Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
the Knife‹, der den Mädels gern die Gurgel aufschlitzte, wenn sie gerade am Schlucken waren.
Und ›Will.Ian.Longtail‹ träumte im Schutze der Anonymität des Netzes davon, alle Weiber mit seinem ›Pferdeschwanz‹ aufzuspießen.
Es war so etwas von grauslich, das lesen zu müssen. Andererseits, vielleicht war es ganz gut, dass es diese Art ›geistigen Scheißhäusls‹ gab, in dem sich diese kranken Typen auslassen konnten. Und sich damit in der realen Welt doch eine Spur weniger unverträglich begegneten als ohne diesen Abtritt. Das war zumindest eine Hoffnung.
Wer aber annahm, dieses pervertierte ›Poesiealbum‹ wäre eine rein männliche Domäne, der irrte gewaltig: So machte sich eine ›Gail.E.Mös‹ mit unvorstellbar vulgären Begriffen für Frauenpower ›everywhere and everytime‹ stark, und eine ›Immerfeucht‹ träumte von geilen Nonnen, die sich mit batteriebetriebenen Kruzifixen Zeit und Lust vertrieben. Amen.
Doch was war das hier? Das klang irgendwie anders als der übliche krankhafte, in der Pubertät stecken gebliebene Schmus. Eine ›Mamainspe‹ bedauerte, dass ihr Baby nunmehr niemals seine Großmutter kennenlernen würde. Aber die war ja selbst schuld, warum hatte sie ›Big Daddy‹ auch unbedingt kastrieren wollen?
Palinski hätte nicht sagen können, warum ihm gerade dieser Beitrag aufgefallen war. Irgendetwas sagte ihm aber, dass da mehr dahintersteckte als bei dem anderen Mist.
Zwei Seiten weiter fand er nochmals ein Posting dieser ›Mamainspe‹, in dem sie ›Big Daddy‹ ihre Liebe versicherte und ihn von jeder Schuld an der schrecklichen Entwicklung freisprach. ›Mutter war das Opfer, das wir am Altar unserer Liebe einfach bringen mussten. Das war eben Schicksal‹, stand da zu lesen und klang fast literarisch in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem unglaublichen Trash.
Ja, und da waren sogar einige Botschaften vom ›Großen Vater‹: ›Big Daddy‹ gab zunächst einmal kund, dass er Angst gehabt habe, die Mama würde ihm sein bestes Stück abschneiden. ›Wie du weißt, hat sie doch immer dieses Messer bei sich‹, erinnerte er, und daher habe er eben so lange zuschlagen müssen, bis ›sie bewusstlos war. N’est-ce pas?‹
Ein Hauch von Déjà-vu überkam Palinski, er konnte aber im Augenblick nichts damit anfangen. Noch nicht.
Eine Seite später hatte sich ›Mamainspe‹ wieder gemeldet und geschrieben, dass sie froh sei, die Sache durch ihr Einschreiten ein für alle Mal geklärt zu haben. ›Es war einfacher, als ich dachte‹, stand da. Und: ›Das Messer ist hineingegangen wie in Butter. Was für ein Gefühl.‹ Jetzt freue sie sich schon sehr auf eine gemeinsame Zukunft mit ›Big Daddy‹ und dem Baby. ›War doch gut, dass ich Torte gegessen und dabei den Termin vergessen habe, sonst wären wir nur mehr zu zweit.‹
Ein unheimlicher Verdacht stieg in Palinski auf. Da war doch erst vor Kurzem etwas gewesen, das er eigentlich Helmut Wallner erzählen hatte wollen. Nein, müssen. Langsam kam die Erinnerung an diesen …
Wilma war von hinten an ihn herangetreten und strich ihm sanft über die Haare. »Willst du nicht wieder zu uns, zu den Gästen kommen? Diese Arbeit hier kann doch sicher bis morgen oder bis nach der Hochzeit warten.«
»Nein, kann sie nicht«, entfuhr es ihm ungewollt heftig. »Entschuldige, bitte«, fuhr er etwas ruhiger fort, »aber ich bin kurz davor, etwas Großes, ganz Wichtiges zu entdecken.« Er blickte auf die drei, vier ungelesenen Blätter vor sich. »Gib mir bitte noch ein paar Minuten, dann komme ich freiwillig. Okay?«
Wilma seufzte, nickte mit dem Kopf und ging wieder. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Aber nur zehn Minuten, du hast es versprochen«, erinnerte sie ihn, doch Palinski war mit seinen Gedanken bereits ganz woanders.
Auch die kommenden drei Seiten brachten ihm nicht die Inspiration, auf die er gehofft hatte, und leichte Enttäuschung begann sich breitzumachen. Aber Geduld, er hatte ja noch eine Seite vor sich. Wie heißt es so schön, die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Und dann kam er schließlich, der erlösende, alles klärende Input im vorletzten Posting dieser Listen.
Es war wieder ›Big Daddy‹, und er sprach ›Mamainspe‹ Mut zu. Und das so gar nicht verspielt verschlüsselt, wie das hier üblich war. Sondern durchaus im Klartext: ›Wir müssen bloß Nerven bewahren und etwas Geduld haben. Alle glauben doch, dass die Sache mit deiner Mutter mit dem Ereignis in drei Wochen zu tun
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