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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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sagte Wegener, »was soll ich denen sagen? Dass Hoffmann sterben musste, weil eine Gruppe junger Männer beschlossen hat, einen bombigen Club für bürgerliche Selbstjustiz zu gründen?«
    »Die Brigade bringt niemanden um.«
    »Ich könnte mir vorstellen, Albert Hoffmann sieht das anders.«
    »Ich mach doch nicht bei Mördern mit, Herr Hauptmann, ich wollte was tun gegen dieses Scheißland mit seinen Scheißwichsern im ZK, aber es sollte niemand verletzt werden! Das hatte oberste Priorität!«
    »Für den Anschlag vielleicht, Toralf. Aber deine Leute haben offenbar noch eine andere Aktion angeleiert. Mit veränderten Regeln.«
    »Ich weiß nicht, was da passiert ist.« Kleyer starrte immer noch an die Decke. »Es ist irgendeine Aktion gelaufen, das stimmt, aber damit hatten nur Sascha und unser Nexor zu tun. Mich hat man da rausgehalten.«
    »Ist Sascha der Mann, der bei euerm Anschlag umkam?«
    Kleyer nickte stumm.
    »Und was soll ein Nexor sein?«
    »Der Nexor ist der Anführer eines Clusters. Er ist der Einzige, der Verbindung zur nächsthöheren Ebene hat, das wissen Sie doch alles selbst.«
    »Wir wissen das nicht. Wie heißt dieser Anführer?«
    »Gabriel«
    »Gabriel wie?«
    »Opitz. Gabriel Opitz.«
    »Und warum hattest du mit dieser geheimnisvollen Aktion nichts zu tun? Mir wurde gesagt, ein Cluster arbeitet immer als Team.«
    »Dieses Mal war es anders.«
    »Warum?«
    »Das kam von ganz oben.«
    »Von Alexander Bürger.«
    »Vermutlich.«
    Wegener seufzte. »Pass auf, Toralf, ich glaube dir. Aber Ronny war auch ziemlich glaubwürdig, als er meinte, du könntest uns helfen. Wenn du nichts weißt und wenn du nicht dabei warst, dann sag uns, wo wir diesen Gabriel finden. Denn wenn die Sache, aus der sie dich rausgehalten haben, der Mord an Hoffmann war, dann gehört dein komischer Nexor ins Gefängnis, weil er ein Mörder ist. Also, Toralf, hilf uns. Wo versteckt sich dieser Gabriel Opitz?«
    Kleyers Kopf sackte auf die Brust, eine blonde Gardine vor dem langen Gesicht, die Augen dahinter zwei frisch aufgeladene Zigarettenanzünder.
    Wegener schwieg.
    Brendel räusperte sich.
    Kleyer lächelte plötzlich, dann verwelkte ihm das Lächeln zu einem harten Strich. »Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht sagen, wo Gabriel ist. Die Cluster sind so organisiert, dass nach einem Fehlschlag jeder auf sich gestellt ist, jeder hat einen persönlichen Notfallplan. Niemand sonst kennt diesen Notfallplan. Es gibt keine Hilfe von der Brigade. Das macht es für den Einzelnen sehr schwer und für die Bewegung sehr leicht. So läuft es. Es ist die einzige Chance.«
    »Die einzige Chance für wen?«
    »Für unser Vaterland.«
    »Du magst die DDR nicht sonderlich.«
    »Da hätte auch gleich das Dritte Reich weitergehen können, so, wie das hier läuft.« Kleyer zog an seinem Zigarillo, breitete die Arme aus, räkelte sich. Ein rauchender, hagerer Heiland ohne Kreuz. »Nur Bürger und sein engster Zirkel kennen die Aktionen, alle anderen Informationen sind gestaffelt und hierarchisiert. Der Nexor erfährt das Nötigste, die anderen erfahren gar nichts.«
    »Macht Sinn«, sagte Wegener. »Hilft uns aber nicht weiter. Hast du irgendeine Idee, was dieser Mord mit euch zu tun haben könnte?«
    »Nein. Ich wusste ja nicht mal, dass jemand gestorben ist. Ich kenne diesen Hoffmann nicht, nie gesehen den Mann, das schwör ich.«
    »Und was könnte Bürger dazu bringen, Ausnahmen von seinen Regeln zu machen? Ab wann ist euer Kampf ein Menschenleben wert?«
    »Ich weiß es nicht.« Kleyer starrte ins Nichts. »Vielleicht solltet ihr einen erschossenen Mann suchen.«
    »Was für einen erschossenen Mann?«
    »Einen der von hinten erschossen wurde. Hingerichtet.«
    »Albert Hoffmann ist nicht erschossen worden.«
    »Von dem rede ich auch nicht.«
    Wegener fixierte Kleyer.
    Kleyer fixierte Wegener.
    Die Zigarettenanzünderaugen funkelten in dunklen Höhlen, alles hauste in diesem Blick, Verzweiflung, Wahnsinn, Zuversicht, Belustigung, die Augen eines Zockers sind das, dachte Wegener, die Augen eines Zockers, der alles auf eine Karte setzen muss, weil es seine letzte Karte ist und sein letztes Spiel, weil es zu Ende geht und er weiß, dass er nie mehr gewinnen kann, wenn er jetzt nichts aus dem Ärmel schüttelt.
    »Ich muss gerade daran denken, wo wir uns damals immer getroffen haben, Herr Hauptmann«, sagte Kleyer leise. Sein rechter Mundwinkel zuckte. »Im ›Jelzin‹.«
    »Machen ein gutes Hacksteak«, sagte Wegener. »Josef behauptet,

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