Plan D
taucht wieder auf und wird Trauzeuge, alle in diesem riesigen Mercedes durch Berlin, woher kamen solche Gedanken, was löste die aus, Früchtl hupt, Karolina laufen die Tränen, das Volk wirft Blumen, Hauptmann Hängebacke hat seine große Liebe zurück, es gibt noch gute Nachrichten, Gratulation von Achtung Krenz: Schenken wir Ihnen, lieber Martin, und Ihrer betörenden Gas-Nutte die Ausreisegenehmigung, rostiges Dach, feuchter Keller, stecken Sie einen für mich mit rein, aber schön von hinten, wie wir harten Hunde es lieben, gell.
Dass du nicht aufhören kannst, Karo zu lieben, sagte Früchtl, dass du nicht endlich mal aufhören kannst, damit.
Sag das nicht mir, Josef, sag das meiner Liebe.
Deine Liebe ist auf beiden Ohren taub.
Hast du was gesagt?
Die Ampel sprang um. Grün.
»Kriegt man ein Minsk hier eigentlich ohne Vertrag?« Brendel kurvte um den Wartburg herum. Der Fahrer stand immer noch auf der Straße.
Wegener beugte sich nach vorne. »Kriegt man, ist aber sauteuer. Ansonsten zwölf Monate Mindestlaufzeit. Beim VEB Telemedien. Als Staatsbürger. Als Nichtstaatsbürge r – keine Ahnung.«
Brendel musste einem einparkenden Lieferwagen ausweichen, zog nach links und wieder nach rechts. Der Mercedes blieb in der Spur, als hätte es keine Lenkbewegung gegeben. »Haben Sie zufällig irgendwo ein altes M5 rumliegen? Ein M6 kostet bei uns mittlerweile mehr als ein iPhone.«
»Leider nicht. Aber ich kann mal bei den Kollegen fragen.«
Kayser drehte sich um. »Ist das eigentlich ein Gerücht, Herr Wegener, dass die DDR in dieser Beziehung bis heute einen signifikanten Entwicklungsvorsprung hat, weil das alles Stasitechnik ist?«
»Kein Gerücht«, sagte Wegener. »Angeblich benutzt die Staatssicherheit heute Geräte, die zwei Generationen weiter sind als alles, was in den Verkauf geht. Die sollen schon ein M9 im Einsatz haben.«
»Mit Abhörfunktion?«, fragte Kayser.
Brendels Kopf sank ein Stück auf die Brust.
»Mit Abhörfunktion und automatischer Geruchsprobenentnahme«, sagte Wegener. »Aber keine Sorge, die Geruchsprobenentnahme funktioniert nur bei Ostdeutschen.«
»Welches Modell haben Sie?«, fragte Brendel.
»Ein M5. Das Proletariat kriegt hier sowieso nichts anderes als M5 oder M6. Der Rest wandert zu Ihnen rüber.«
»Und so kann man dann bei uns für teuer Geld die Evolution der sozialistischen Geheimdiensttechnik subventionieren«, sagte Kayser. »Das nenne ich den Kapitalismus mit seinen eigenen Waffen schlagen.«
»Nachdem unser Präsidium neulich mit dem Kauf eines neuen Thyssen-Fahrstuhls die Produktion imperialistischer Kriegsschiffe unterstützt hat, können Sie ruhig unsere Telefone kaufen.«
Brendel drehte sich ein Stück nach hinten. »Also, wenn Ihnen die Tage mal jemand ein M5 anbietet und an Euros interessiert is t …«
Wegener nickte. »Aber ein Navodobro haben Sie schon, wie ich sehe.«
»Konnte Kallweit aus Ihrem Bestand besorgen. Unser Bord-Navi erkennt nur GPS-Signale, kein GLONASS.«
»Mal ein ganz anderes Thema: Was machen eigentlich Ihre bourgeoisen Terroristen?«, fragte Kayser. »Mit denen hatte ich früher gelegentlich zu tun.«
»Keine Ahnung.« Wegener sah aus dem Fenster. »Beschäftigt sich die Westpresse mit den Typen?«
»Nicht wirklich. Aber ich les immer mal wieder interne Berichte.«
»Was für Terroristen?«, fragte Brendel.
»Nennen sich Brigade Bürger«, sagte Kayser, »nach irgendeinem Alexander Bürger, den keiner kennt.«
»Nie was von gehört. Was machen die so?«
»Schreiben Drohbriefe«, sagte Wegener, »und das war’s.«
»Dann sind es keine Terroristen, sondern Autoren.«
Kayser schnalzte mit der Zunge. »Sind nicht alle Autoren Terroristen? Die wollen auch die Welt verändern und sind nur zu feige, ne Kanone in die Hand zu nehmen.«
»Es gibt doch überhaupt keine politischen Autoren mehr.« Brendel blinkte links und bog ab. »Die suchen alle verzweifelt nach der richtigen Sprache, um andere mit ihren Befindlichkeiten zu drangsalieren, und verachten Geschichte, weil sie keine Geschichten haben.«
»Um Ihre Frage zu beantworten: Die Staatssicherheit wird die Bürger-Leute schon kontrollieren«, sagte Wegener. »So gesundgeschrumpft, wie sie gern behauptet, ist die Stasi nicht.«
»Wo wir gerade beim Thema Stasi sind«, sagte Brendel. Im Navodobro-Display blinkte ein Abbiegepfeil nach rechts, 15 0 Meter, Zielentfernung 1 1 Kilometer, Ankunftszeit 19:36 . »Ich wollte Kallweit nicht direkt darauf ansprechen, aber es wäre
Weitere Kostenlose Bücher