Planeten 03 - Venus
bekümmert und unsicher. Die Mutter hatte das schulterlange Haar streng zurückgekämmt, wogegen das Haar der Tochter weich fließend und deutlich länger war.
»Das ist Mr. Van Humphries«, sagte Duchamp. Und an mich gewandt: »Meine Tochter Marguerite.«
»Martins Sohn«, murmelte sie und machte einen Schritt auf mich zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ihre Mutter das Gesicht verzog.
Ich streckte die Hand aus. »Erfreut, Sie kennen zu lernen, Ms. Duchamp.«
Sie ergriff meine Hand flüchtig. Ihre Finger fühlten sich warm an und pulsierten.
»Marguerite hat in Oxford den Doktor in Biologie gemacht«, sagte Duchamp nüchtern, als ob sie ihre Tochter als Konkurrentin ansähe. Es schwang jedenfalls keine Spur von mütterlichem Stolz in ihrer Stimme mit.
»Ich war der Ansicht, dass ihr beide euch kennen lernen solltet.«
»Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte ich zu Marguerite. »Obwohl ich befürchte, dass es auf dieser Mission nicht allzu viel für Sie zu tun gibt«, fügte ich mit einem Seitenblick auf ihre Mutter hinzu.
Sie erwiderte mein Lächeln nicht. »Vielleicht kann ich Ihnen dann bei anderen wissenschaftlichen Beobachtungen behilflich sein«, sagte sie ernst. In ihrer leisen Stimme schwang Resignation mit.
In der Kabine wurde es so kalt, dass man sich in einem Kühlraum wähnte.
»Keine Sorge, wir werden schon etwas finden, wo du dich nützlich machen kannst«, sagte Captain Duchamp.
»Ja, Mutter. Ich bin sicher, dass du etwas findest.«
Ich fand, dass es Zeit war, von hier zu verschwinden. Die Verstimmung zwischen Mutter und Tochter war dick genug, um sie mit einer Kettensäge zu durchtrennen.
Dr. Waller hatte gesagt, ich solle Sport treiben. Also joggte ich durch das Geflecht der Gänge und Ladebuchten der Truax. Der Hauptladeraum des alten Fabrikschiffs, in dem früher tonnenweise Erz von den Asteroiden befördert worden war, glichen einer riesigen Höhle aus Metall. Die in Kisten verpackten Vorräte der Expedition füllten kaum eine Ecke aus. Die alte Besatzung hatte sich alle Mühe gegeben, die Laderäume für uns zu säubern und hatten sie sogar für ein paar Tage dem Vakuum des Raums ausgesetzt. Aber es haftete noch immer Schmierschmutz am Metall der Schotts, und als ich über den Boden lief, knirschte Dreck unter den Sohlen. Ich fuhr mit der Hand über ein Schott; das Metall fühlte sich an wie ein Reibeisen, und als ich die Hand ansah, war sie schmutzig.
Trotzdem entlockte mir das ein Grinsen. Ich berührte den Staub fremder Welten.
Anstatt zuhause herumzusitzen und auf VR-Simulationen zu starren, war ich wirklich hier draußen und spürte die Berührung fremder Welten – von Planetoiden, die seit Milliarden Jahren in der Stille des leeren Raums trieben, seit der Zeit, als das Sonnensystem entstanden war.
Dann entdeckte ich den Laderaum, der als ›Schmelzhütte‹ gedient hatte. Obwohl er still und verlassen lag, glaubte ich noch immer die Hitze der mächtigen, mit Kernkraft betriebenen Öfen zu spüren, in denen das Erz in der ersten Stufe des Verarbeitungsprozesses geschmolzen worden war. Pulverisierte Brocken von Asteroidengestein waren hier verflüssigt worden, und Massenseparatoren hatten ihnen alle Elemente entzogen, aus denen dann die reinen Metalle und Mineralien gewonnen wurden, mit denen die menschliche Rasse die Expansion ihrer Zivilisation betrieb.
Zum ersten Mal dämmerte es mir, was die Konzerne meines Vaters wirklich taten. Sie verwandelten uralte Reste von der Entstehung des Sonnensystems in Habitate, Fabriken und Raumschiffe für die Männer und Frauen, die im Weltall lebten und arbeiteten – auf dem Mond, dem Mars und in den geschützten Modulen, die über dem Eis der größten Jupitermonde schwebten.
Von der Galerie hoch über der Schmelzhütte sog ich die Hitze ein, die noch immer wie ein lebendes Wesen in der Luft zu liegen schien. Im Geiste hörte ich das Dröhnen der Gesteinshämmer und das Rattern der Förderbänder, die das pulverisierte Erz in den Schlund der weißglühenden Schmelzhütte trugen. Vor dem geistigen Auge sah ich, wie die glühenden Ströme der von Menschenhand erschaffenen Lava in die Separatoren der nächsten Bucht flössen.
Und nun herrschte überall Stille, außer dem leisen Echo, das die Laufschuhe auf dem metallenen Gitterrost der Galerie erzeugten. Alles stillgelegt und ungenutzt, weil ich in meinem jugendlichen Leichtsinn beschlossen hatte, die Herausforderung meines Vaters anzunehmen.
Und er hatte ganz genau
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