Planet der Affen
Ohne wirklich intelligent zu sein, sind sie doch schlauer als die Orang-Utans und erreichen durch herrisches Auftreten, was sie wollen. So gibt es zum Beispiel in der Leitung unseres Instituts einen dem wissenschaftlichen Direktor Zaius übergeordneten Verwaltungsbeamten, einen Gorilla, den man nicht sehr oft zu Gesicht bekommt. In meinem Saal ist er nur ein einziges Mal erschienen und hat mich auf eine bestimmte Art gemustert, sodass ich mich beinahe bemüßigt gefühlt habe, Habachtstellung einzunehmen. Auch Zaius benahm sich in seiner Gegenwart zurückhaltend, und sogar Zira schien von seinem großspurigen Gehabe beeindruckt zu sein.
Gorillas, die keine leitenden Posten innehaben, sind meist in untergeordneten Stellungen beschäftigt, wo es vor allem auf Körperkraft ankommt. Zoram und Zanam zum Beispiel werden nur für gröbere Arbeiten, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Ordnung verwendet. Außerdem betätigen sich die Gorillas als Jäger. Diese Funktion ist ihnen gewissermaßen vorbehalten. Sie fangen wilde Tiere und natürlich Menschen ein. Ich habe bereits unterstrichen, welch enormes Menschenmaterial die Experimente der Affen verschlingen. Diesen Experimenten kommt hier eine Bedeutung zu, die mich umso mehr beunruhigt, je deutlicher ich sie erkenne. Es scheint so, als widme sich ein Teil der Affenbevölkerung ausschließlich biologischen Studien – ich werde auf dieses Missverhältnis später zurückkommen. Jedenfalls erfordert die Beschaffung immer neuen Menschenmaterials eine eigene Organisation, und so ist ein ganzes Heer von Jägern, Treibern, Transportunternehmern und Händlern in diesem Gewerbe tätig, dessen leitende Stellungen immer von Gorillas bekleidet werden. Offenbar ist das Geschäft sehr einträglich, denn die Menschen werden zu sehr hohen Preisen gehandelt.
Neben oder besser gesagt unter den Gorillas – obwohl natürlich jede Art von Hierarchie anfechtbar ist – stehen die Orang-Utans und die Schimpansen. Erstere, zahlenmäßig die kleinste Gruppe, repräsentieren nach Ziras Worten die offizielle Wissenschaft. Daneben gibt es allerdings auch einige, die ihr Glück in der Politik, der Kunst und der Literatur versuchen. Und auf diesen Gebieten legen sie die gleichen Charaktereigenschaften an den Tag: Hochtrabend, eingebildet, pedantisch, ohne Originalität und kritisches Urteilsvermögen, traditionsbesessen, blind und taub gegenüber allem Neuen, auf Klischees und überlieferte Formeln fixiert, bilden sie die Grundpfeiler aller Akademien. Ihr phänomenales Gedächtnis befähigt sie, die Materie ganzer Wissensgebiete auswendig zu lernen. Anschließend schreiben sie selbst Bücher, in denen sie das Angelesene wiederkäuen, worauf sie bei ihresgleichen in der Achtung steigen. Womöglich bin ich in dieser Hinsicht etwas voreingenommen, weil Zira und ihr Verlobter, wie alle Schimpansen, die Orang-Utans gering schätzen. Ebenso verachtet werden sie allerdings von den Gorillas, die sie jedoch für ihre eigenen Ziele auszunutzen verstehen. So wird beinahe jeder Orang-Utan von einem Gorilla oder einer Gruppe von Gorillas in seinem ehrenvollen Amt gestützt und gefördert, man verschafft ihm die begehrten Titel und Orden, doch nur so lange, wie er die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt. Anderenfalls wird er durch einen Artgenossen ersetzt.
Bleiben also die Schimpansen, die offensichtlich die intellektuelle Schicht des Planeten bilden. Es ist keine Übertreibung, wenn Zira behauptet, dass alle bedeutenden Entdeckungen von ihnen gemacht wurden, höchstens eine etwas überspitzte Verallgemeinerung, denn es gibt natürlich einige Ausnahmen. Jedenfalls verfassen sie die interessantesten Bücher, und zwar auf allen möglichen Gebieten. Ein mächtiger Forscherdrang scheint ihnen eigen zu sein.
Ich habe bereits erwähnt, welche Werke die Orang-Utans fabrizieren. Das Unglück ist nur, wie Zira nicht oft genug bedauern kann, dass es sich dabei um die offiziellen Lehrbücher handelt – wodurch eine Unmenge gröbster Irrtümer in der Affenjugend Verbreitung findet.
Noch bis vor kurzem wurde in diesen Texten, wie Zira versichert, die Meinung vertreten, der Planet Soror sei der Mittelpunkt des Universums, obwohl alle durchschnittlich intelligenten Affen dies längst als falsch erkannt hatten. Diese Ansicht geht offenbar auf einen vor mehreren tausend Jahren auf Soror lebenden hochangesehenen Affen namens Haristas zurück, dessen Lehren die Orang-Utans seit jeher verfechten. Und Zaius' Haltung mir
Weitere Kostenlose Bücher