Planet der Affen
vernunftbegabt zu halten, denn jedes halbwegs normale Geschöpf, das man mit diesem Zirkus konfrontierte, musste zur Überzeugung gelangen, dass hier Irre oder wütende Bestien ihr Unwesen trieben. Kein Funken von Intelligenz strahlte aus ihren Augen, und ich vermochte den einen nicht vom anderen zu unterscheiden – alle waren sie gleich gekleidet, und in ihren verzerrten Zügen lag Wahnsinn.
Das Beunruhigende an dem Bild, das ich heraufbeschworen hatte, war jedoch folgendes: Während ich gerade eben noch die handelnden Personen einer irdischen Szene unwillkürlich mit Gorillas und Orang-Utans vertauscht hatte, standen nun wie unter einem Zwang die Teilnehmer an diesem Hexensabbat in Menschengestalt vor mir. Menschen waren es, die ich kreischen und kläffen hörte und die an Seilen schwangen, um so schnell wie möglich ihr Ziel zu erreichen. Mich packte das Verlangen, mir noch andere Einzelheiten dieses Schauspiels ins Gedächtnis zu rufen. Nach langem Beobachten war mir damals einiges aufgefallen, was darauf hinwies, dass diese brodelnde Masse vielleicht doch Teil einer zivilisierten Gemeinschaft war. So vernahm man gelegentlich ein verständliches Wort in dem tierischen Geschrei, und ein Gorilla, in Schwindel erregender Höhe auf einem Gerüst hockend, ergriff, während er weiter mit den Händen fuchtelte, mit seinem Fuß ein Stück Kreide und schrieb eine vermutlich bedeutungsvolle Zahl an eine Tafel. Auch an diesem Gorilla glaubte ich menschliche Züge zu erkennen. Von diesen Visionen konnte ich mich erst befreien, als ich wieder zu meiner Theorie über den Ursprung der Affenzivilisation zurückkehrte. Mein geistiger Ausflug in die Finanzwelt hatte mir neue Argumente zugunsten dieser Theorie geliefert.
Das Flugzeug setzte zur Landung an – ich war wieder in der Hauptstadt. Zira erwartete mich am Flughafen, und schon von weitem erblickte ich voll Freude ihre Kappe. Als ich ihr dann nach Erledigung der Zollformalitäten endlich gegenüberstand, musste ich mich zurückhalten, sie nicht in die Arme zu schließen.
5
Den auf meine Rückkehr folgenden Monat verbrachte ich im Bett und kurierte eine Krankheit aus, die ich mir vermutlich bei den Ausgrabungen geholt hatte und sich in heftigen, malariaähnlichen Fieberschüben äußerte. Mein Gehirn allerdings lief währenddessen auf Hochtouren und kehrte immer wieder zu jener bestürzenden Wahrheit zurück, der ich auf die Spur gekommen war. Ich hegte keinen Zweifel mehr daran, dass auf dem Planeten Soror dem Zeitalter der Affen eine Ära des Menschen vorangegangen war, und diese Überzeugung versetzte mich in einen eigenartigen Rauschzustand. Ich weiß jedoch nicht, ob ich auf diese Entdeckung stolz oder darüber eher beschämt sein soll. Natürlich schmeichelt es meinem Selbstwertgefühl als Mensch, dass die Affen nichts von sich aus erfunden, sondern alles nur nachgeahmt haben, doch schäme ich mich der Tatsache, dass eine menschliche Zivilisation so leicht von Affen übernommen werden konnte.
Wie hat es so weit kommen können? Diese Frage beschäftigt mich unablässig. Gewiss, es steht seit langem fest, dass Zivilisationen vergänglich sind, aber ein derart spurloses Verschwinden hat etwas Niederschmetterndes an sich. Wie hat es also so weit kommen können? Durch eine Katastrophe? Eine Sintflut? Durch den langsamen Verfall der einen und allmählichen Aufstieg der anderen Zivilisation? Ich neige letzterer Hypothese zu und finde in allem, was die Affen treiben, Hinweise, die eine solche Entwicklung vermuten lassen. Zum Beispiel die Bedeutung, die sie ihren biologischen Forschungen beimessen. Ich erkenne jetzt klar den Grund dafür. Unter der alten Ordnung haben ganz sicher viele Affen den Menschen als Versuchsobjekte gedient, wie es ja auch in unseren Laboratorien der Fall ist. Und diese Versuchstiere haben als erste die Fackel des Aufruhrs entzündet, waren die Pioniere der Revolution. Vermutlich begann es damit, dass sie das Verhalten ihrer Herren nachahmten – und diese Herren waren Forscher, Biologen, Ärzte, Krankenpfleger und Wächter. Daher also das ungewöhnliche Engagement, das die Affen in diesem Bereich an den Tag legen.
Doch genug über die Affen nachgedacht! Seit zwei Monaten habe ich meine ehemaligen Mitgefangenen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Heute fühle ich mich besser, ich habe kein Fieber mehr. Gestern sagte ich zu Zira, die mich während meiner Krankheit wie eine Schwester gepflegt hat, dass ich meine Studien in ihrer Abteilung wieder
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