Planeten 03 - Venus
gewusst, dass ich sie annehmen würde! Diese Erkenntnis überkam mich, während ich den Steg entlang lief. Sie traf mich so hart, dass ich wie betäubt stehen blieb und mich am Geländer festhielt. Er hatte mich in diese Situation hineinmanövriert! Er wusste, dass ich die Herausforderung annehmen würde. Oder hatte er nur gehofft, dass ich es tun würde? Egal, ich hatte den Köder geschnappt.
Wieso tat er das? Wieso hatte er das alles arrangiert, die Party, die Ankündigung, den Preis? Nur, damit ich den Arsch hochkriegte und mal eben zur Venus flog? Um mich aus dem Weg zu räumen? Weil er mir den gleichen Tod wie Alex wünschte?
Wieso?
KONKURRENZ
Ich ging im verschwitzten und müffelnden Trainingsanzug den Gang entlang zur Eignerkabine und kühlte mich vom Lauf ab, als ich sah, dass Marguerite Duchamp mir auf dem Gang entgegenkam.
Ich hatte sie bisher nur einmal gesehen, seit ihre Mutter an dem Tag, als wir die Erdumlaufbahn verließen, diese ebenso peinliche wie spannungsgeladene Vorstellung inszeniert hatte. Marguerite hatte sich die meiste Zeit in ihrer Unterkunft aufgehalten, und ich hatte mich – um die Wahrheit zu sagen – auch die meiste Zeit in mein Quartier zurückgezogen, wenn ich nicht gerade meinen täglichen Lauf absolvierte. Wo ich nun darüber nachdachte, hätte sie im großen alten Schiff umherstreifen oder bei ihrer Mutter auf der Brücke zugange sein können, ohne dass ich etwas davon gemerkt hätte.
Ich fasste es immer noch nicht, wie sehr sie ihrer Mutter ähnelte – wie eine jüngere Zwillingsschwester oder ein Klon. Sie war etwas größer als ich – aber es war fast jeder größer als ich. Vater nennt mich einen Kümmerling, weil ich so klein bin; das ist eine Tatsache, mit der ich mich abfinden muss.
Marguerite trug den obligatorischen beigefarbenen Overall und Bordschuhe mit flachen Absätzen. Trotz der frappierenden Ähnlichkeit mit ihrer Mutter war sie natürlich jünger und frischer. Ihr fehlte der spröde Schutzmantel der Hochnäsigkeit, und sie wirkte einfach – zugänglicher.
Ich sah, dass sie eine hellgrüne Armbinde auf den linken Ärmel des Overalls genäht hatte. Und beim Näher kommen fiel mir auf, dass ihr dichtes dunkles Haar mit einer Schleife zusammengebunden war, die farblich zum Armband passte.
»Sie sind auch eine von denen«, entfuhr es mir.
Ihre onyxfarbenen Augen schleuderten Blitze. »Von wem?«, fragte sie.
»Von den Grünen.«
Sie schien sich sichtlich zu entspannen. »Natürlich«, sagte sie beiläufig. »Gehört denn nicht jeder zu ihnen?«
»Ich jedenfalls nicht.« Ich machte kehrt und ging neben ihr her.
»Und wieso nicht?«, fragte sie, wobei sie scheinbar übersah, dass ich verschwitzt und stinkig war und ziemlich derangiert wirkte.
Ihre Frage verwirrte mich zunächst. »Ich schätze, ich habe mich bisher nicht so viel mit Politik beschäftigt.«
Marguerite zuckte die Achseln. »Mit Ihrem Geld brauchen Sie das wohl auch nicht.«
»Mein Vater ist sehr engagiert«, sagte ich. Es klang so, als ob ich mich rechtfertigte.
»Da bin ich sicher«, sagte sie spöttisch. »Aber er ist kein Grüner, stimmt’s?«
»Nein«, sagte ich mit einem Anflug von Lachen. »Er ist definitiv kein Grüner.«
Sie war zur Kombüse unterwegs, und ich begleitete sie in meinem unappetitlichen Aufzug.
»Wie gut kennen Sie meinen Vater eigentlich?«, fragte ich. Kaum waren die Worte mir über die Lippen gekommen, wurde mir auch schon bewusst, dass ich dabei war, kräftig ins Fettnäpfchen zu treten.
Sie schaute mich von der Seite an. »Ich bin ihm bisher nur einmal begegnet. Mit meiner Mutter.«
»Nur einmal?«
»Das war schon genug. Mehr als genug.« So, wie sie das sagte, fragte ich mich, was damals wohl vorgefallen war. Vater kann sehr charmant und gewinnend sein, wenn er will. Er kann aber auch herrisch und fies sein. Aus der wütenden Reaktion ihrer Mutter zu schließen, musste sich Vater gegenüber Marguerite hundsgemein aufgeführt haben.
Obwohl sie zusammen mit dem Rest des Schiffs aufgemöbelt worden war, wirkte die Kombüse der Truax ramponiert und arg strapaziert. Mit keiner Politur der Welt hätte man es geschafft, die verschrammten, stumpfen Metalloberflächen der Ausgabeautomaten in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Marguerite schenkte sich einen großen Becher Fruchtsaft ein. Weil sonst niemand in der Kombüse war, goss ich mir auch einen Becher Saft ein und setzte mich zu ihr an den Tisch. Sie schien keine Einwände gegen meine Gesellschaft zu
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