Plasma City
gekrümmten Wänden bewegt sich ein abstraktes Mosaik, ebenfalls in Gold und Schwarz gehalten. Es erweckt den Eindruck, man würde in einen Tunnel unter dem Meer wandern. Am Ende des Gangs steht ein Empfangstisch, an dem eine hübsche Jaspeeri-Frau Wache hält. Sie trägt eine honigfarbene weiche Wolljacke und lächelt freundlich, während sie Aiahs Ausweise überprüft. »Aufzuggruppe vier, bitte«, sagt sie. Sie drückt unter dem Tisch auf einen verborgenen Knopf und wieder öffnen sich mit Goldfarbe geschmückte Türen.
»Ich heiße Aiah. Ich bin eine Angestellte der Plasmakontrollbehörde. Ich möchte mit Metropolit Constantine über seinen Plasmaverbrauch sprechen …«
Die Kacheln im Flur, der zum Aufzug führt, sind mit geomantischen Symbolen verziert. Über die Spiegel an den Wänden ziehen sich metallisch glänzende schwarze Streifen. Die Aufzugtüren bestehen aus makellos poliertem Messing und spiegeln ebenfalls die Umgebung. Aiahs Knie knicken ein wenig ein, als der Aufzug sie rasch nach oben trägt.
»Ja, ich werde mit seiner Assistentin Sorya sprechen, wenn Sie das für richtig halten, aber ich brauche dennoch einen Termin mit Metropolit Constantine persönlich …«
Der Aufzug schwankt ein wenig, während er nach oben fährt. Wie alles andere im Gebäude ist auch der Aufzugschacht nicht völlig gerade gebaut. Die leicht gekrümmte Bauweise hilft, die Energie zu sammeln. Man muss sehr genau planen und präzise bauen und einige Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen, aber diese Unbequemlichkeiten spielen für die Bewohner, die Plasma zum Frühstück essen, wahrscheinlich keine Rolle.
»Ja, Madame Sorya, ich kann Ihnen eine Rückrufnummer geben. Mein Büro ist im Gebäude der Plasmabehörde in der Avenue ofthe Exchange. Meine Durchwahl ist 4301.«
Aiahs Magen hebt sich ein wenig, als der Aufzug hält. Sie taumelt einen Moment, ehe sie das Gleichgewicht wiederfindet. Lautlos gleiten die glänzenden Messingtüren auf. Zwei Männer stehen draußen im Vorraum. Makellose Rüschen, ausgebeulte Anzugjacken, höfliche und aufmerksame Gesichter. Die Augen sind scharf und hart.
Aiah zeigt ihnen ihren Ausweis. »Aiah«, sagt sie. »Von der Plasmabehörde.«
Einer von ihnen hebt einen Metalldetektor. »Sie haben doch nichts gegen eine Durchsuchung?«
Aiah bemerkt, dass sie unwillkürlich den Atem angehalten hat. Sie verlässt den Aufzug und betritt den lang gestreckten Vorraum. Die Absätze der Stiefel klicken auf den bronzefarbenen und schwarzen Kacheln. Sie hält einem der Männer ihre Aktentasche hin, tritt einen Schritt zur Seite und streckt die Arme aus.
»Madame Sorya, ich habe die Unterlagen des Metropoliten über seinen Plasmaverbrauch durchgesehen. Ich glaube, mit einem unserer Nutzungspläne könnte er zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent seiner Plasmarechnung einsparen, aber ich müsste es ihm persönlich erklären …«
Der Metalldetektor schlägt an, als er über Aiahs Gürtelschnalle und die Reißverschlüsse und den billigen Metalltalisman gezogen wird. Etwas verlegen zieht sie ihn aus dem Kragen. Der zweite Wächter sieht höflich zu, wirft einen Blick in Aiahs Aktentasche und findet nichts außer Papieren.
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen?«
Der Vorraum ist verspiegelt, einige Tische mit Stühlen und Kristallvasen voll frischer Blumen stehen hier. Aiah betrachtet sich kurz im Spiegel, rückt die Rüschen vor dem Hals und an den Ärmeln zurecht. Sie will einen ganz bestimmten Eindruck erwecken – eine erfolgreiche Frau, geschäftsmäßig und Herrin der Lage. Sie trägt einen Anzug aus grauer Wolle von hervorragendem Schnitt. Das teuerste Kleidungsstück, das Aiah je gekauft hat, natürlich auf Kredit. Sie hat sich zwei Tage frei genommen, weil sie einkaufen und Nachforschungen anstellen wollte. Einige Stunden hat sie in einem Cafe verbracht, das einen schwarz-roten Wire -Aufkleber hatte. Sie hat einen Haufen Münzen in den Apparat gesteckt und alle greifbaren Informationen über Constantine abgerufen. Sie hat sich alles ausgedruckt und die Folien angestarrt, bis ihre Augen zu tränen begannen. Überrascht war sie über sein Alter, denn er ist schon über sechzig, sieht aber höchstens wie Mitte dreißig aus. So geht das, wenn man inmitten von Plasma lebt, denkt Aiah.
Er war nicht untätig, seit er den Krieg in Cheloki verloren hat. Er berät seitdem Regierungen. Angeblich hatte er die Finger in einigen Kriegen und Revolten hier und dort, allerdings gewöhnlich auf der Seite derer, die
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