Plasma City
bitte den Strahl auf das Ziel richten? Dann würde jemand anders von uns frei.«
»Ich versuche es.« Aiah schlägt das Herz bis zum Hals. Mit gespielter Ruhe und heftig schlagendem Herzen geht sie zu einem der Pulte, schaltet das Plasma auf und legt sich den militärischen Handsender um die Handgelenke.
Mit einem Brüllen, als wäre die Hölle losgebrochen, stürmt das Plasma auf alle ihre Sinne ein. Es ist, als könnte sie sogar an ihrem Ende der Übertragungsstrecke den Krieg, den Tod und die Verzweiflung der Kämpfer spüren, die sie unterstützen soll. Vielleicht empfängt sie auch vereinzelte Eindrücke von Magiern, die an der Schlacht beteiligt sind.
»Beeilung!« Aldemars durchs Plasma verstärkter Schrei scheint sogar in Aiahs Schädel zu hallen. Aiah hat keine Zeit, sorgfältig eine Anima und einen Sinnesapparat aufzubauen. Sie springt im Geist direkt in die Schaltung hinein und nähert sich der Richtantenne auf dem Dach. Ihre Eindrücke sind unscharf und unsicher, aber sie spürt deutlich die donnernde Macht des Plasmas und sieht hier und dort grelle Blitze, als wäre das Plasma ein lebendiges Wesen, das ihr seine chaotischen Eindrücke übermittelt.
Aiah bemüht sich, das unscharfe Bild zu klären. Nach und nach stellen sich ihre Sinne auf die Umgebung ein, und sie empfängt Bilder von verblüffender Klarheit, als hätte sie eine durch Zauberkraft verstärkte optische Ausrüstung. Sie sieht Red Bolt von hinten. Die Maschine hält sich zwölf Radien über der Erde, weißer Rauch quillt aus den vier Triebwerken.
Aiah baut den Sinnesapparat neu auf, bis sie den Strahl selbst sehen kann, das gezielte Plasma, das sich golden durch den Himmel brennt und die Maschine umgibt wie eine flimmernde Aura. Kleinere, schärfer gebündelte Strahlen gehen von den Sende antennen der Maschine aus und zielen zum Boden. Sie stellt den Plasmastrahl etwas nach und stößt auf einen Widerstand, den sie erschrocken als menschliches Bewusstsein erkennt. Sie versucht sich mitzuteilen.
- Hier ist Aiah – Nein! – Lady! –, sendet sie. Ich kann den Strahl von hier aus steuern.
- Sind Sie sicher? Die Antwort kommt doppelt, einmal geistig und einmal akustisch von dem mit Sandsäcken geschützten Pult rechts neben ihr.
- Ja, kein Problem.
Es ist keine schwere Aufgabe. Red Bolt fliegt unerschüttert und schnurgerade über die endlose graue Stadt hinweg. Aiah baut ihren Sinnesapparat weiter auf, bis sie alles völlig klar erkennen kann: das Flugzeug mit der silbernen Außenhülle und dem darüber gespannten Kollektornetz, die hellen weißen Wolken weit unter sich, die goldenen Plasmafäden, die hinunter nach Caraqui zielen. Die Metropolis ist so weit entfernt, dass Aiah von hier aus nicht einmal das Meer oder die violetten Vulkankegel erkennen kann.
»Aufpassen!« Wieder ein lauter Befehl von Aldemar. »Wenn sie Tapeziertisch finden konnten, dann können sie auch Red Bolt finden!«
Und wenn sie Red Bolt finden können, denkt Aiah bei sich, dann können sie auch die Fabrik finden. Unwillkürlich tastet sie nach dem Gurt ihres Helms und zieht ihn unter dem Kinn fest.
Das Ausrichten des Plasmastrahls ist eine so langweilige Aufgabe, dass Aiah zwischendurch sogar Zeit hat, sich die Nachrichten anzusehen, die über das Kommunikationspult hereinkommen. Die unglückliche Erste Brigade wurde von Mondrays Söldnern völlig aufgerieben. Die Rebellen versuchen sich jenseits des Kanals der Märtyrer festzusetzen, über den Constantine und Aiah einmal zu ihrem Treffen mit Prinz Anarax gerast sind.
Die Meldungen der anderen Abteilungen klingen besser. Die Rebellen sind bereits in den Luftpalast eingedrungen und kämpfen sich nach oben. Einige Abteilungen haben Plasmastationen besetzt und die Sendeantennen auf die Empfänger der Rebellen gedreht. Wie die Angriffe auf Tapeziertisch gezeigt haben, sind die regierungstreuen Magier gut ausgebildet, aber sie müssen jetzt mit weniger Plasma auskommen. Als Aiah kurz zum Videoschirm schielt, sieht sie zu ihrem Erstaunen, dass sich der Gebäudekomplex der Metropolitengarde stark verändert hat – mehrere Gebäude brennen lichterloh, hohe Flammen lecken zum Himmel hinauf, während ringsherum der Kampf tobt. Panzerfahrzeuge stehen brennend auf der Zufahrtsrampe einer Brücke, die Überreste eines gescheiterten Ausfalls.
Vom Keremath-Clan selbst ist nichts zu hören und zu sehen. Keine Sendungen ans Volk, keine Appelle an die regierungstreuen Truppen, nichts … es ist, als fühlte sich niemand
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