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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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kam. Eine Spielhalle an jeder Ecke, einarmige Banditen in den Imbissstuben, wo jedes Kind rankann, und Skat ein Nationalsport. Aber das Schlimmste: Der Staat verdiente sich dank der Dummheit seiner Bürger eine goldene Nase: Ohne mit der Wimper zu zucken, zeigte das öffentlich-rechtliche Fernsehen beispielsweise die Ziehung der Lottozahlen, und keiner regte sich darüber auf! Das war für mich der Gipfel der Heuchelei. Ein solcher Staat konnte nur durch und durch korrupt sein.
    Gott sei Dank war das bei uns in Amerika nicht so.
    Dachte ich. Bis ich herausfand: Das Gegenteil ist wahr.
    Virginia war nicht die erste englische Kolonie in Amerika, aber die einzige, die nicht sofort einging. Sie zu etablieren war richtig teuer. Immer wieder gingen den etwa 200 englischen Abenteurern am James River die Lebensmittel, die Werkzeuge, das Geld aus, und die Investoren zu Hause in England mussten nachschießen. Bis sie es nicht mehr wollten, und die Virginia Company ein ernstes Problem hatte. Da kam jemand auf eine verzweifelte Idee: eine Lotterie.
    Die Company in London gründete eine Reihe von Lotterien mit Gewinnen bis zu 5.000 Pfund Sterling. Diese wurden so beliebt, dass die Kolonisten jahrelang davon leben konnten. Virginia entwickelte sich in der Folge rasch zu einer der wichtigsten Kolonien in der neuen Welt, zum Herzen des amerikanischen Südens, und war später einer der Hauptinitiatoren des Unabhängigkeitskrieges und der Gründung der USA .
    Die Idee machte Schule – irgendwann in ihrer frühen Geschichte haben dann sämtliche 13 Kolonien, aus denen später die USA hervorgingen, Lotterien eingerichtet. Mit Lotteriegeldern wurden Kirchen und Bibliotheken gebaut und die ersten Universitäten gegründet, darunter Harvard, Yale und Princeton. Zeitweise war der Kauf von Lotteriescheinen für die Kolonisten patriotische Pflicht, und Gründerväter wie Benjamin Franklin, John Hancock und George Washington haben bei bestimmten Lotterieprojekten die Schirmherrschaft übernommen.
    Ohne das unmoralische Glücksspiel wären die USA nie gegründet worden.
    Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte: Alle Amerikaner sind Glücksspieler – selbst diejenigen, die das Glücksspiel verteufeln. Amerikaner kommen nämlich schon mit dem Gefühl auf die Welt, ihnen stehe eigentlich viel mehr zu, als sie haben. Jeder von uns, nicht nur Mark Zuckerberg, will die eine Geschäftsidee haben, die bombastisch einschlägt, mit einem einzigen Hit reich und berühmt werden, oder bei Starbucks von einem Hollywood-Produzenten entdeckt werden. Einfach so.
    Wir nennen es »something for nothing« – wir wollen etwas bekommen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Das beste Beispiel dafür ist der Goldrausch:
    Bis dort 1848 Gold entdeckt wurde, war Kalifornien eine unattraktive spanische Kolonie am Ende der Welt, ein wertloses Stück Wüste. Innerhalb von sieben Jahren wanderten dann 300.000 Menschen dort ein. Sie alle wollten etwas umsonst. Einige bekamen es auch. Teilweise konnte man das Gold einfach vom Boden aufheben. Aber nicht nur die Goldsucher erkannten die einmalige Gelegenheit, über Nacht reich zu werden: Die Unternehmer, die mitkamen, wurden noch reicher. Samuel Brannan zum Beispiel kaufte ganz am Anfang des Goldrausches sämtliche Schaufeln und Eimer, die in San Francisco zur Verfügung standen, und verkaufte sie nach und nach zu überteuerten Preisen weiter. Bald war er der reichste Mann Kaliforniens.
    Die meisten Einwanderer machten sich nach Amerika auf, weil sie hörten, hier gäbe es Land umsonst. So ganz stimmte das zwar nicht – ein wenig musste man dafür schon bezahlen –, aber von diesen Menschen, die »something for nothing« wollten, stammen wir ab. Der Historiker John M. Findlay nennt in seinem Buch People of Chance vier typische Eigenschaften der Menschen, die erst von Europa nach Amerika und dann weiter nach Westen zogen: hohe Erwartungen, Opportunismus, Risikofreudigkeit und Bewegungsdrang.
    Die Deutschen nennen Amerika »das Land der unbegrenzten Möglichkeiten«, wir nennen es »the land of opportunity« – »das Land der einmaligen Gelegenheit«. Wir warten auf diesen Moment. Wir hoffen darauf. Als Junge hat mir mein Vater die Wichtigkeit der »opportunity« eingebläut. Direkt nach »Stets ordentlich frühstücken«, »Mädchen nicht schlagen« und »Immer nett zum Koch sein« kam: »opportunity knocks but once.« – »Die große Chance klopft nur einmal an.«
    Es gibt tatsächlich kaum etwas, das ein

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