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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Eigenschaften des Superdings, und Offer wurde damit zum Millionär. Was, fragen Sie mit Recht, ist denn nun aber ein »ShamWow!« – immerhin ein Produkt, welches das Wort »Nepp« (»sham«) schon im Namen führt?
    Nun, es ist nichts weiter als ein Küchentuch.
    Die erste Begegnung mit amerikanischen Infomercials und solch schamlosen Verkaufsgenies wie Vince Offer versetzt Europäern oft einen Schock.
    Uns nicht.
    Wir lieben diesen hemmungslosen, unregulierten Wildwuchs. Und wir hassen es, wenn »die da oben« uns sagen, was gut für uns ist. Ja, man könnte behaupten, lieber fallen wir ab und zu auf irgendwelche Blender rein, als auch nur ein winziges bisschen in unserer Entscheidungsfreiheit beschnitten zu werden.
    Ein Grund, weshalb so viele Amerikaner Ronald Reagan als Präsident mochten, war, dass er diese unsere »innere Wildnis« schützte und viele Regulierungen rückgängig machte. Er war es auch, der die Auflagen für Fernsehwerbung so weit lockerte, dass es keine zeitliche Begrenzung mehr für diese gab. Umgehend tauchten Kanäle auf, die ausschließlich Werbung sendeten und Typen wie Vince Offer erst möglich machten.
    Auch wenn diverse Verbraucherschutzgruppen sich seither redlich bemühen, den Infomercial-Gaunern das Handwerk zu legen, hat der Staat selbst also überhaupt erst die Voraussetzungen für deren Erfolg geschaffen. Damit war die Renaissance einer altehrwürdigen amerikanischen Tradition eingeläutet, die im 19. Jahrhundert ihren Anfang nahm: die des Klapperschlangenölverkäufers.
    1892 wurde der 400. Jahrestag der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus begangen. Um diesen Tag zu feiern, plante das Land die größte, teuerste und spektakulärste Selbstbeweihräucherung aller Zeiten. Die »World’s Columbian Exposition« war sechs Monate lang die größte Publikumsmesse, die das Land je gesehen hatte. Es handelte sich um ein Fest der Superlative, angefangen damit, dass das komplette Gelände mit diesem neumodischen Strom versorgt wurde. Im elektrischen Licht konnte man nachts noch die Nachbildungen der Schiffe bewundern, auf denen die Männer reisten, die Amerika entdeckten – die Santa Maria, die Niña und die Pinta sowie ein Wikingerschiff. Ganz zu schweigen vom ersten großen mechanischen Riesenrad.
    Auf großen und kleinen Bühnen wurden Neuheiten präsentiert, die die meisten Amerikaner noch nie gesehen hatten: Hier begann der Siegeszug des Hamburgers ebenso wie der einer ganzen Reihe zahnfeindlichen Junkfoods, von der Hershey-Schokolade über das Kaugummi »Juicy Fruit« und das karamellisierte Popcorn »Cracker Jack« bis hin zu den ersten Frühstücks-Cerealien. Hier hörten die meisten Menschen zum ersten Mal Ragtime von Scott Joplin und sahen ihren ersten Hula-Hoop-Reifen. Die Vorstufe zum Reißverschluss wurde gleichfalls einer staunenden Öffentlichkeit vorgestellt.
    Auf einer der vielen Bühnen trat auch Clark Stanley auf. Er sah schon recht exotisch aus: ein Mann in bunter Cowboykluft mitsamt Hut, Stiefeln und Revolver.
    Und er wusste ihn zu benutzen: Vor den Augen entsetzter Zuschauer ließ er eine Käfigladung Klapperschlangen auf der Bühne frei und knallte sie eine nach der anderen ab.
    Jetzt hatte er die Aufmerksamkeit des Publikums gewonnen. Er nahm also die Reptilienleichen und quetschte vor der gebannten Menge das Öl aus den Kadavern in eine Glasschale. Wie man Öl aus einem Klapperschlangenleichnam herausquetscht, weiß ich auch nicht, aber zumindest behauptete Stanley, genau dies da oben zu tun. Dann kippte er einige weitere geheime Zutaten in die Schale und verkündete, als er fertig war, die Herstellung eines Wunderheilmittels: Klapperschlangenöl!
    Das Klapperschlangenöl des Clark Stanley konnte Frostbeulen heilen sowie blaue Flecken, Halsweh, Tier-, Insekten- und Reptilienbisse, ja sogar Rheuma lindern, ach was, es konnte jedes erdenkliche Leiden zum Verschwinden bringen, es konnte Schmerzen bei »Mensch und Vieh« geradezu »zerstören«. Und das Beste: Es kostete nur 50 Cent pro Flasche.
    Nicht alles, was Clark Stanley behauptete, war gelogen. Er hatte tatsächlich einige Jahre als Cowboy gearbeitet. Ob er allerdings wirklich zwei Jahre lang unter den Hopi-Indianern in Arizona lebte und dort den mystischen Schlangentanz und das Geheimnis des Klapperschlangenöls kennenlernte, ist unklar, aber es könnte schon so gewesen sein. Es stimmt schon, dass manche Indianerstämme Klapperschlangenöl als Heilmittel schätzten, so wie die Chinesen.
    Jetzt aber entdeckten

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