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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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schimmerte rötlich und flackerte mit einem wilden, gelblichen Licht. Hitze wallte über Gems Rücken. Sie drehte sich auf den Kissen in einem Halbkreis. Das Haus brannte. Wo sich die Vorderseite befunden hatte, erstreckte sich nun eine felsige, surreale Landschaft aus dampfendem Sand, in der dicht unter der Oberfläche Flammen pulsierten. Überall brach der Boden auf und spie Feuer wie schartiges, kristallines Glas aus, zu grell, um es anzusehen. Das Glasfeuer erstreckte sich in den Himmel, verfestigte sich und kehrte in Form von Scherben auf den heißen Sand zurück. Glutbrocken der Größe von Minivans stoben dabei auf. Selbst die Wolken, die über allem schwebten, schienen sich zu entzünden, sich in Asche zu verwandeln und wie schwarzer Schnee herabzurieseln. Hitze schlug Gem in Schwallen von der in Fels verwandelten Couch entgegen. Der Tisch hinter ihr war verschwunden. Weit in der neuen Ferne ragten unter dicken, roten Zungen Berge auf. Gem konnte keine Menschen sehen, doch ihr Kreischen erfüllte die Luft. Sie hielt sich die Ohren zu; dabei stellte sie fest, dass ihre Arme brannten, fuchtelnden Feuerschwingen glichen. Ihr Schrei fügte sich in den Chor dieser Welt.
    Wie zuvor veränderte sich alles zu rasch, um es sofort zu registrieren. Gem hatte sich auf der lodernden Erde eingerollt, die plötzlich ein Fußboden war. Fliesen, die sich kühl auf ihrer Haut anfühlten. Keine Schmerzen mehr. Die Luft wirkte im Vergleich zu vorher geradezu arktisch. Sie richtete sich auf und senkte die Arme – sie waren sauber, wiesen keine Verbrennungen auf, selbst die feinen, hellen Härchen darauf waren unversehrt. Sie befand sich wieder in der Kirche. In der verfluchten Kirche. Verflucht von ihrer eigenen Gemeinde. Die Türen dieser Kirche standen für Wölfe offen, die hereinmarschieren und jene verschlingen konnten, die geblieben waren.
    Joyce befand sich wieder in dem unbekannten, irrealen Dschungel. Er konnte in Südamerika liegen. In den freien Zeiten, die sich seit der Zusammenlegung der Gemeinden mehrten, hatte sie immer wieder im Internet über Brasilien und die Dominikanische Republik recherchiert. Mark Camez, der örtliche Bischof, hatte herumposaunt, dass sie nach New York ziehen oder eine große Gemeinde außerhalb von Providence übernehmen sollte. Joyce jedoch hatte diese ruhigen Zeiten als Balsam empfunden und sich die Seite über Missionsarbeit der Diözese angesehen, Zusammenfassungen gelesen, Bilder betrachtet und sich über Links weiter zu Geschichten von Leuten gehangelt, die Menschen anderer Welten als dieser dienten. Um ihre Möglichkeiten abzuwägen.
    Planst du deine endgültige Flucht aus dieser kalten, grausamen Welt? Sie hoffte, es war ihr eigener Gedanke. Zumindest entsprach er den Selbstbeschuldigungen, die in letzter Zeit immer öfter einsetzten. Wenn sie jedoch der Wahrheit entsprächen, würde es sie auch nicht weiter stören.
    Fliegen und Mücken umschwirrten sie in einer stetig wogenden Wolke. Etwas biss sie in den Arm. Sie schlug danach und spürte einen weiteren Stich am Hals. Für gewöhnlich stachen Moskitos in Träumen nicht, zumindest konnte sie sich nicht daran erinnern. Allerdings musste es sich hierbei nicht unbedingt um einen Traum handeln. Schließlich hatte Bill im einen Augenblick im Wohnzimmer gestanden und im nächsten verschwunden gewesen. Was wie ein Traum erschien, waren die Finger der Akzeptanz, die sich in ihre Wahrnehmung gruben und dem Augenblick Gültigkeit verschafften. Mentales Novocain , dachte sie. Sie konnte sich damit abfinden oder wahnsinnig werden. Beides schien keine annehmbare Lösung zu sein.
    Die Welt, in der sie sich befand, roch üppig und feucht und war laut. Kreischende Affen und schnatternde Vögel veranstalteten einen Lärm wie hundert rostige Schaukeln auf einem unsichtbaren Spielplatz. Die Rufe lagen miteinander im Widerstreit und vermischten sich miteinander, bis Joyce nicht mehr zu sagen vermochte, wo eine Stimme endete und eine andere begann. Hinter den riesigen Wedeln und herabhängenden Ranken herrschte ein unablässiges Rascheln. Alles an dieser neuen Umgebung – und es würde eine Umgebung bleiben, denn sie hatte nicht vor, sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu rühren – fühlte sich real an, nur etwas daran sah nicht real aus. Vielleicht lag es daran, dass es ein zu klischeehafter Dschungel zu sein schien, als könnte Tarzan jeden Augenblick mit einer Liane herbeischwingen und sich auf die nackte Brust klopfen. Ich Tarzan ,

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