Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
schon erklären.«
Wusch, Chefinspektor, Arthur war beeindruckt. Er kannte sich in der Hierarchie der Polizei nicht aus, aber Chefinspektor, das klang ganz schön hoch. Also musste er doch etwas Bedeutsames getan haben. Er, Arthur Passwenger, hatte endlich etwas von Bedeutung getan.
Da würde die Mama aber stolz sein, wenn sie davon hörte. Wo sie ihn doch bisher immer für einen Idioten gehalten hatte.
*
Knapp zwei Stunden, nachdem Arthur abgeholt worden war, wurde Lorenzo aus der U-Haft entlassen und traf wenig später, begleitet von seinem Anwalt und von Mario Palinski, im Mamma Maria ein. In ihrem Glück hatte Maria Bertollini ein sagenhaftes Frühstück vorbereitet und alle Leute, die Lorenzo kannten, dazu eingeladen.
Das riesige Büfett im Zentrum des großen Gastraumes hätte ausgereicht, eine Hundertschaft darbender Bundesheersoldaten nach einer einwöchigen Nulldiät im Manöver wieder aufzupäppeln. Offenbar war die Süditalienerin ehrlich der Meinung, dass die üblen Schergen der österreichischen Justiz ihr Carissimo Bambino in den 36 Stunden seiner Untersuchungshaft beinahe hatten verhungern lassen.
Während Palinski einen köstlichen Caffè Latte schlürfte und dazu herrlichen Prosciutto crudo in Mengen wickelte, deren Kauf er sich nicht hätte leisten können, na, das war schon ein wenig übertrieben, beobachtete er mit einer gewissen professionellen Neugierde, gepaart mit situationsbedingtem Misstrauen, die Begrüßung der Brüder untereinander. Insbesondere die zwischen Lorenzo und Alfredo.
Wenn er nicht gewusst hätte, was er dank Florians Qualitäten beim Observieren nun einmal wusste, worüber er aber mit noch niemandem gesprochen hatte, wäre ihm die Umarmung der beiden wahrscheinlich völlig harmlos erschienen. So aber entging ihm dieses leichte Zucken von Alfredos linkem Augenlid nicht, auch das sonst nur schwer erkennbare Pulsieren der kleinen Ader auf seiner Stirn war kaum zu übersehen. Klar, der Mann konnte seine Enttäuschung, dass der Bruder wieder frei war, nur schwer verbergen. Auch wenn er seinen uninformierten Mitmenschen vorspielte, und das durchaus talentiert, wie man zugeben musste, dass er sich sehr über Lorenzos Heimkehr freute. Bastardo, pfui Teufel.
Andererseits, jetzt hatten sich gewisse Zweifel bei Palinski geregt. Konnte es nicht ebenso gut sein, dass es für das Treffen zwischen Marika Sanders und Alfredo Bertollini in einem Stadtcafé eine völlig harmlose Erklärung gab? Er hoffte es, für Mamma Maria und ihre Familie hoffte Palinski es so sehr. Denn sein eigentlicher Verdacht würde der alten Dame das Herz brechen.
Wenn er bloß wüsste, wie er sich in dieser Scheißsituation richtig verhalten sollte.
*
Kurz nach 9 Uhr betrat eine aufgeregte Frau mittleren Alters das Kommissariat auf der Hohen Warte. Sie stellte sich als Mag. Vera Asbinova vor und gab an, die Physiotherapeutin von Wilhelm Sanders zu sein. Also … gewesen zu sein.
Sie wollte unbedingt mit dem für die Untersuchung der Todesumstände ihres Patienten zuständigen Beamten sprechen.
Da Inspektor Heidenreich gerade außer Haus war, wollte der diensthabende Beamte die Frau zunächst abwimmeln und auf einen späteren Termin vergattern.
»Ich habe die Nachricht von Wilhelms Tod gestern Abend in Bad Reichenhall erhalten und bin heute früh gleich losgefahren«, fuhr die resolute Magistra den Polizisten an. »Und das nicht, um mich jetzt von Ihnen wegschicken zu lassen. Ich möchte sofort«, sie betonte das ›sofort‹ so, als ob sie damit eine Stahltüre aufschneiden wollte, »jemanden sprechen, der mit diesem Fall vertraut ist.«
In diesem Augenblick kam Franka Wallner gerade die Stiege herunter, um einen Termin außer Haus wahrzunehmen. Beeindruckt von dem energischen Auftreten der Frau, die den ohnehin etwas hilflosen Kollegen Banederl zur Schnecke zu machen schien, stellte sich die Oberinspektorin vor und bot ihre Hilfe an. Nachdem sie gehört hatte, wer ihr Gegenüber war und worum es ging, nahm sie sich sofort Zeit für Frau Asbinova.
»Macht es Ihnen etwas aus, mich in die Stadt zu begleiten? Ich muss um 10 Uhr bei Gericht eine Aussage machen, dann habe ich Zeit für Sie.«
Die Physiotherapeutin erkannte eine starke Frau, wenn sie ihr gegenüberstand. Und sie fand auch, dass das ein faires Angebot war. »Fein«, beschied sie daher, »das ist ein Wort. Wenn Sie wollen, können wir meinen Wagen nehmen. Ich bringe Sie nachher gern auch wieder hierher.«
Und so war es
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