Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
weitergegangen?«
Nachdem er bis auf drei Stück alle seine Blumen verkauft hatte, wollte sich Arthur so gegen 0.30 Uhr auf den Weg nach Hause machen. Als er die inzwischen schon völlig verwaiste Endstation der Straßenbahnlinie 38 erreicht hatte, sah er auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Frau Richtung Sandgasse gehen. Nein, nicht irgendeine Frau, sondern diese Frau. »Es war die nette Dame, der ich im Verlauf des Abends die Blume geschenkt hatte. Sie hat mich ebenfalls gesehen und mir sogar leicht zugewinkt«, erinnerte sich Arthur.
Ermutigt dadurch, war der Mann über die Straße gegangen und hatte der Frau die drei ihm noch verbliebenen Rosen hingehalten. ›Hier, die sind auch für Sie.‹
Frau Binder-N… oder wie immer sie auch geheißen hatte, Arthur konnte sich den Namen beim besten Willen nicht merken, hatte sich sehr darüber gefreut. Dann hatte sie ihn, ein wenig kokett, wie er herauszuhören gemeint hatte, gefragt, in welche Richtung er denn jetzt ginge.
›In welche Sie wollen‹, hatte er in einem Anflug schneidigen Charmes geantwortet und sie damit neuerlich zum Lachen gebracht.
›Ach, Sie sind mir schon einer‹, hatte die Dame gekudert, dann waren die beiden Richtung Heiligenstädter Straße losgezogen.
Als die beiden die Einmündung der Armbrustergasse erreicht hatten, hatte ihn die Frau mit sanftem Druck nach links dirigiert, hatte sich bei ihm eingehängt und war dabei spielerisch über seinen rechten Arm gefahren. Das hatte Arthur gefallen. »Ich bin sicher, sie hat mich gemocht«, vertraute er den beiden Kriminalbeamten an.
Und wie sie ihn gemocht haben musste, dachte Wallner etwas später, nachdem er gehört hatte, wie die Frau den offensichtlich etwas beschränkten Mann systematisch zu verführen begonnen hatte. Mit Streicheln, Komplimenten, die sein Selbstbewusstsein steigerten, mit koketten Blicken. Und Arthur war ein richtiger Kren darauf gewesen. Und dann, dann hatte sie ihn auch noch eingeladen.
»Sie hat mich sogar gefragt, ob ich nicht noch einen Kaffee bei ihr trinken möchte«, erzählte Arthur. »Ich habe aber abgelehnt, weil ich vorm Schlafengehen keinen Kaffee mehr vertrage. Dann hat sie mich gefragt, was ich denn vor dem Schlafengehen sonst noch so am liebsten mache.«
Daraufhin hatte er ihr gestanden, dass er sich am Ende des Tages gern mit einer Portion Eiscreme belohnte, am liebsten mit Erdbeer und Stracciatella.
›Darf es auch Himbeer und Schokolade sein?‹, hatte die Frau ausgerufen und gelacht, ›die habe ich nämlich im Tiefkühlfach.‹ Und er hatte nur mehr genickt, denn sprechen hatte er schon nicht mehr können. Weil es ihm vor lauter Vorfreude den Speichel im Mund zusammengetrieben hatte. Das waren nämlich seine zweitliebsten Sorten.
*
Palinski befand sich in einer veritablen Krise. Einerseits wehrte sich alles in ihm dagegen, die Möglichkeit, dass Alfredo Bertollini seinen Bruder Lorenzo aus welchen Gründen auch immer in Schwierigkeiten gebracht haben könnte, ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Andererseits sprach aber eine ganze Menge dafür, dass es genau so gewesen sein musste.
Als das Kind dazwischen war Alfredo schon immer in einer undankbaren Position gegenüber seinen beiden Brüdern gewesen. Giorgio, der Älteste, hatte bestimmte traditionelle Rechte als Erstgeborener und war Chef des Restaurants.
Lorenzo wieder, der Jüngste, war noch immer das Nesthäkchen, an dem seine Mutter mit besonderer Liebe hing. Nicht dass sie für Alfredo nicht auch alle Liebe aufgebracht hätte, zu der eine Mutter fähig war. Aber der Jüngste nahm nun einmal eine ganz besondere Stellung ein.
Noch dazu war er der einzige Akademiker in der Familie, enorm tüchtig und erfolgreich, und verdiente heute bereits mehr als der Rest seiner Familie zusammen.
Und Alfredo? Der 26-Jährige war von Giorgio zum Servicechef ernannt worden, damit er auch irgendeinen Funktionstitel hatte und sich nicht ganz so blöd vorkam. Im Grunde genommen war er aber nichts. Und das wusste er. Oder schlimmer, er fühlte es und litt darunter, da war sich Palinski völlig sicher.
Mit ein wenig Fantasie war es daher durchaus vorstellbar, dass Alfredo aus Eifersucht oder aus welchem sonstigen Motiv auch immer seinen jüngeren Bruder quasi aus dem Weg räumen hatte wollen, für eine gewisse Zeit zumindest, um dessen Aufgaben zu übernehmen. Und damit seine Fähigkeiten und letztlich auch seine Unentbehrlichkeit unter Beweis zu stellen.
Das war aber nur eines der
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