Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
hängen. Also zog er den Anruf an Grissly vor, damit der sich um das Band der Überwachungskamera beim Geldautomaten vis-à-vis vom Haus der Sanders kümmerte. Vielleicht trug das ja etwas zur Entlastung Lorenzos bei.
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Die bisherigen Ermittlungen im Falle Nora Bender-Nicerec hatten ergeben, dass die Kandidatin des PGÖ gestern Abend nach dem Verlassen einer Veranstaltung im Döblinger Bezirksamt mit ihrem Tross, einem Leibwächter, einem Assistenten und einer Freundin, die sich als Pressereferentin bezeichnete und ihr überallhin nachlief, in einem Lokal in Grinzing eingekehrt war, um noch etwas zu essen und zu trinken. Kurz vor Mitternacht hatte sich die kleine Runde aufgelöst. Sven, der Leibwächter, hatte angeboten, Nora nach Hause zu fahren, doch die hatte darauf bestanden, den Weg nach Nußdorf zu Fuß in Angriff zu nehmen.
›Wenn ich jetzt in die Politik gehe, muss ich gut in Form sein‹, hatte sie noch gemeint, gelacht und Sven einen Kuss auf die Wange gegeben. Dann hatte sie sich auf den etwa 20- bis 25-minütigen Weg gemacht, war aber nach Aussage ihres Mannes niemals zu Hause eingetroffen.
Der Leibwächter, Sven Pribil, machte sich heftige Vorwürfe und erlitt bei seiner Befragung einen Nervenzusammenbruch.
Der Mann und die Tochter des Opfers waren zunächst im Kino gewesen und hatten dann in der gemeinsamen Wohnung bis etwa 2.30 Uhr auf die Rückkehr der Frau beziehungsweise Mutter gewartet. Dann waren die beiden zu Bett gegangen. Nein, Sorgen hatten sie sich zu diesem Zeitpunkt noch keine gemacht, denn ›die Mama hat schon manchmal einen draufgemacht, ohne das vorher groß anzukündigen‹, hatte die Tochter erklärt. Und der Göttergatte hatte nur betrübt dazu genickt und gemeint, dass er erst etwas erschrocken sei, als seine Frau am Morgen auch noch nicht zurück war. ›Das war schon ungewöhnlich.‹
Nach ersten Aussagen der Gerichtsmedizin war der ›Eiserne Besen‹ durch heftige Schläge auf den Kopf verletzt und dann durch einen Messerstich in den Rücken direkt ins Herz getötet worden. Ein zweiter Stich hatte das Opfer in die Lunge getroffen.
Der Tod war nach den fundierten Schätzungen der Experten zwischen 2 und 4 Uhr morgens eingetreten. Da am Fundort der Leiche kaum Blut gefunden worden war, stand auch fest, dass Tatort und Fundort nicht ident waren. Also musste die Tote in der Zeit von etwa 2.15 bis 4.15 Uhr auf den Kahlenberg und anschließend zur Fundstelle im Wald gebracht worden sein.
Sven hatte sich auf Höhe der Endstation der Linie 38 von Nora verabschiedet und sie Richtung Sandgasse gehen sehen. Welchen Weg sie dann aber tatsächlich genommen hatte, vermochte er nicht zu sagen. Ob sie die Sandgasse und Grinzinger Straße hinunter bis zur Heiligenstädterstraße und dann nach links gelaufen oder bereits bei der Armbrustergasse abgebogen war, um dann über die Kahlenbergerstraße zu gehen oder … Es gab eine Menge möglicher Routen, die sie auf dem Weg nach Hause genommen haben konnte.
Chefinspektor Helmut Wallner vom LKA Wien, der die hochbrisante Untersuchung leitete, war sicher, dass eine derart schwere, stark blutende Verletzung zwangsläufig Spuren am Boden hinterlassen haben musste. Und da es seit 48 Stunden keinen Niederschlag gegeben hatte und auch nicht anzunehmen war, dass irgendein braver Bürger die Blutlache am Gehsteig weggemacht hatte, beschloss er, nach dem Tatort suchen zu lassen. Dann schöpfte er aus der Fülle an Kompetenzen, die ihm der Innenminister über seinen persönlichen Vertreter Ministerialrat Dr. Schneckenburger verliehen hatte, und forderte 60 Polizeischüler für einen Praxiseinsatz an. Und genau das war der Grund, warum es etwa ab 15 Uhr in dem Teil des 19. Bezirks nördlich der Grinzinger Straße nur so von uniformierten Jugendlichen wimmelte, die in vier Gruppen und unter Anleitung von je zwei erfahrenen Spurensicherern den Boden unter ihren Füßen mit großem Eifer nach Blut oder sonstigen Hinweisen auf ein Verbrechen absuchten.
Die Aktion hatte sich natürlich binnen kürzester Zeit herumgesprochen und Vertreter der verschiedenen Medien angelockt, die sich gierig auf das seltsame Schauspiel stürzten. Dadurch wurde wieder das Interesse zahlreicher Einheimischer, aber auch vieler Touristen geweckt, die sich einer der langsam jeweils Kompaniestärke annehmenden vier Gruppen anschlossen und die Polizei bei der Arbeit behinderten. Die größte Gefahr lag aber darin, dass die immer weiter anwachsende Horde der Schaulustigen
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