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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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wirklich, oder?«
    Ja, dachte sie. Ich schätze schon. Ich meine, nein. Ich sollte jetzt gehen.
    Sie drehte sich um, aber er streifte ihren Arm. Nur eine Berührung – er hatte nicht nach ihr gegriffen, aber der Kontakt genügte, um sie inmitten der Drehung erstarren zu lassen.
    »Weißt du«, erklärte er, »im Prinzip ist das immer noch mein Haus.« Ein weiterer Schritt vorwärts, die Fingerspitzen lagen immer noch leicht auf ihrem Arm. Seine Augen ...
    Lauf, lauf einfach!
    Sie sah hinüber zu dem Badezimmer am anderen Ende des Flurs. Sie könnte sich dort einschließen.
    Seine Augen ...
    Kletter aus dem Fenster und geh nach Hause. Er würde es niemandem erzählen, dass sie dagewesen war. Gem war sich sicher, dass er auch nicht hätte hier sein dürfen.
    Er ließ den Blick über ihren Körper wandern, verstellte sich nicht länger. Seine Finger, lang und mit Haarbüscheln direkt unter den Knöcheln, griffen noch weiter um ihren Arm herum. Es war noch kein fester Griff, aber er erreichte langsam diese Qualität.
    Gem bewegte sich in die andere Richtung. Seine Hand ließ ab von ihr und hing leblos an seiner Seite.
    »Geh nicht«, bat er, lief vorwärts und hielt Schritt mit ihr. »Bleib. Wir können zusammen in Erinnerungen schwelgen.« Seine Stimme klang fremd, rauchig und mehr wie die Stimme des Dämons, der durch das Fenster geklettert war.
    Die Erinnerung an diesen Albtraum, der sich vor wenigen Momenten – oder Tagen, oder Jahren – ereignet hatte, ließ die Starre von ihr abfallen. Es war zu viel, zu viel von allem. Ihr Herz versuchte aus der Brust zu springen. Das passierte alles nicht noch einmal, das konnte nicht sein. Ray Lindu war nun so nah, dass er sich gegen sie drückte. Gem fühlte, wie die Kerze zwischen ihnen eingeklemmt war; seine Arme, alle beide, riss er nach oben. »Bleib und spiel mit mir!«, schrie er, nicht in seiner eigenen Stimme, sondern mit der des Dämons, des Monsters. Damals hatte er das nicht zu ihr gesagt, zumindest nicht ganz. Sein Körper schob sich nach vorn und Gem kreischte geräuschlos, schubste ihn weg und rannte zurück durch die Tür in die Kirche. Er war keine zwei Schritte hinter ihr.
    Autotüren schlugen. Durch die gläserne Eingangstür starrte Gem auf Mrs. Watts – als dies wirklich geschehen war, hatte sie die Frau noch nicht gekannt, aber jetzt wusste sie es; und wenn das alles einen Albtraum darstellte, warum konnte sie nicht aufwachen? Seyha befand sich in Begleitung eines kleinen, mageren Kerls, mit dem sie zusammen von einem roten Auto zur Vordertür lief. Gem wagte nicht anzuhalten, um zu den Glastüren zu laufen, da sich Ray Lindu vermutlich dicht hinter ihr befand, und die Tür zum Keller war direkt vor ihr. Allerdings musste sie am Eingang vorbei, um dorthin zu gelangen. Wenn die beiden in Gems Richtung blickten, anstatt nach oben und um das Gebäude herum, hätten sie sie gesehen. Aber sie schauten nicht, bemerkten sie nicht.
    Sie warf die Tür auf und riskierte einen Blick zurück über ihre Schulter. Ray war nicht da, versteckte sich wahrscheinlich. Er sollte sowieso nicht anwesend sein. Sie schloss die Tür so leise wie möglich. Noch bevor sie die letzte Stufe erreichte, hörte sie Schlüssel an der Eingangstür, die Stimmen klangen jetzt lauter.
    Sie durchquerte den offenen Kellerraum. Er präsentierte sich leer, auch die kleine Küche neben der schmalen Nische zeigte sich verlassen. Sie musste dies alles schnell hinter sich bringen; ein Déjà-vu von vorn bis hinten, nur mit dem Unterschied, dass jener Moment schon einmal geschehen war.
    Ray wartete auf sie unterhalb des Kellerfensters in der hinteren Nische, Arme griffen nach ihr, Fingernägel streckten sich ihr entgegen, länger und immer länger. Gem ließ die Kerze fallen ...
    ... die auf dem Wohnzimmerteppich der Watts’ landete. Etwas von dem Wachs, das noch nicht wieder hart geworden war, ergoss sich in kleinen Tröpfchen und besprenkelte die weißen Fasern mit weißgelben Wachsperlen. Gem starrte darauf, als im selben Augenblick die Kerze und die Flecken wie ein Traum verblassten und einen makellos sauberen Teppich hinterließen.
    Sie blinzelte. Joyce Lindu befand sich einige Meter entfernt in einer halb gebückten Haltung, als ob sie im Begriff wäre, quer durch den Raum zu spurten. Ihr Mund stand offen, schien bereit zu schreien. Oder vielleicht schrie sie bereits, irgendwo in ihrem Geist.
    * * *
    Genauso, wie Seyha geschrien hatte, als die Finsternis sie vollends verschluckte. In einem

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