Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
x-beliebige Weiße auch. Das machte ihn zu etwas anderem als dem typischen Schwarzen. Er wusste: Niemand wählt einen Präsidenten aus Gründen der politischen Korrektheit.
Harlem, das Ghetto, die Wut – all das war ihm fremd. Man merkte es ihm an, dass er nicht in der Schublade der Rassendiskriminierung und der weißen Schuld feststeckte. Nur deshalb hat er seine berühmte und bewegende »Rassismus«-Rede schreiben können, in der er zwar die Rassendiskriminierung anprangert, aber auch die Wut und das Leid der weißen Amerikaner nicht übergeht.
Obama konnte die Wahl gewinnen, nicht weil er den Konflikt zwischen Weißen und Schwarzen zu lösen versprach, sondern weil er ihn hinter sich ließ.
Wir wollen aber Obama nicht zu viel Bedeutung beimessen. Es gibt nämlich neben ihm einen schwarzen Politiker, der noch wichtiger ist.
Als sich Herman Cain 2011 ausgerechnet für die Republikaner als Präsidentschaftskandidat ins Gespräch brachte, war das ein seltsames Spektakel: Der Mann wollte die halb fertige Mauer zwischen Mexiko und den USA fertig bauen, unter Strom setzen und zur Sicherheit noch einen Wassergraben davor ziehen lassen. Er glaubte, dass »Kubanisch« eine Sprache sei und dass Gemeinden das Recht hätten, Moslems den Bau von Moscheen zu verbieten. Zudem zitierte er gern Weisheiten großer Denker, die sich hinterher als Zeilen aus den Discohits von Donna Summer entpuppten.
Die Medien hassten ihn. Na ja, alle hassten ihn. Man zog ihn durch den Kakao. Man fand alles, was er tat und sagte, blöd. Man buddelte seine alten Sexgeschichten aus und machte ihn lächerlich, jedes Mal, wenn er wieder etwas Doofes sagte.
Es war schön, das mit anzusehen. Es machte mich richtig stolz auf Amerika, und ich dachte: Das ist Gleichberechtigung pur!
Denn niemand fragte sich ernsthaft, ob er denn auch weiße Wähler überzeugen könnte. Niemand sprach ihn auf Rassentrennung oder Gleichberechtigung an. Die schwarzen Protestgruppen versuchten nicht, ihn für ihre Zwecke zu benutzen. Sie nahmen ihn kaum wahr. Es störte nicht mal den letzten zugedröhnten Hillbilly, dass der Mann schwarz und ein Republikaner war.
Herman Cain ist kein Afroamerikaner, er ist einfach nur ein weiterer Spinner unter vielen.
Das passierte zum ersten Mal.
19
Wir wollen es alleine schaffen
S o einen Quatsch wie von Herman Cain hört man in jedem Wahlkampf, man kann sich darauf verlassen. Und derart hirnverbrannte Spinnereien könnte ich ja vielleicht auch noch akzeptieren.
Viel erschreckender finde ich allerdings, wenn der Multimillionär John Kerry im Wahlkampf 2004 gegen George W. Bush mitten in Philadelphia ein »steak sandwich« mit Schweizer Käse bestellt. Wie dumm ist das denn?
Oder ein Mitt Romney, der 2012 seinem Konkurrenten Newt Gingrich eine Wette über 10.000 Dollar anbietet. Es wäre nicht schlimmer gewesen, hätte er einen Hund getreten!
Oder selbst ein Barack Obama im Wahlkampf gegen John McCain 2008: Er ließ sich beim Bowling filmen – und erspielte gerade mal 37 Punkte. Aua! In Iowa hätte eine Maispflanze besser gebowlt.
Hatten die Armen denn keine Wahlhelfer, die sie warnten: »He, in Philadelphia bestellt man traditionell Provolone-Käse.« Oder: »Sie wollen wirklich eine 10.000-Dollar-Wette vorschlagen? In einem Saal voller Bürger, die um ihre Jobs bangen?« Oder: »Üben Sie erst mal ein paar Runden. Alle außer Ihnen wissen, wie Bowling geht.«
Es dreht sich gar nicht darum, dass die Kandidaten allesamt elitäre Snobs aus dem Nordosten sind, die versuchen, uns normalen Amerikanern etwas vorzumachen. Das war schon immer so, das akzeptieren wir. Erschreckend ist, dass sie auch noch dumme elitäre Snobs sind. Es ist ja nicht schwer, herauszufinden, wie der »normale Amerikaner« tickt. Und dies waren eben ganz typische Fehler der nordöstlich geprägten Kandidaten. George W. Bush hatte andere Fehler, klar, zum Beispiel sagte er eine Dummheit nach der anderen, wenn er nur den Mund aufmachte. Bowlen aber konnte er!
Auch im Westen gibt es Millionäre, doch die sind … anders. Sam Walton aus Columbia, Missouri, der Gründer von Walmart, trug gern ein Basecap, und auch einer der reichsten Menschen auf Erden, Hedgefonds-Manager Warren Buffett aus Nebraska, hat ein Faible dafür. Und Bill Clinton aus Little Rock, Arkansas, musste seine aufrichtige Liebe zu Fastfood-Hamburgern nicht vortäuschen. Der Westen ist halt die Heimat des »common sense« – des gesunden Menschenverstandes. Hier kommen Zeitungskolumnisten wie
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