Plan D
Namen Emil Fischer eine Einraumwohnung angemietet hatte. Seit wann genau, ist bislang nicht geklärt, zu welchem Zweck auch nicht.«
»In der Wohnung irgendetwas?«
»Absolut nichts«, sagte Wegener. »Die reinste Schläferbude.«
»Zwei Kollegen von der Kripo Hamburg sind an der SPIEGEL-Sache dran«, sagte Brendel, »aber da können wir mit unseren Quellenschutzgesetzen nicht viel erwarten. Wir haben also drei zentrale Fragen: War Hoffmann bei der Stasi, vielleicht als Inoffizieller? Wenn nicht, warum wird diese Fährte von den Tätern gelegt? Wer ist der Informant, wie kommt er an das Material, warum sucht er damit die Öffentlichkeit? Es geht um Stimmungsmache, nicht um Geld. Da gäbe es nämlich Institutionen, die weitaus besser zahlen als der SPIEGEL.«
Wie man sich einen Westler vorstellt, dachte Wegener, denkt sofort ans Geld.
Kallweit streckte sich. »Was ist Ihr erster Eindruck?«
»Eine Spekulation«, sagte Brendel, »aber wenn wir davon ausgehen, dass die Täter die Konsultationen platzen lassen wollen, haben sie ihr Ziel nach dem Stand der Dinge erreicht. Die Auftraggeber könnten also überall dort sitzen, wo man von teuren Gaspreisen in Westeuropa profitiert.«
»Profitieren würden einige.« Kallweit sah an sich herunter und zog den Bauch ein. »Die Opec-Staaten genauso wie konkurrierende Gaslieferanten. Zum Beispiel im Nahen Osten. Profitieren würden in Westdeutschland übrigens auch die Anbieter alternativer Energien. Wenn der Gaspreis steigt, steigt auch der Druck, die Subventionen für Solar- und Windenergie aufrechtzuerhalten.«
Brendels Blick tastete den toten Körper ab. »Das Aufhängen, die Schnürsenkel. Sieht nach vielem aus, aber nicht nach einem professionellen Job mit internationalem, wirtschaftspolitischem Hintergrund. Und unsere Dienste haben bislang auch nichts, was auch nur irgendwie in diese Richtung geht. Christian?«
Der Glatzkopf stand wie versteinert, die Arme hinter dem Rücken. »Das Kanzleramt hat grünes Licht gegeben, ich kann Ihnen also ganz offiziell mitteilen, dass der Bundesnachrichtendienst über keinerlei Informationen verfügt, die den Verdachtsmoment gegen Ölstaaten oder andere Länder mit einschlägigen Bodenschatzvorkommen begründen. Was nicht heißt, dass es solche Spuren nicht trotzdem geben kann. Sie sind nur extrem unwahrscheinlich.«
»Alles führt immer wieder zu einer Frage«, sagte Wegener. »Warum Hoffmann? Er hat vor einundzwanzig Jahren im Beraterstab des Staatsratsvorsitzenden gesessen. Es wäre ein gewaltiger Zufall, wenn sein Tod damit nichts zu tun hat.«
»Späte Strafe für einen Verräter«, sagte Brendel, »ob er nun bei der Stasi war oder nicht. Das sagt das Bild. Wir sollen glauben, dass er von jemandem zur Rechenschaft gezogen wurde. Was hat der Mann das letzte Vierteljahrhundert gemacht?«
»Ein Doppelleben geführt.« Wegener lehnte sich an das schwarz glänzende Pumpenmetall. »Das ist alles, was wir wissen.«
»Dann wird es Zeit, sich genau mit ihm zu beschäftigen. Ist außer der Schläferbude auch seine richtige Adresse bekannt?«
»Seit heute Morgen«, sagte Wegener »Greifenhagener Straße. Prenzlauer Berg. Wir fahren nachher zusammen hin.«
»Die Spurensicherung ist schon sechs Stunden zugange«, sagte Lienecke, »müsste also bald durch sein.«
Kallweit hüstelte. »Meine Herren, eines sollten wir in jedem Fall bedenken. Der Staatsratsvorsitzende würde Generaloberst Steinkühler sicherlich informieren, wenn er irgendeine Idee hätte, inwiefern der Tod von Albert Hoffmann mit seiner damaligen Tätigkei t …«
Kaysers Lächeln brachte Kallweit zum Verstummen.
Es wurde still im Pumpenhaus.
Jocicz hustete.
Kallweit ging durch den Raum, als suche er sein Satzende, schlug einen Haken, blieb am Seziertisch stehen. In dem schwarzen Mantel wurde er zu einem Priester, der dem leuchtenden Leichnam gleich die letzte Ölung verabreicht. »In diese Richtung darf nur sehr behutsam ermittelt werden. Ich halte das ehrlich gesagt überhaupt nicht für nötig, Herr Hauptmann.«
Gedämpfte Orchestermusik. Brendel wühlte in den Manteltaschen. Die Musik wurde lauter. »Hat mein Sohn mir gestern draufgespielt.« Brendel grinste. »Als Vorbereitung auf den Auslandseinsatz, sozusagen.«
Grinsend ist er noch schöner, dachte Wegener.
Lienecke und Jocicz sahen sich an.
Brendel hatte sein Mobiltelefon in der Innentasche gefunden und meldete sich. Die Musik brach ab.
Kayser zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Die Titelmelodie
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