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Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Titel: Pizza Letale: Palinskis elfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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gewesen, die Wilma auf die beiden aufmerksam gemacht hatten, sondern deren unübersehbar aggressive Körpersprache.
    Plötzlich überfiel sie der starke Drang, mit der Polizei, nein, mit einem der beiden Wallners über ihre Beobachtungen zu sprechen. Sie klatschte sich nochmals eiskaltes Wasser ins Gesicht, dann holte sie ihr Handy heraus und tippte zunächst die Rufnummer der Oberinspektorin ein. Die reagierte aber nicht, und so versuchte sie es erneut. Diesmal bei Frankas Mann im Landeskriminalamt. Und das mit mehr Erfolg.

3.
    Mittwoch, 23. Oktober – tagsüber

     
    Palinski saß auf der legendären Bank vor dem Fenster seines Büros. Ja, genau auf der, auf der er seinerzeit die Leiche Jürgen Lettenbergs gefunden hatte.
    Das war sein Eintritt in die raue Welt der kriminalistischen Praxis als unentbehrliche Ergänzung zu den lichten Höhen kriminologischer Theorie gewesen.
    Es war kurz nach 8 Uhr morgens, und Palinski dachte nicht an Lettenberg und all das, was seither geschehen war.
    Im Augenblick dachte er auch nicht an Lorenzo oder an diese ermordete Neopolitikerin, die seine Wilma gestern so sehr verwirrt hatte, dass sie bis 2 Uhr morgens mit der Polizei zusammengesessen war und ihre Aussage gemacht hatte. Mehr als vier Stunden lang.
    Eine harte Sache, obwohl oder gerade weil es ab circa 23 Uhr, als Palinski zu dem ›scharfen Verhör‹ gestoßen war, auch Wein und etwas zu essen gegeben hatte.
    Das alles war ihm jetzt, während er auf ein Taxi wartete, aber völlig wurscht. Das Einzige, was ihn interessierte, war die Frage, ob er es heute schaffen würde, einen hochzeitstauglichen Anzug aufzutreiben. Bei den drei gestrigen Versuchen, jeder einzelne in einem guten Fachgeschäft für Herrenbekleidung, war er doch zu der etwas erschreckenden Einsicht gelangt, dass er sich in den letzten Jahren offenbar sukzessive aus dem Schema der gängigen Konfektionsgrößen hinausgefressen hatte. Und damit aus dem Rahmen des industriellen Prêt-à-porter gefallen war. Fast zumindest, denn ›der Herr würde Größe 65 oder 67 benötigen, die haben wir aber leider nicht lagernd‹, wie ihm sehr freundlich, aber völlig mitleidslos klargemacht worden war.
    Immerhin hatte ihn einer der freundlichen Verkäufer, wohl voll des Mitleides bei der Vorstellung, den korpulenten Herrn in zu engen Jeans vor das Standesamt treten zu lassen, auf ein spezielles Geschäft für Übergrößen aufmerksam gemacht. So weit hatte er es also schon gebracht.
    Dennoch, auf diesem Laden ruhte jetzt Palinskis ganze Hoffnung, und zu dem war er jetzt auch unterwegs.
    Wo bloß das Taxi so lange blieb?

     
    *

     
    Im Gegensatz zu Palinski schienen das Land und viele seiner Menschen an diesem schönen Herbsttag von einer einzigen Nachricht beherrscht zu werden, dem Mord an Nora Bender-Nicerec, dem ›Eisernen Besen‹.
    Die ersten Meldungen in den Medien, die sich zunächst fast ausschließlich auf die Tatsache beschränkten, dass diese Frau und Kandidatin des ›PGÖ – Die wahren Freien‹ erstochen worden war, gingen zeitlich fast Hand in Hand mit dem Schock, der sich über das gesamte Bundesgebiet verbreitet zu haben schien. Viele wirkten still und niedergeschlagen. Ganz so, als ob sie kollektiv um diesen Menschen trauerten.
    Nicht um die konkrete Person, diese sicher eher umstrittene Frau, sondern wahrscheinlich um das erste politische Todesopfer seit Ernst Kirchweger im April 1965.
    Seltsam, dass die öffentliche Meinung schon zu diesem Zeitpunkt fast nur von einer politisch motivierten Tat ausging und die Möglichkeit eines ›ganz normalen‹ Verbrechens lediglich der Ordnung halber in einem Nebensatz erwähnt wurde.
    Ganz so, wie man beispielsweise die Unschuldsvermutung nach seitenlangen wilden Spekulationen über den Schuldigen oder die Schuldige anmerkte, weil sich das eben so gehörte.
    Im Laufe des Vormittags war es dann aber vorbei gewesen mit dem beinahe pietätvollen Umgang mit dem Schrecklichen, das da geschehen war. Die oft ritualisiert wirkenden Regeln des politischen Marketings gewannen sukzessive wieder die Oberhand gegenüber dem anerzogenen Anstand im Umgang mit dem Tod.
    Da die Mutter einer ihrer Schülerinnen gestern ebenfalls an der Diskussionsveranstaltung im Bezirksamt teilgenommen hatte, sah sich Wilma plötzlich gezwungen, in der Klasse zur ›Causa Prima‹ Stellung zu nehmen und die unterschiedlichsten Fragen zum Thema selbst, aber auch allgemeiner politischer Art zu beantworten. Und das tat sie denn mit wachsender

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