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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Köder.
    »Die Schnürsenkel des Toten waren zusammengebunden«, sagte Wegener. »Er wurde mit einem Henkersstrick hingerichtet. Achtmal geknotet.«
    Karolinas Gesicht rutschte ab.
    »Du wolltest es wissen.«
    »Martin!« Karolina starrte ihn fassungslos an. »Du bist schon mal fast suspendiert worden!«
    »Das hier hat nichts mit Früchtl zu tun! Überhaupt gar nichts!« Wegener merkte, dass er zu laut geworden war.
    »Warum erwähnst du ihn dann?«
    »Weil ich weiß, was du jetzt denkst.«
    »Ach! Und was denke ich?«
    »Früchtl wa r … ein tragischer Fall. Eine Ausnahmesituation.«
    »Ach ja? Und deshalb bist du damals durch unsere Wohnung gerannt wie ein Irrer und hast mit allem um dich geworfen, was nicht festgeschraubt war, und stundenlang rumgebrüllt?«
    »Ich hab nicht stundenlang rumgebrüllt.«
    »Dieses Scheißsystem frisst meinen besten Freund, und ich kann nichts machen, Martin, ich höre diese Sätze noch, Wort für Wort!«
    »Keine Sorge, ich auch.«
    »Und jetzt?«
    Wegener wollte das Foto einstecken und stellte fest, dass er keine Hand frei hatte. Die eine hielt Karolina in ihren manikürten Ministeriumsfingern, mit der anderen zog er den Kragen seines Mantels zusammen, als müsste er sich gegen einen sibirischen Sturm stemmen.
    »Und jetzt, Martin?«
    Wegener versuchte sich zur Entspannung zu zwingen. »Ich rede hier nur von Tatsachen. Zusammengebundene Schnürsenkel, ein Strick mit acht Törns. So haben wir ihn gefunden. Das ist alles.«
    Karolina quetschte seine Hand jetzt so fest, dass es weh tat. »Versprich mir, dass du dich nicht noch mal in was reinziehen lässt. Versprich es mir, bitte!«
    »Meinst du, ich hab Lust auf eine politisch e …«
    »Versprich es mir, Martin!«
    Wegener drückte jetzt auch zu. In Karolinas zarten Fingern steckte eine erstaunliche Kraft, ihre Heizsoldatenaugen spießten ihn auf, als wäre er eins von Wilfrieds Grillhähnchen, ihre Hand und seine Hand krampften brutal ineinander, noch ein bisschen mehr Kraft und die ersten Knochen brächen knackend und splitternd auseinander.
    »Deine Nähe kann schmerzhaft sein«, sagte Karolina gepresst und versuchte zu lächeln.
    »Deine auch«, sagte Wegener. »Gut. Ich verspreche es dir.«
    »Ok.« Sie lockerte den Griff.
    Für ein paar Minuten schwieg alles. Die S-Bahnen mussten aus lauter Rücksicht mitten auf der Strecke angehalten haben. Der Bahnhof glänzte still und verlassen. Wilfried hatte aufgehört, mit seinen Flaschen zu klappern. Nur das Wasser konnte nicht anders und plätscherte weiter auf den Asphalt. Die Hände hielten sich jetzt zärtlich, mit zaghaft streichelnden Fingern, sie passen genau ineinander, dachte Wegener, es ist, als wären unsere Hände noch zusammen, ein unzertrennliches Paar, nur der Rest musste auseinandergehen, weil ich einen Schwachkopf habe, auf einem Schwachkörper, weil mir alles außer Kontrolle gerät, aber solange Hände einander nicht loslassen können, solange muss es Hoffnung geben für Hauptmänner und Gas-Nutten, bitteschön, selbst in diesem hoffnungslosen Land.
    »Du weißt, was es bedeuten würde, wenn das rauskäme«, sagte Karolina schließlich und räusperte sich leise, »in Bezug auf die Konsultationen.« Sie ließ seine Hand los.
    Wegener nickte. Er konnte zusehen, wie sich die Vergangenheitsfrau neben ihm in die andere zurückverwandelte, in die Verkäuferin, Politikerin, Karrieristin.
    »In vier Wochen stehen wir vor der einmaligen Chance, das deutsch-deutsche Verhältnis zu entspannen.« Karolina war jetzt eine Dozentin, die ihrem Fachbereich die gesellschaftliche Großwetterlage erklärt. »Alles hängt da dran: die Neuordnung der Energieverträge, Devisen, Arbeitsplätze, vielleicht sogar die Grenzöffnung. In strenger Abhängigkeit von den Rechtsstaatlichkeitskriterien der EU. Wenn jemand auf die Idee kommt, dass die Stasi bei uns Leute umbringt, wenn das in der Bundesrepublik irgendwer mitkriegt, dann ist das vorbei. Schluss mit der Annäherungspolitik, alles umsonst.«
    »Wer soll das mitkriegen?« Wegener versuchte, einen glaubwürdig beruhigenden Ton zu treffen, und fand, dass er vor allem glaubwürdig deprimiert klang. »Es kriegt doch hier schon niemand mit.«
    »Hoffentlich nicht.«
    »Und wenn es doch öffentlich wird«, sagte Wegener und steckte sich mit der frei gewordenen Hand das letzte Stück Wurst in den Mund, »dann ist es offenbar genau das, was sie wollen.«
    Karolina starrte. »Wer soll was wollen?«
    »Die Stasi«, sagte Wegener kauend. »Weißt

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