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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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antwortete sie: »Ja. Du bist ich. Ein älteres Ich.«
    So alt bin ich auch wieder nicht.
    »Doch, bist du. Du bist erwachsen. Und du bist in der Hölle.«
    Gem lehnte sich so jäh gegen die Couch zurück, dass sie um ein Haar von der Armlehne gefallen wäre. Die Dinge begannen sich wieder zu wenden. Sie fühlte sich wie vor einigen Minuten, als die Finsternis über sie hinweggekrochen war; es war das Gefühl, an einen Ort gezerrt zu werden, an dem sie nicht sein wollte.
    Ich bin nicht in der ... Ich bin nicht tot.
    Mit nunmehr stetem Blick hob das Mädchen den Kopf. Obwohl die Stimme als die einer Dreijährigen erklang, stammten die Worte von jemandem, der viel älter sein musste. »Doch«, sagte sie. »Du bist in der Hölle. Ich schätze, eines Tages muss ich dort landen. Mommy bringt mir – uns – bei, wie man dort hingelangt.«
    Nein. Sie ist ein guter Mensch! Ein bisschen verloren in ihrer eigenen Welt zwar, aber nicht böse.
    »Sie ist nicht erlöst «, gab das Mädchen zurück und betonte das Wort, indem sie mit kindlichen Fingern Anführungszeichen andeutete. »Ist es nicht das, was die Predigerin sagt? Oder sie wird es noch sagen – das tun Prediger immer. Oooh!« Sie deutete auf die Steine. »Dieser hier sorgt für Gesundheit. Und mit dem konzentriert man seine Aura auf das Hier und Jetzt. Prima, Mommy!« Sie senkte die Stimme zu einem leisen Knurren. »Bring mir mehr bei!«
    Die Tür zur Toilette am gegenüberliegenden Ende des Zimmers stand halb offen. Gem hörte erst die Spülung, gleich darauf rinnendes Wasser. Die Stimme ihrer Mutter: »Gem, ich kann dich nicht hören. Ich komme gleich.«
    »Schon gut, Mommy«, gab das Mädchen zurück. »Ich sage nur meinem älteren Ich, dass wir alle zu einer Ewigkeit mit Folter und schlechtem Essen verdammt sind.«
    Ihre Mutter kam im Watschelgang heraus, der allen Frauen im letzten Drittel der Schwangerschaft anhaftete. »Was hast du gesagt, Gem?«
    Das Mädchen ergriff einen rötlichen Stein. »Wie heißt dieser hier, Mommy?«
    »Das ist ein Peridot.« Ihre Augen wanderten über den Behälter. »O nein, Gem, nein. Du kannst einen Amethyst nicht mit Mondstein mischen. Nein. Die beiden passen nicht zusammen.« Sie hob den Amethyst aus dem Fach und ließ ihn neben seinesgleichen fallen. Indes drehte sich das Mädchen Gem zu, hob und senkte zweimal die Augenbrauen.
    Mom? Gem hoffte, ihre Mutter könnte sie hören. Sie brauchte eine Verbündete, selbst wenn es nur ihre Mutter aus der Vergangenheit wäre.
    Allerdings reagierte sie nicht. Sie drehte sich nur zur Seite, nahm Platz und machte sich daran, die restlichen Steine zu sortieren. Gem wusste nicht, was sie tun sollte. Was sollte das alles? Ihre Mutter war nicht besonders religiös, aber spirituell. Dies war nur ein Hobby.
    Die kleine Gem schaute auf. Das bin ich nicht , erkannte Gem. Nichts von all dem ist real. Das Mädchen meinte lächelnd: »Mit Steinen zu spielen, richtet nichts an, Ich.« Sie sprach immer noch mit der Kleinkindstimme. Gems Mutter schien davon nichts mitzubekommen. »Es ist nur eine Ablenkung, eine Zerstreuung. Es sind die Geheimnisse, die unsere Seele zerfressen. Die Geheimnisse.« Sie hob einen Mondstein aus seinem Fach. »Die Geheimnisse«, sie legte den Stein zurück, »die wir auf Biegen und Brechen vor anderen bewahren. Wir haben alle Geheimnisse, manche mehr als andere. Wie unsere Mommy hier. Oder wie die Watts, wie die Lindus ...«
    Gem deutete auf sie. Aha! Also ist das alles nicht echt. Ich bin doch nicht in der Vergangenheit.
    »Tja, Dummerchen«, meinte die kleine Gem und verdrehte übertrieben die Augen. Ihre Stimme verlor dabei nie den kindlichen Klang. »Es spielt keine Rolle. Wenn ich der Teufel bin, wie du und Miss Saigon offenbar glauben, dann lüge ich ohnehin wahrscheinlich.« Sie begann zu summen, legte einen weiteren Kristall an seinen richtigen Platz und schaute zu ihrer Mutter. »Mommy, ich muss pinkeln.«
    »O Gem. Ich wünschte, du hättest das früher gesagt.«
    Das Mädchen blickte traurig drein. »Tut mir leid. Ich gehe allein. Ich bin ja schon ein großes Mädchen.«
    »Na gut, aber bitte denk daran zu spülen, und nimm nicht zu viel Klopapier.«
    Das Mädchen sprang vom Stuhl auf. Als sie an Gem vorbeiging, wich Gem instinktiv weiter auf die Couch zurück. Das Mädchen flüsterte: »Ich bin schon ein großes Mädchen, Gem, hast du gehört? Viel Spaß noch in der Hölle!« Damit streckte sie die Zunge heraus und verschwand in der Toilette.
    Das Zimmer

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