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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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Tot? Oder versteckte sie sich nur? Die Familie hatte zweimal das Ende der Welt erlebt und war immer noch grimmig entschlossen, sich nach Norden durchzukämpfen. Cam wollte den Leuten nicht noch mehr Schmerzen zufügen. Er hatte das schon mehrfach erlebt – dieses Gefühl, in einen Spiegel zu starren. Er verdankte es einer wirren Verkettung von Glück und Zufall, dass er sich auf der anderen Seite befand, gut genährt, in Uniform und bewaffnet.
    »Gehen Sie – bitte!« Cam war versucht, ein paar Konserven vom Rücksitz des Jeeps zu holen, als Foshtomi hinzufügte: »Du kannst dem Herrgott danken, Mann, dass ich dir nicht die Eingeweide aus dem Leib gepustet habe!«
    Foshtomi starrte den drei Gestalten wütend nach, bis sie verschwunden waren. Aber sie zitterte, und Cam lächelte in sich hinein. Selbst unter den mutigen Männern und Frauen, die sich bereit erklärt hatten, Grand Lake zu verlassen, stach diese kleine Ranger-Angehörige hervor. Wie so viele Kämpfer, die überlebt hatten, besaß Foshtomi bestimmte Eigenschaften. Als einzige Frau in ihrem Trupp wirkte sie manchmal grob, ja sogar herzlos, fast als wollte sie kompensieren, dass sie so klein war. Aber Foshtomi war auch klug, tatkräftig und zäh. Tatsächlich erinnerte sie Cam genau wie Allison oft an Ruth, nur dass sein Verhältnis zu Sarah Foshtomi unkompliziert und neu war.
    Die Beziehung zu Allison hatte ihn verändert. Das Bild, das er von sich selbst hatte, war immer noch wacklig, aber sein Selbstvertrauen nahm allmählich zu. Er war nicht mehr so verbittert und ängstlich. Vielleicht hätte er es sein sollen. Er hatte die ersten zögernden Schritte in Richtung eines normalen Lebens getan, nur um es wieder aufzugeben. Allison war in Grand Lake geblieben – was ihr nicht zu verdenken war. Sie hatte andere Verpflichtungen. Er aber hatte erkannt, dass sein Platz hier war.
    Er suchte Ruth abends im Camp gezielt auf. Sie schaute von ihren Karten auf. Cam ließ seine Blicke nach rechts und links schweifen, als stünde er auf einer Bühne. Die drei Jeeps bildeten ein offenes Dreieck mit Schusspositionen an jeder Ecke, inmitten einer lang gestreckten Hangfläche, auf der niedriges Strauchwerk zwischen Felsblöcken wuchs. Der Raum, den sie umschlossen, wies an seiner breitesten Stelle nicht mehr als zehn Meter Durchmesser auf. Zwölf Menschen mussten da eng zusammenrücken, auch wenn die meisten an den Kanonen saßen oder sich in ihre Schlafsäcke verkrochen hatten. Cam sah, dass ihn Captain Park und ein anderer Mann beobachteten.
    Die Ranger waren neugierig. Sie hatten ihr Leben für Ruth aufs Spiel gesetzt und wussten nicht genau, was Cam mit ihr verband. Offensichtlich war nur, dass er voll auf Ruths Seite stand – auch wenn er ihre Uniform trug und ihren Pflichteid geschworen hatte. Cam war nur dem Titel nach ein Ranger. Noch wusste er nicht genau, wie man einen M4-Karabiner zerlegte und reinigte. Etwas besser vertraut war er mit dem älteren M16-Sturmgewehr, das Newcombe und die Soldaten von Leadville benutzt hatten, doch obwohl sich die beiden Modelle sehr ähnlich waren, hatte Cam nie mit einer dieser Waffen trainiert. Der Unterschied war ungeahnt. Das Pestjahr hatte das Militär gezwungen, auf alte Ausrüstungsbestände zurückzugreifen, aber es überraschte Cam, dass zumindest die Rebellenkämpfer von Grand Lake besser bewaffnet waren als die Soldaten in der Hauptstadt.
    Die meisten Ranger waren so freundlich wie Foshtomi und erklärten ihm bereitwillig den Umgang mit der Waffe. Aber sie fragten sich, wie er in das Puzzle passte. Das hätte er selbst auch gern gewusst.
    Ruths Blick verriet Vorsicht, auch wenn sie dieses Gefühl mit einem Lächeln zu kaschieren versuchte. »Hi«, sagte sie.
    »Wie geht’s?« Cam warf einen Blick auf den zerfledderten Stapel von Notizen, der sich vor ihr auftürmte, und kauerte sich jenseits dieser Schranke hin.
    Ruth begann den Papierwust zu ordnen. Sie schien froh darum, ihn nicht anschauen zu müssen. »Wir besitzen noch keine neuen Erkenntnisse«, sagte sie und deutete auf die Landkarte.
    Das hatte er mit seiner Frage nicht gemeint, aber er nickte.
    Ruth schüttelte den Kopf. »Ich hatte eigentlich auch nicht damit gerechnet. Dafür reicht der Umfang der Tests nicht aus.«
    »Das kommt noch.«
    Es war ein langer, prächtiger Sonnenuntergang, wie man ihn nur in Höhenlagen fand. Ihr Haar leuchtete im Abendlicht, und als sie aufschaute, waren ihre braunen Augen dunkel, schön und überaus ernst.
    Sie verdiente

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