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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Karton Dosenbier zu einem deutlich erhöhten Feiertagspreis und eine große Plastiktüte mit gesalzenen Garnelenchips. Während sie in der langen Schlange hinter ein paar Treppenturnerinnen aus der Gegend steht, hört sie draußen das Poltern und Krachen der Mörderparade.
    Sie folgt den Mädchen nach draußen. Die Polizei räumt gerade die Straße. Aiah geht rasch auf die andere Seite hinüber und sieht Charduq den Einsiedler auf seinem Masten vor dem alten Barkazi Savings Institute sitzen. Erinnerungen steigen auf. Sie hat angenommen, der alte Mann wäre schon vor Jahren gestorben. Sie winkt und ruft.
    »Hallo, Charduq! Erinnerst du dich an mich?«
    Die Augen des alten Mannes blitzen tief in den Höhlen. Er hat eine Glatze und einen langen Bart, der ihm bis auf den Schoß reicht. Die nackte Haut ist dunkelbraun, weil er ständig dem Schildlicht ausgesetzt ist. Er lebt ausschließlich von dem, was die Leute ihm in den Plastikeimer werfen, den er an einem Seil herunterlässt. Er hockt auf einer der Ziersäulen vor der Bank, so lange Aiah sich erinnern kann.
    »Hi, Miss Aiah!«, ruft der alte Mann. »Du hast deinen alten Freund ja seit Jahren nicht mehr besucht. Was verheimlichst du mir?«
    »Ich habe meinen Abschluss gemacht und einen Job bei der Plasmabehörde bekommen«, ruft Aiah hinauf.
    »Und du lebst mit einem Langnasen-Liebsten zusammen, wie ich hörte. Ist er wenigstens reich?«
    Aiah lächelt. Alle, die hier wohnen, bleiben stehen und wechseln ein paar Worte, wenn sie vorbeikommen. Früher oder später erfährt er alles. Angeblich meditiert der Einsiedler über das All, aber in Wirklichkeit ist er weit und breit die beste Quelle für Klatsch und Tratsch.
    »Nein«, sagt Aiah. »Reich ist er nicht.«
    »Was nützt er dir dann?« Charduq klopft auf die Nachbarsäule. »Komm doch rauf, meine Liebe. Zieh dich aus und lebe mit mir. Ich habe meine Potenz seit Jahren aufgespart und kann dich glücklicher machen als jeder Jaspeeri-Passu!« Der Einsiedler kichert und steckt den Zeigefinger durch den Ring aus Zeigefinger und Daumen, den er mit der anderen Hand gebildet hat. Aiah muss schallend lachen. Sie nimmt ein Bier aus der Packung und legt es in den Opfereimer des alten Mannes.
    »Du hast zu lange auf der Säule gesessen«, sagt sie. »Wenn du ein Mädchen willst, solltest du dir besser den Bart abschneiden und dir einen schönen Job besorgen.«
    »Du würdest dich wundern, wie viele Mädchen mir den Bart kraulen wollen.« Charduq zwinkert und zieht das Seil mit dem Eimer hoch. Er hat noch einen zweiten Eimer, mit dem zweimal täglich die Abfälle entsorgt werden. Es ist die Aufgabe des jeweils jüngsten Bankangestellten, den Eimer regelmäßig zu leeren, damit es auf dem Gehweg nicht stinkt.
    Aiah winkt zum Abschied und drängt sich durch die Menge. Die Mörder marschieren im Schatten riesiger, zufrieden dreinschauender Ballons vorbei, auf denen prominente Zeitgenossen und Politiker abgebildet sind – natürlich alle mit Dolchen, Pfeilen oder Beilen misshandelt. Aiah erkennt Tuphar, Gullimath den Fußballspieler, Gargelius Enchuk und natürlich Constantine, der anscheinend überrascht das Gesicht verzieht, weil er ein paar Dolche im Rücken hat.
    Constantine, denkt sie. Sie hält mitten im Schritt inne. Aber natürlich!
    Sie tanzt durch die Menge, und da der Aufzug dieses Mal überhaupt nicht kommt, steigt sie zu Fuß die Treppe zu Eldas Wohnung hinauf. Als sie oben ist, läuft ihr der Schweiß in Bächen über die Haut, und der Atem geht wie ein Blasebalg. Sie nimmt eine kalte Bierdose aus der Packung und drückt sie sich auf die Stirn. Die Kälte tut gut. Dann trinkt sie die Dose aus.
    Sie geht wieder aufs Balkon-Gerüst hinaus und bleibt hinter ihrer Mutter stehen. Die Parade der Mörder ist zur Hälfte vorüber. Einer der Ballons ist schlapp und verliert Sauerstoff. Er sieht aus, als wäre er tatsächlich von einem Plastikdolch durchbohrt worden.
    Gurrah dreht sich um und sieht Aiah über die Schulter an. »Willst du der Hexe das Plasma verkaufen?«
    Einige Verwandte drehen sich um und starren sie an. Aiah errötet. »Hast du etwa in meinen Beutel geguckt?«
    Gurrah hebt die Stimme, um sich zu rechtfertigen. »Ich dachte, da wäre vielleicht was zu essen drin. Ich wollte doch nicht, dass es schlecht wird.«
    »Yeah«, sagt Aiah. »Ich verstecke das Essen nämlich immer hinter dem Sofa.«
    »Hast du Khorsa das Zeug verkauft?«
    »Nein. Ich verkaufe überhaupt nichts.«
    »Woher hast du es? Von der Arbeit

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