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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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der nächsten Ecke findet sie ein Taxi und lässt sich nach Mudki fahren, einem Finanz- und Geschäftsviertel in der Nähe. Eine Seite ihres Gesichts ist geschwollen, aber sie dreht sich zur Seite, damit der Fahrer es nicht sieht. Die Station der Transit Authority ist ein Gewirr von mehreren einander kreuzenden Trackline- und Pneuma-Linien. Die Station ist rund um die Uhr geöffnet, und dort herrscht genug Verkehr, damit sie einfach verschwinden kann. Mit der Red Line bis zur New Central Line und von dort aus nach Hause.
    Die Spuren verwischen. Wenigstens funktioniert ihr Verstand noch einigermaßen normal. Wenn die Behörden nicht gerade einen Plasmahund auf sie ansetzen, müsste sie eigentlich davonkommen.
    Anders wird es aussehen, wenn sie zum Terminal zurückkehrt. Dort werden jetzt Leute nach ihr suchen, die nicht besonders gut auf sie zu sprechen sind.
    Als sie in Mudki ankommt, zittert sie heftig und kippt vor Aufregung ihr Wechselgeld auf den Boden des Taxis. Sie bückt sich, hebt es auf und schiebt es über die breite Theke nach vorn zum Fahrer. Während sie zwischen den mächtigen Bürobauten in Mudki entlangläuft, schiebt sie eine Hand in den Beutel, um sich eine Prise Plasma zu gönnen. Sie will das Adrenalin verbrennen, die flüssige Angst, die wie Säure durch ihre Adern rinnt.
    Das Plasma hilft ihr, wieder klar zu denken. Als der Wagen der Red Line mit einem Ruck anfährt, plant Aiah bereits mit kühlem Kopf ihr weiteres Vorgehen. Sie muss einen Weg finden, unauffällig zum Terminal zurückzukehren und allen Leuten aus dem Weg zu gehen, die sie erkennen könnten.
    Ja, das ließe sich machen. Und wenn sie etwas Glück hat, muss sie es nur ein einziges Mal tun.
    Die kühle Gelassenheit hält sich, bis sie daheim ist und das gelbe Licht auf der Kommunikationsanlage sieht. Sie drückt auf den Abspielknopf, hört das Band anlaufen und den Tonkopf knirschen, dessen Mechanik sie immer noch nicht geölt hat, und dann dringt Gils Stimme aus dem Apparat. Im Hintergrund ist Lärm, Getöse und laute Musik zu hören. Gils Stimme klingt verwirrt und verzagt.
    »Ich rufe aus einer Bar an. Ich weiß auch nicht warum, denn es kostet ein Vermögen … aber ich vermisse dich so sehr, dass ich es einfach nicht mehr aushalte, und das wollte ich dir sagen …«
    Jetzt, in der Stille ihres schwarzen Glasturms, fühlt Aiah sich frei und unbeobachtet und kann endlich zusammenbrechen.

 
     
     

     
    Am nächsten Tag kann Aiah sich kaum bewegen. Eine Seite ihres Gesichts fühlt sich unförmig an, als würde es nicht zu ihr gehören. Die Schmerzen erinnern sie allerdings rasch daran, dass dem nicht so ist. Dunkelblaue Prellungen sind auf dem ganzen Körper aufgeblüht, die Rippen kommen ihr vor, als wären sie ein paar Zentimeter nach links verschoben. Wenn sie zu gehen versucht, schießt ein scharfer Schmerz durch ihr Bein. Sie zieht den Strumpf aus und stellt fest, dass jemand ihr auf den rechten Fuß getreten hat. Zwei Zehen sind geschwollen und schwarz, die Nägel gebrochen. Sie weiß nicht einmal mehr, dass es überhaupt passiert ist. Sie glaubt nicht, dass die Knochen gebrochen sind, aber ganz sicher ist sie nicht.
    Aiah humpelt ins Bad. Sie kann sich kaum ansehen, sie fühlt sich wie eine Verdrehte, eine Angehörige des grotesk verwachsenen Volks. Dann erinnert sie sich, dass sie heute schon vor der Mittelpause ihren Trupp durch die Tunnel unter der Old Parade führen soll.
    Aiah humpelt zu den Plasmabatterien, kehrt zum Spiegel zurück, zögert. Sie hat Bedenken, einen größeren Eingriff vorzunehmen und eine echte physische Veränderung durchzuführen.
    Wie sind die Verdrehten so verdreht geworden? Einige von ihnen wahrscheinlich auf genau diese Weise.
    Aber andererseits ist das Heilen eine sehr verbreitete Plasma-Kunst. Wie viel Begabung braucht man dazu?
    Aiah legt eine Hand auf die Batterie und als sie die Energie spürt, fühlt sie sich sofort besser. Sie hebt den metallenen Talisman an die Wange, drückt ihn leicht auf die verletzte Haut. Sie versucht, die Struktur in sich eindringen zu lassen und das Gewebe zum Abheilen zu bringen, die Blutergüsse aus dem zerquetschten Gewebe zu drängen. Das mumifizierte Gesicht der Plasmataucherin fällt ihr ein, aber sie schiebt es energisch weg. Langsam, denkt sie. Nur langsam.
    Die Batterie ist leer, als sie halb fertig ist. Aiah schaut sich an. Die Schwellung ist deutlich zurückgegangen, die blaue Prellung ist heller geworden. Anscheinend ist sie auf dem richtigen

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