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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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mitgenommen?«
    Aiah sieht sie böse an. »Nein«, sagt sie. »Habe ich nicht.«
    »Hoffentlich weißt du auch, was du da tust. So einen Trick abzuziehen, du meine Güte! Wenn du erwischt wirst, wie du der Passu -Regierung etwas stiehlst, wird man es dir heimzahlen.« Ihre Mutter hebt die Stimme, damit es möglichst alle auf dem Balkon hören. Aiah spricht leise und beinahe flüsternd und hofft, dass ihre Mutter ihrem Beispiel folgt.
    »Das ist kein Trick. Ich tue einfach nur jemandem einen Gefallen. Nun mach nicht so ein Theater.«
    Gurrah übertönt jetzt sogar noch den Lärm der Parade. »Ich soll kein Theater machen?«, brüllt sie. »Meine Tochter findet einen Weg heraus, wie man die Zähler manipuliert und verkauft Plasma, und ich soll mir keine Gedanken machen? Ich …«
    »Vielen Dank«, brüllt Aiah zurück, »dass du allen eingeredet hast, ich wäre eine Diebin.«
    Sie dreht sich um, marschiert in die Wohnung und lässt sich aufs freie Sofa fallen. Ihr Puls pocht im Kopf wie ein überdrehter Motor. Aus dem Augenwinkel beobachtet sie, wie Gurrah sich aufrafft und einen Ausdruck aufsetzt, als wäre sie tödlich beleidigt worden. Dann wechselt der Ausdruck, und sie scheint zu zweifeln. Womöglich dämmert ihr allmählich, dass ihre Tochter vielleicht doch keine Diebin ist. Sie scheint besorgt und fragt sich, ob sie vielleicht etwas übersehen hat.
    Zu spät, denkt Aiah. Verdammt, es ist zu spät!
    Die Verwandten, die Aiah sehen kann, wechseln wissende Blicke. Sie hasst es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und mit neugierigen Fragen, Mitleid oder Spekulationen oder was auch immer behelligt zu werden. Sie springt wieder auf, geht zur Kühlbox und nimmt sich noch ein Bier.
    Vielleicht ist es Zeit zu gehen.
    Sie schnappt sich den Beutel und läuft zum Flur hinaus. Es ist beinahe ein Wunder, aber der Aufzug ist frei und scheint nur auf sie zu warten. Sie fährt hinunter. Die letzten Mörder sind gerade vorbei, und die Anwohner drängen hinter ihnen auf die Straße. Aiah lässt sich mit ihnen treiben. Sie kauft an der Ecke bei einem fliegenden Händler ein Sandwich. Im Nährtank gezogene Shrimps, perfekt gewürzt und direkt vom Grill. Als sie aufgegessen hat, beginnt bereits die Parade der Delphine, angeführt von einem riesigen, aus rotem Fiberglas gebauten Floß, auf dem King Crab sitzt und fröhlich mit den Scheren winkt. Leute, die sich als Fische oder Krustentiere verkleidet haben, tanzen vorbei. Ein Videoschauspieler übernimmt dieses Jahr die Rolle des Herrn der Delphine. Aiah weiß, dass er berühmt ist, aber sie erinnert sich nicht an den Namen. Er steht auf seinem Floß und wirft kleine Geschenke in die Menge – billige Plastikpuzzles, Pfeifen, Chips und Spielzeugtrommeln.
    Aiah trinkt das Bier aus und lässt sich von der Menge mitreißen. Ein Stelzengänger bietet ihr aus seiner Weinflasche zu trinken an. Die Griffins und Jaspeeri marschieren vorbei – Letztere sind eine Varietenummer, denn es sind in Wirklichkeit Barkazil, die sich als Jaspeeri verkleidet haben und deren übertriebenen Ernst und das steife Gehabe nachäffen. Über die Aktentaschenschläger lacht sie, bis sie Seitenstiche bekommt: Männer in grauen Anzügen, aus denen überall dicke Rüschen hervorquellen, jagen einander kreuz und quer durch die Gegend und schlagen mit den Aktentaschen aufeinander ein. Über ihnen drängeln sich patriotische Botschaften und grelle Reklametafeln am Himmel.
    Sie schlendert in eine Bar, isst ein paar Brotchips und sieht den Leuten zu, die sich Getränke bestellen. Videoschirme zeigen außergewöhnliche Umzüge auf der ganzen Welt. Draußen marschiert die nächste Prozession vorbei, während sie es sich in der Bar gut gehen lässt. Sie fühlt sich so gut wie seit Jahren nicht mehr – wenn sie schon ins Gefängnis muss, dann will sie das Leben wenigstens noch genießen, so lange es geht.
    Aiah verlässt die Bar und steht draußen bis zu den Fußgelenken im Müll. Als sie weitergeht, kleben die Schuhsohlen auf dem Gehweg. Musik dröhnt aus einem Kellerclub, die Schlange vor der Tür ist nicht sehr lang, und Aiah stellt sich an. Es gibt ein Sonderangebot, irgendein neuer Cocktail, zwei Getränke zum Preis von einem. Sie bestellt und betritt die Tanzfläche.
    Die Band spielt einen sauberen Groove, die Musiker schwitzen heftiger als die Betonwände des Kellers. Nach zwei Tänzen kehrt Aiah an ihren Tisch zurück, wo die Drinks bereits auf sie warten. Sie nippt daran, wird zum Tanzen aufgefordert und

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