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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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aus dem Weg. Also. Ich hab ihr gesagt, ich hätte noch gar keine Erfahrungen. Weder mit Jungs noch mit Mädchen. Da hat sie sich rüber gebeugt und mich geküsst. Ganz zart auf den Mund, nicht lange. Den Rest kannst du dir vielleicht denken. Es war ziemlich enttäuschend. Zwei nackte Teenager, die gehört haben, man müsste sich jetzt lecken und fingern, und das erste eklig fanden und beim zweiten sich auch ziemlich doof angestellt haben. Die dann nebeneinander liegen und es sich selber besorgen. Okay. Ich hab gar nicht gemerkt, dass mich Lizzy dabei fotografiert hat. Wäre mir auch egal gewesen in dem Moment.
    Zwei oder drei Tage später hab ich zufällig gesehen, wie sie mit einem Jungen in den Park ist. Bin ihnen nach. Sie haben geknutscht und gefummelt. Ich war sauer und bin hin und hab Lizzy zur Rede gestellt, wieso sie jetzt plötzlich mit einem Jungen. Sie hat mir ins Gesicht gesagt, das mit mir wäre scheiße für sie gewesen, für mich doch auch, also sollte ich mich nicht so anstellen. Bin wütend weg. Weiß bis heute nicht, warum ich wütend war. Eifersüchtig. Sie hat ja Recht gehabt. War scheiße gewesen. Okay.
    Im August haben wir Sommerferien gehabt und am ersten Tag wollte Lizzy heim in die Schweiz. Wir haben in der ganzen Zeit nicht miteinander gesprochen. Sie ist mit ihrem Kerl rumgezogen, dann irgendwann nicht mehr. Okay. Hab ich verwunden, nicht mehr dran gedacht. Eine Woche vor Ende des Schuljahres schickt sie mir ’ne SMS. Sie wollte noch einmal mit mir schlafen. Noch einmal versuchen. Jungs seien wirklich scheiße. Nein, hab ich geantwortet. Sie schickt eine weitere SMS. Wenn ich nicht mit ihr schlafen würde, würde sie jedem aus meiner Klasse mein Pic zeigen. Lisa nackt und befriedigt sich selbst. Ich ihr zurück geschrieben: Dann bin ich tot, wenn du das machst. Sie: Dann komm zu mir und wir pennen noch einmal miteinander und dann lösch ich das Pic. Ich: Nein. Sie: Doch. Ich: Brauch Zeit. Muss mir überlegen. Sie: Eine Stunde. Ich warte. Ich: Okay.
    Eine Stunde später war ich bei ihr. Bis nächsten Morgen. Wir haben die ganze Nacht … und es war einfach geil. Am nächsten Tag das gleiche, am übernächsten, am überübernächsten. Dann ist sie abgereist und wir haben nie wieder etwas von einander gehört. Sie hatte meine icq-Nummer, ich ihre. Wir haben uns nicht geaddet.
    Und weiter? Ich habe mit keiner Frau mehr geschlafen. Hab mich von einem unbeholfenen Idioten entjungfern lassen. Aber ich hab mir das gemerkt von damals. Wie es ist, wenn du erpresst wirst, wie es ist, wenn du … Ich will nicht, dass kleinen dummen Mädchen so etwas passiert. Dass man dran denkt, sich umzubringen. Andererseits … Na, du weißt schon. Das heißt, du weißt natürlich nicht, weil ihr das gar nicht wissen könnt.
    So. Das war die erste Geschichte. Eigentlich geht dich das nichts an, aber ohne die erste wirst du die zweite nicht verstehen können. Die von gestern Abend. Aber vorher besauf ich mich.«
    »Eiskalte Füße«, sagte Lisa und rieb die Sohlen gegen den Teppich. Bentner klopfte zweimal auf seinen Oberschenkel, zwei Beine schwenkten durch die Luft und lagerten zwei Füße dort, wo zwei klamme Hände sie in Empfang nahmen.
    Die jetzt halb liegende Lisa, das nächste Glas Wein auf dem Bauch, an den Lippen, auf dem Bauch, an den Lippen, schwieg. Bentners Hände erwärmten sich, Lisas Füße durchblutet, schweinchenrosa, schätzte Bentner, aber er hatte es nicht so mit Farben.
    »Und bei dir?«
    Er berichtete. Hoffte, es würden sich Teile zusammensetzen, das unvermeidliche Puzzle, oder wenigstens ein paar Variablen deklariert und mit ersten ungefähren Werten initialisiert.
    »Vom Praktikantenrechner hat sich jemand mit goldenesBlut in Pixity eingeloggt. Halten wir das fest.«
    Lisas Füße versteiften sich für einen Moment, »Anna«, sagte sie, »Anna«, wiederholte Bentner und dachte zwei Jahre zurück.
    Sie hatten damals schon Praktikanten beschäftigt, billig und willig, Studierende zumeist, Informatik, Management, Erziehungswissenschaften, auch ein paar Umschüler, und alle waren drei oder vier Wochen lang in jenen bald Praktikantenzimmer getauften Raum gesetzt worden.
    »Nein, vergiss die. Haut zeitlich nicht hin. In der Datenbank werden immer der Tag der Accounteröffnung und des letzten Einloggens gespeichert. Vor etwas mehr als zwei Jahren ist goldenesBlut zum ersten Mal in Pixity aufgetaucht, hat sich dort bis zum 22. September voriges Jahr aufgehalten und ist dann verschwunden. Er

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