Planeten 05 - Saturn
wobei sie in Abhängigkeit von ihrem Aufgabengebiet Schutzkleidung, Schutzbrillen etc. tragen müssen.
c. Fabrikarbeiter…
Selene: Hauptquartier der Astro Corporation Pancho ging im Büro umher, während sie sprach; sie war frustriert, weil keine Rückmeldung von der Person kam, an die sie ihre Mitteilung richtete. Die Kommunikation im Raum außerhalb des Erde/Mond-Systems war fast immer eine einseitige Angelegenheit. Obwohl Nachrichten mit Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum flitzen, waren die Entfernungen zum Mars, zum Asteroidengürtel und darüber hinaus einfach zu groß, als dass ein Echtzeit-Gespräch von Angesicht zu Angesicht möglich gewesen wäre.
Also sprach Pancho unverdrossen weiter und hoffte, dass Kris Cardenas so schnell wie möglich antworten würde.
»Ich weiß, dass das viel verlangt ist, Dr. Cardenas«, sagte sie.
»Sie haben viele Jahre auf Ceres verbracht und sich dort eine neue Existenz aufgebaut. Jedoch ist dieser Flug zum Saturn auch für Sie eine Chance, sich etwas komplett Neues aufzubauen. Man wird froh sein, über ihre Expertise zu verfügen ‒ darauf können Sie sich verlassen. Es gibt sicher unzählige Möglichkeiten, wie Sie mit Ihren Kenntnissen der Nanotechnik den Leuten helfen werden.«
Durch die Macht der Gewohnheit schaute Pancho zu der Abbildung hinauf, die mitten in ihrem Büro schwebte. Doch anstelle von Kris Cardenas' Gesicht zeigte sie nur ihre eigenen, gestochen scharfe Worte.
»Ich werde Ihnen aus eigener Tasche sämtliche Kosten erstatten und noch einen großen Bonus drauflegen«, fuhr Pancho fort. »Ich werde den großzügigen Ausbau Ihres Habitats auf Ceres finanzieren. Sie ist meine kleine Schwester, Kris, und sie braucht jemanden, der auf sie aufpasst. Ich kann es selbst nicht tun; deshalb hoffe ich, dass Sie dazu bereit sind.
Werden Sie das für mich tun? Nur für ein Jahr oder so, nur so lang, bis meine Schwester auf eigenen Füßen stehen kann, ohne Dummheiten zu machen. Werden Sie mir dabei helfen, Kris? Es soll Ihr Schaden nicht sein, und ich würde das außerordentlich zu schätzen wissen.«
Pancho wurde sich bewusst, dass sie praktisch bettelte.
Geradezu winselte. Was soll's?, fragte sie sich. Hier geht es schließlich um Susie.
Doch dann atmete sie durch und sagte mit fester Stimme: »Bitte melden Sie sich in dieser Angelegenheit, sobald es Ihnen möglich ist, Kris. Es ist wirklich wichtig für mich.«
In ihrem behaglichen Quartier im Habitat Chrysallis, das sich im Orbit um den Asteroiden Ceres befand, betrachtete Kris Cardenas aufmerksam Panchos besorgtes Gesicht, während die Vorstandsvorsitzende der Astro Corporation im luxuriös möblierten Büro auf und ab ging. Cardenas bemerkte die Anspannung in Panchos schlankem Körper, in jeder Geste und in jedem Wort, das sie sprach.
Ich schulde ihr überhaupt nichts, sagte Cardenas sich. Wieso sollte ich hier meine Zelte abbrechen und auf dieser verrückten Expedition zum Saturn mitfliegen?
Dennoch verspürte sie wider Willen Neugierde. Vielleicht wird es wieder einmal Zeit für eine Veränderung in meinem Leben. Vielleicht habe ich lang genug Buße getan.
Trotz ihres kalendarischen Alters schien Dr. Kristin Cardenas von ihrem Äußeren her irgendwo in den Dreißigern zu sein.
Sie war eine hübsche, strohblonde Frau mit den Schultern einer Schwimmerin, einem starken, athletischen Körper und klaren kornblumenblauen Augen. Das lag daran, dass es in ihrem Körper von Nanomaschinen nur so wimmelte ‒ virengroße Geräte, die wie ein variables zielgerichtetes Immunsystem wirkten, das eindringende Viren zerstörte und Ablagerungen, die in den Blutgefäßen sich bildeten, Atom für Atom abbauten und das Gewebe regenerierten, das durch Traumata und Alterung beschädigt war.
Cardenas hatte für ihre Forschung in der Nanotechnik den Nobelpreis erhalten, bevor es den fundamentalistischen Regimes der Erde gelungen war, alle Arten der Nanotech-Anwendung auf dem Planeten zu verbieten. Sie hatte ihre Arbeit jahrelang in Selene fortgeführt und der Mond-Nation geholfen, ihren kurzen, praktisch unblutigen Krieg gegen die frühere Weltregierung zu gewinnen. Weil sie sich aber selbst Nanomaschinen injiziert hatte, war ihr die Rückkehr zur Erde verwehrt ‒ selbst für einen kurzen Besuch. Sie hatte ihren Ehemann und die Kinder verloren, weil sie es nicht wagten, nach Selene zu reisen und damit das Risiko einzugehen, mit ihr von der Erde verbannt zu werden. Cardenas grämte sich bitterlich wegen der
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