Planeten 03 - Venus
nicht«, sagte ich schroff. Mir wurde bewusst, dass Alex mir – außer in jener letzten Nacht in Connecticut – kaum etwas über seine Pläne, Hoffnungen und Ängste erzählt hatte. Er war fast wie ein Fremder für mich gewesen. Mein eigener Bruder. Wir hätten genauso gut aus zwei verschiedenen Familien stammen können.
Eine unbehagliche Stille breitete sich zwischen uns aus.
Die plötzlich durch den Kommunikationsmonitor im Schott der Kombüse unterbrochen wurde. Er glühte orangefarben, und die Stimme des Kommunikationscomputers sagte:
»Eine Nachricht für Mr. Humphries.«
»Anzeige«, rief ich, dankbar für die Unterbrechung.
Bis ich das überlebensgroße Gesicht meines Vaters auf dem Bildschirm sah. Er schaute ausgesprochen missmutig drein.
»Ich habe soeben herausgefunden, wo Fuchs ist«, kam er gleich zur Sache. »Er hat sein Schiff nun doch bei der IAA angemeldet und mit ihr eine Trajektorie geplant. Er hat Kurs auf die Venus genommen. Der Hurensohn macht so viel Dampf, dass er etliche Tage vor euch in eine Umlaufbahn um die Venus gehen wird.«
TRANSFER
Ich ließ den Blick ein letztes Mal durch die Eignerkabine schweifen. Als wir an Bord der Truax gegangen waren, war mir der Raum ziemlich eng und schäbig erschienen.
Während des inzwischen neunwöchigen Flugs zur Venus hatte ich mich aber daran gewöhnt, mein Büro und den Privatbereich in denselben vier Wänden – oder Schotts, wie man sie an Bord eines Schiffs bezeichnet – zu haben.
Immerhin wirkte die Kabine durch die Wandbildschirme größer, als sie war. Ich vermochte grandiose Panoramen zu programmieren und Videos von fast jedem Ort auf Erden. Normalerweise wählte ich den Blick von meiner mallorquinischen Finca aufs Mittelmeer.
Nun waren wir bereit, auf die viel kleinere Hesperos überzuwechseln. Zumindest die Besatzung. Ich hatte Angst vor dem Umzug. Wenn die Truax einem schrottreifen alten
Frachter glich, dann hatte die Hesperos Ähnlichkeit mit einem klaustrophobischen Unterseeboot.
Und als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, mussten wir einen Raumspaziergang unternehmen, um zur Hesperos zu gelangen. Ich würde mich tatsächlich in einen Raumanzug zwängen, nach draußen in dieses beängstigende Vakuum begeben und an der Leine entlang hangeln müssen, die die beiden Schiffe miteinander verband – wobei nur die monomolekularen Schichten des Anzugs zwischen mir und dem Tod lagen.
Zum zehntausendsten Mal sagte ich mir, dass ich auf einer Kapsel hätte bestehen sollen. Doch Rodriguez hatte mir das gleich zu Beginn der Missionsplanung ausgeredet. »Eine Druckkapsel, nur damit wir zum Überwechseln nicht die Raumanzüge anlegen müssen?«, hatte er sich über mich mokiert. »Diese Ausgabe können wir uns sparen. Das wäre reine Geldverschwendung.«
»Aber es wäre doch viel sicherer, nicht wahr?«, hatte ich insistiert.
Er schaute pikiert. »Sie wollen Sicherheit? Nutzen Sie die Masse und das Volumen, das wir für die Kapsel brauchen würden, lieber für einen zusätzlichen Wasservorrat. Das gibt uns Sicherheit, falls die Wiederaufbereitungsanlage ausfällt.«
»Wir haben bereits eine Reserve-Wiederaufbereitungsanlage.«
»Wasser ist aber wichtiger als eine Kapsel, die wir auf der ganzen Mission nur für fünf Minuten brauchen werden. Das ist ein Ausrüstungsgegenstand, den wir wirklich nicht mitschleppen müssen.«
Also hatte ich mir die Kapsel von Rodriguez ausreden lassen. Dafür würde ich nun eine EVA (EVA = Extravehicular Activity: Aktivitäten außerhalb des Raumfahrzeugs – Anm. d. Übers.) durchführen müssen, einen Raumspaziergang. Bei der bloßen Vorstellung geriet ich schon in Panik.
Und die Angst wurde noch größer, als ich an Lars Fuchs dachte.
Nachdem mein Vater mir gesagt hatte, dass Fuchs wirklich hinter dem Preisgeld her war, hatte ich in stundenlangen Recherchen versucht, alle möglichen Informationen über ihn herauszufinden.
Und was ich gefunden hatte, war nicht sehr ermutigend.
Fuchs war für seine Skrupellosigkeit und Umtriebigkeit bekannt. Laut den Medienbiographien war er ein gnadenloser ›Macher‹, ein getriebener und treibender Tyrann, der jeden wegräumte, der ihm im Weg stand. Außer meinem Vater.
Fuchs’ Start zu einem Hochgeschwindigkeits-Transit war von den Medien nur am Rande zur Kenntnis genommen worden. Er hatte sein Schiff heimlich im Gürtel zusammengebaut – anscheinend hatte er ein Schiff für seine Erfordernisse umgerüstet.
Im Gegensatz zu dem Trara, das man um
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