Füße auf den billigen Teppich, durchfurchte ihn mit den Zehen. Lass das bitte, sagte es in Bentner.
    »Ich muss dir eine Geschichte erzählen. Nein, sogar zwei. Sind keine schönen Geschichten. Ich weiß, du kannst zuhören, also tu’s einfach. Die erste Geschichte ist ungefähr sieben Jahre alt. Fünfzehn war ich damals. Naiv und voll in der Pubertät, na ja. Gab ein Mädchen in meiner Klasse, war aus der Schweiz zugezogen, sprach so komisch. So süß. Lizzy hieß die. Weiß bis heute nicht, was mit der los war. Kam in unsere Klasse, weil sie bei ihrer Oma wohnte, aber nur bis zum Ende des Schuljahres, dann sollte sie wieder zurück in die Schweiz. Hübsches Ding, oh ja. Ihre Oma hat allein gewohnt, Frühling war da, wir haben Parties bei ihr gemacht, nur Mädchen, über Jungs ablästern und so. Campari getrunken und Rotkäppchensekt. Locker geworden. Quatsch gemacht. Auch schon mal einer von hinten an die Hupen gegriffen und huphup gemacht. Nein, das hatte nix mit Sex zu tun, das versteht ihr Kerle bloß nicht. Auch im Schullandheim, wenn eine zur anderen ins Bett kriecht und sich ankuschelt. Versteht ihr einfach nicht.
    Also Lizzy. Wir haben lange gequatscht, weißt du. Sie hat gesagt, sie mag Mädchen. Nicht nur, aber gerade besonders. Hatte einen Freund und war keine Jungfrau mehr, hat weh getan, überhaupt, mit Mädchen wär’s wohl schöner, sie wüsste das nicht, noch nie richtig ausprobiert. Okay. Wir haben gequatscht. Ich hab bei ihr übernachtet, nach ’ner Party, andere Mädchen auch. Als ich am Morgen aufgewacht bin, hab ich Lizzys Parfüm neben mir gerochen. Sie selbst hat in ihrem Bett gelegen, ich auf ’ner Matratze daneben, Luftmatratze glaub ich. Sonst war da gar nix, aber ihr Parfüm halt, ganz deutlich. Tage später haben wir wieder miteinander gequatscht. Wir waren allein bei ihr auf dem Zimmer. Mai oder Juni oder so, sehr warm. Sie hat wieder davon angefangen, von den Mädchen, wäre bestimmt geiler als mit Jungs und ob ich schon mal. Na ja, das vom Schullandheim hab ich ihr dann erzählt, ist ja nix dabei, haben die meisten Mädchen hinter sich. Schmusen und küssen und streicheln und am nächsten Morgen habt ihr ein schlechtes Gewissen und redet nicht mehr drüber und geht euch ’ne Zeitlang oder für immer

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