Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
und beschimpft diese dann, ist man kein Rassist, sondern Gesellschaftskritiker. Die Republikaner nennen das Einstreuen solcher Bemerkungen in Bundesstaaten des Südens und Westens clever »die südliche Strategie.«
Versteckter Rassismus ist aber beileibe kein Vorrecht der Republikaner.
Fahren Sie mal an einem Samstagvormittag durch die Vororte an den beiden Küsten, die den Umfragen nach überwiegend demokratisch wählen, und zählen Sie die Schwarzen, die Sie in diesen »vanilla suburbs« beim Rasenmähen sehen. Auch Demokraten geben sich gern fortschrittlich, wollen aber nicht unbedingt neben einem Schwarzen wohnen.
Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass es heute als hip gilt zu bedauern, dass sich die Situation der schwarzen Amerikaner seit der Bürgerrechtsbewegung der 1960er noch verschlechtert hat. Und noch hipper ist es zu sagen, dass auch die Wahl unseres ersten schwarzen Präsidenten daran nichts geändert hat.
Hip, aber nicht ganz richtig.
Während sich die Öffentlichkeit mit lautem Gezeter in irrelevante theoretische Moralfragen verstrickt, hat sich langsam, bescheiden und unaufhaltsam ein anderes Phänomen entwickelt: Viele Schwarze lösen das Problem für sich allein.
Als Barack Obama als erster Schwarzer 2008 die Wahl zum Präsidenten gewann, fiel den Leuten auf einmal BillCosby wieder ein.
Der beliebte Komiker hatte in den 1980ern eine ebenso beliebte Sitcom, The Bill Cosby Show . Darin spielte er Doktor Huxtable, einen gebildeten, gut verdienenden Mittelklasse-Arzt. Damals musste er viel Kritik einstecken, weil viele Menschen glaubten, dies sei eine völlig falsche und absichtlich beschönigende Darstellung der Situation des Afroamerikaners: Wo blieb die Armut, das Leid, die Diskriminierung? All dies zu unterschlagen, das spiele doch nur den Weißen in die Hände und nehme ihnen die Schuldgefühle.
Cosby blieb bei seinem Konzept: Er wollte eine ganz normale amerikanische Mittelklasse-Familie zeigen, die zufällig schwarz war.
Als Obama die Wahl gewann, kam man ins Grübeln. Wie war das in Amerika, wo Schwarze doch nur Opfer sind, eigentlich möglich? Man dachte an Bill Cosby und fragte sich: Gab es die ganze Zeit über etwa doch eine schwarze Mittelklasse, ohne dass man es bemerkt hatte?
In der Tat. 1960 schafften es erst 20 Prozent der schwarzen Amerikaner, die High School abzuschließen, und nur 3 Prozent beendeten ihr College-Studium. 2006 erreichten aber bereits über 86 Prozent den High School-Abschluss, und 19 Prozent gelang der Sprung an eine Uni.
Das ist noch lange nicht auf weißem Niveau, aber es reicht, um etwas recht Bemerkenswertes festzustellen: Die Realität mag sich vielleicht nicht schnell genug ändern – aber sie ändert sich schneller als unsere Vorstellung.
Mit der Präsidentschaft Obamas sind die Rassenbeziehungen in Amerika in eine neue Ära eingetreten. Nicht nur, weil sein Beispiel zeigt, dass Träume bei uns noch immer wahr werden können, sondern auch, weil seine Wahl de facto das Ende der Bürgerrechtsbewegung darstellte.
Während man bis dahin glaubte, nur Bürgerrechtler, Quoten und Gesetze könnten den Schwarzen Gleichheit bringen, hatte Obama damit nichts mehr zu tun. Im Gegenteil: Er wurde nur deswegen der erste schwarze Präsident, weil er eben kein echter Schwarzer ist. Wenigstens nicht im Sinne der Bürgerrechtsbewegung.
Obama hat keine Sklaven als Vorfahren. Sein Vater kam aus Kenia, war eigenständig, selbstbewusst und Harvard-Student. Seine Mutter ist weiß und fest in der Mittelklasse verwurzelt. Sie schickte ihn auf die Eliteschule Punahou, von wo aus es später nicht mehr schwer war, nach Harvard zu gelangen (ich selbst ging übrigens auf die Kailua High School, die ranzige Klitsche nebenan!).
Das Wichtigste aber: Obama wuchs in Hawaii auf, wo die Rassenverhältnisse ganz anders sind. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Es gibt nur wenige Schwarze in Hawaii, und diese bilden wiederum bloß eine Minorität unter vielen. Dort, wo 55 Prozent der Menschen asiatischstämmig sind (überwiegend Chinesen und Japaner), stellen die Minderheiten die Mehrheit: Dreiviertel aller Hawaiianer gehören irgendeiner an. Damit hat Hawaii von allen Bundesstaaten den höchsten Anteil an Minderheiten.
Nur ein Viertel der Hawaiianer sind weiß, und Weiße – »haoles« genannt – bekommen das auch zu spüren (na gut, die Filipinos sind noch schlechter dran). Obama wird in Hawaii bestimmt nicht mehr Diskriminierung erfahren haben als jeder
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