Planetenwanderer: Roman (German Edition)
nicht mehr als besonders große Misthaufen, und bedeckten sie schwarz und dicht und stinkend.
»Die Maul- und Klauenseuche«, sagte Haviland Tuf. Sie beobachteten, wie die Herden zu Tausenden starben. Die dicken unbeweglichen Fleischtiere in den Kellern der Stadt der Hoffnung verrotteten und verfaulten. Verbrennen konnte die Seuche nicht aufhalten. Bald war kein Fleisch mehr übrig, und die Menschen, die noch am Leben waren, wurden dünn und verbittert. Haviland Tuf sprach andere Worte aus – Anthrax, die Ryerson-Krankheit, Rosenfäule, Kalierose.
»Blattern«, sagte Haviland Tuf, und wieder grassierte eine Krankheit, aber dieses Mal unter den Menschen und nicht unter ihren Tieren. Sie schwitzten und schrien, während die Pusteln ihre Gesichter und Hände und die Brust überzogen, jede von ihnen schwoll an, bis sie platzte, sodass das Blut und Eiter herausliefen. Dann wuchsen neue Blattern, genauso schnell, wie die alten verschwanden. Männer und Frauen wankten durch die Straßen der einfachen Dörfer, blind und blatternnarbig, die Körper verkrustet und voller offener Wunden, der Schweiß rann wie Öl über ihre Haut. Wenn sie in den Schmutz fielen, zwischen die toten Fliegen und Läuse und Rinder, verrotteten sie dort, und niemand begrub sie.
»Hagel«, sagte Haviland Tuf, und er kam, ein großer, donnernder, hämmernder Hagel, faustgroße Eiskörner, für einen Tag und eine Nacht und einen Tag und eine Nacht und einen Tag und eine Nacht und so weiter und so weiter, und Feuer mischte sich mit dem Hagel. Alle, die nach draußen gingen, starben, die Hagelkörner erschlugen sie. Und auch viele von denen, die drinnen blieben, starben. Als der Hagel schließlich aufhörte, stand kaum noch eine Hütte.
»Heuschrecken«, sagte Haviland Tuf. Sie bedeckten die Erde und den Himmel, Wolken von ihnen, schlimmer als die Fliegen. Sie landeten überall, krabbelten über die Lebenden und die Toten und fraßen das wenige, was an Nahrung noch übrig war, bis es nichts mehr gab.
»Dunkelheit«, sagte Haviland Tuf. Die Dunkelheit kam. Sie war ein Gas, ein dickes, schwarzes Gas, das mit dem Wind trieb. Sie war wie eine Flüssigkeit, fließend, wie ein sinnlicher Strom, glänzend, schimmernd. Sie war Stille. Sie war Nacht. Sie war lebendig. Wohin sie trieb, blieb kein Leben übrig; die Kräuter und Gräser waren trocken und tot, und der Boden sah roh und verwüstet und verwundet aus. Sie war eine Wolke, größer als die Dörfer oder die Hügel der Ehrlichen Arbeit oder die Heuschrecken. Sie ließ sich über allem nieder, und nichts bewegte sich einen Tag und eine Nacht lang, und dann rollte die lebende Dunkelheit weiter, und hinter ihr war nur Staub und trockener Verfall.
Haviland Tuf berührte seine Instrumente, und die Vision verschwand. Die Lichter gingen wieder an. Die Wände waren strahlend weiß.
»Die zehnte Plage«, sagte Moses langsam mit einer Stimme, die nicht mehr voll oder laut war. »Der Tod der Erstgeborenen.«
»Ich muss meine Unzulänglichkeit zugeben«, sagte Haviland Tuf. »Derart feine Unterscheidungen kann ich nicht machen. Ich würde jedoch anführen, dass in dieser Szenerie, die nie stattgefunden hat, alle Erstgeborenen gestorben wären, genauso wie die Letztgeborenen. Ich bin diesbezüglich ein grober und unbeholfener Gott, in meiner Ungeschicktheit muss ich sie alle töten.«
Moses war blass und gebrochen, aber in seinem Innern war er immer noch ein starker und verbohrter Mann. »Sie sind nur ein Mensch«, flüsterte er.
»Ein Mensch«, sagte Haviland Tuf mit seiner emotionslosen Stimme. Seine riesige bleiche Hand streichelte Dax. »Ich wurde als Mensch geboren und lebte lange Jahre als solcher, Moses. Dann fand ich die Arche , und ich habe aufgehört, ein Mensch zu sein. Die Kräfte, die mir zur Verfügung stehen, sind größer als die vieler Götter, die die Menschheit verehrt hat. Es gibt keinen Menschen, dem ich nicht das Leben nehmen könnte, ohne ihn jemals getroffen zu haben. Es gibt keinen Planeten, auf dem ich lande, den ich nicht vollständig zerstören oder nach meinem Wunsch neu gestalten könnte. Ich bin der HERR – oder so sehr wie einer, dem Sie jemals begegnen könnten.
Es ist ein großes Glück für Sie, dass ich nett und wohlwollend und gnädig und zu oft gelangweilt bin. Sie sind Spielsteine für mich, nicht mehr – Figuren und Spieler in einem Spiel, mit dem ich mir für ein paar Wochen die Zeit vertrieben habe. Es schien recht interessant zu sein, dieses Plagen-Spiel, und das
Weitere Kostenlose Bücher