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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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menschliche Streben als absurd, sinnlos oder verrückt dargestellt wird. Die Ballons ziehen schwankend vorbei, dick und rund und immer knapp außer Reichweite der sehnsüchtigen Kinder. Aiah schaut verstohlen zu Khorsa, betrachtet die mit Edelsteinen besetzten Talismane auf dem Turban. Die zierliche Frau hat sich auf dem Balkon ganz nach vorne gearbeitet und eins von Eldas Kindern zur Seite gezogen, damit sie besser sehen kann. Entzückt beobachtet sie die vorbeiziehenden Ballons.
    Nun ja, wenigstens scheint sie das Leben zu genießen, und damit unterscheidet sie sich erheblich von den schlitzäugigen Mitgliedern der Operation mit ihren maskenhaften Gesichtern, die Rechenmaschinen an Stelle der Herzen haben, oder von den ungeheuer dramatisch auftretenden Hexen, die ganz ohne Plasma für ein paar hundert Dalder angeblich Verwünschungen beseitigen oder mit den Vorfahren reden können.
    Nach dem Umzug will Aiah zu Esmon, aber er ist von bewundernden Verwandten umgeben und im Augenblick nicht unter vier Augen zu sprechen. Khorsa schlendert unterdessen zu einer Kühlkiste mit Bier. Aiah folgt ihr und nimmt sich auch selbst noch eins. Khorsa füllt ihr Glas nach und lächelt Aiah an.
    »Esmon scheint glücklich zu sein«, beginnt Aiah vorsichtig.
    »Das will ich doch hoffen.«
    »Bist du eine … wie nennt sich das? Eine Priesterin?«
    »Meine Schwester ist die Priesterin. Ich bin Geomantin – ich erledige die Magie, sie redet mit den Göttern.«
    »Muss man zur Schule gehen, um das zu lernen?«
    Khorsa legt eine Hand auf Aiahs Arm und lächelt.
    »Nein. Das liegt irgendwie in der Familie. Meine Mutter hat unsere Lehre begründet und meine Schwester und ich haben es geerbt.«
    »Macht die Operation euch viel Ärger?«
    Es ist, als hätte sich eine Maske vor das Gesicht gelegt.
    Khorsas Lächeln ist noch da, aber die Belustigung ist verschwunden und die Augen sind wie eine Wand aus Glas.
    »Warum fragst du das?«
    Alarmsirenen schrillen in Aiahs Kopf. »Ich weiß nicht«, sagt sie. »Ich war nur neugierig.«
    Dieser Frau, denkt sie, werde ich auf keinen Fall Plasma verkaufen.
    Khorsa sieht sie scharf an, runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf.
    »Wir halten sie draußen«, sagt sie. »Sobald man einmal unregistriertes Plasma bei ihnen kauft, haben sie einen am Haken.« Sie trinkt einen Schluck Bier und macht ein ernstes Gesicht. »Viele unserer Klien ten rekrutieren sich aus ihren Opfern. Sie wollen immer, dass wir die Herzen der Straßencapos erweichen.« Wieder schüttelt sie den Kopf. »Aber die Operation hat kein Herz.«
    »Nein«, sagt Aiah. Sie denkt an Henley. »Nein, das hat sie nicht.«
    Khorsa sieht sie schräg von der Seite an. »Warum hast du gefragt? Du interessierst dich doch eigentlich nicht für religiöse Lehren.«
    Aiah schüttelt den Kopf und lächelt. »Nein, im Augenblick wohl nicht.«
    Draußen dröhnt eine Trommel, man hört gedämpfte Hochrufe.
    »Seltsam«, sagt Khorsa. »Eine große Feier und alle freuen sich, aber im Grunde feiern wir doch die größte Tragödie in der Geschichte der Menschheit.«
    »Wirklich?«
    Khorsa hebt etwas trotzig den Kopf. »Nun ja, Senko hat versagt, oder? Er hat den Herrn der Bäume und den Prinzen der Meere besiegt, aber als er den Aufgestiegenen Meistern getrotzt hat, haben sie ihn vernichtet und den Schild über unsere Köpfe gezogen, damit wir sie nie wieder herausfordern können. Und deshalb …« Eine abfällige Geste mit der freien Hand. »Warum feiern wir dann überhaupt? Warum weinen wir nicht alle?«
    Aiah sieht sie an. »Weil wir einen Tag frei haben?«
    Khorsa lacht. »Ja, das kann sein.«
    »Vielleicht sollte ich auch etwas zur Party beitragen. Entschuldige mich bitte.«
     
    ■ ■ ■
     
    Der kleine Aufzug fährt viermal am Treppenabsatz vorbei. Jedes Mal ist er zu voll, sodass Aiah nicht mehr einsteigen kann. So geht sie zu Fuß die zwölf Stockwerke hinunter und tritt auf die Straße hinaus. An der Ecke ist ein Laden, der Schnaps und Zigaretten verkauft. Aiah muss die Straße überqueren, um ihn zu erreichen. Über ihr tummeln sich die Plasmareklamen am Himmel. Ein Stelzengänger schreitet laut brüllend vorbei und klopft sich auf die Brust, ein Schwanz aus Schaumstoff pendelt hinter ihm. Ein paar Verdrehte tanzen an der Ecke zur Musik, die von einem Gerüst dröhnt … sie sind klein und haben eine haarlose, glitschige Haut. Es läuft Aiah kalt den Rücken hinunter. Diese Sorte von genetisch Veränderten kennt sie noch nicht.
    Aiah kauft einen

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