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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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hatten endlich ein Boot gefunden, noch vor Sonnenuntergang, aber vierzig Minuten auf der Suche nach einem Fahrzeug verbracht, mit dem man es befördern konnte. Die Fahrt mit dem Truck durch die Ruinen hatte sie eine weitere Stunde gekostet. Bis dahin war es dämmerig, und Cam schlug vor, dass zwei von ihnen auf der Ladefläche schlafen sollten, während der Dritte Wache hielt. Die hohen Räder waren so gut wie Stelzen, und sie hatten die Straße unter dem Fahrzeug mit Benzin getränkt, für den Fall, dass Ameisen oder Spinnen sie als Beute betrachteten.
    »Was ... ?«, begann Newcombe, aber er unterbrach sich und starrte seine in dicken Handschuhen steckenden Finger an. »Gott!«
    Er spürte es auch.
    »Wir sind an einem Nano-Herd!«, rief Ruth und stieß sich den gebrochenen Arm an, als sie erneut aufzustehen versuchte. »Cam? Cam, wo sind Sie? Wir müssen weg von hier!«
    Ein weißer Lichtstrahl drang aus dem Innern des langen, schmalen Fischerboots, das auf seinem Anhänger geparkt war, und zerschnitt das Dunkel. Er schwenkte höher und prallte von der hell gestrichenen Bootswand ab. »Langsam«, sagte er. »Nur keine Panik!«
    »Wir können nicht ...«
    »Keine Sorge, wir brechen gleich auf. Haben Sie Ihren Rucksack? Newcombe? Wir übergießen uns am besten noch einmal mit Benzin. Wer weiß, was hier noch alles so wach ist...«
    Seine besonnene Art hätte Ruth helfen sollen, die Beherrschung wiederzufinden. Er hatte recht. Es war zu gefährlich, blindlings in die Nacht hinauszurennen, aber die Schmerzen waren schlimm und nahmen stetig zu, und mit jedem Atemzug bekamen sie mehr Nanobots in die Lungen.
    Ihre Skianzüge schützten zwar vor Schnee und Kälte, aber gegen die Maschinenpest konnten weder Anoraks noch Brillen oder Stoffmasken viel ausrichten. Genau genommen nützten die Masken sogar überhaupt nichts. Sie sollten den direkten Hautkontakt mit den Nanos vermindern, aber das war ein aussichtsloses Unterfangen. Tausende der mikroskopisch kleinen Teilchen bedeckten jeden Quadratmeter, hier als dichte Schwaden, dort als spärlicher Film. Mit jedem Schritt stoben gewaltige Wolken auf, aber selbst wenn sie sich nicht von der Stelle gerührt hätten, wäre das keine Hilfe gewesen. Sie befanden sich tief in einem unsichtbaren Ozean. Nanos hüllten den gesamten Planeten ein, verteilten sich mit den Luftströmungen und bildeten hier auf Meereshöhe vermutlich die stärksten Ansammlungen. Sicher wirbelte der Wind sie gelegentlich auf und vertrieb sie, aber Regenwasser und die Schwerkraft holten die subatomaren Partikel immer wieder in die Tiefe. Newcombe hatte kein Wasser trinken wollen, da er glaubte, es sei mit Bakterien verseucht. Aber selbst nach einer Behandlung mit Reinigertabletten hätte ihm Ruth davon abgeraten, da die Küstengegend mit am stärksten von der Maschinenpest betroffen sein musste.
    Ihr einziger echter Schutz war der Impf-Nano. Doch er konnte außer Kraft gesetzt werden. Im Idealfall würde er jeden Pest-Nano zerstören, sobald er in ihre Haut oder Lungen eindrang. Tatsächlich aber war seine Fähigkeit, die Invasoren anzugreifen, sehr begrenzt. Am besten wirkte er noch gegen aktive Infektionen. Das war ein Problem. Wurde ein Pest-Nano inhaliert oder sonst wie von einem Wirtskörper absorbiert, benötigte er Minuten oder gar Stunden bis zur seiner Reaktivierung, und in dieser Zeit konnte er weiter wandern, als man sich gemeinhin vorstellte. Ein Mensch bestand aus einem ungeheuer verzweigten Aderngeflecht und Gewebenetz, aus Muskeln und Organen – und sobald sich die Pestmaschinen zu vermehren begannen, erwies sich das Uhrwerk des Körpers als Schwachstelle, weil es sie überallhin verteilte.
    Der Impfstoff war nicht so aggressiv. Das konnte er gar nicht sein. Er war nur dann in der Lage, sich zu vermehren, wenn er seinen Rivalen zerstückelte. Andernfalls hätte er sich zu einer neuen Maschinenseuche entwickelt. Ruth hatte ihn so entworfen, dass er die einmalige Struktur der Wärmekraftmaschine erkannte, die sie gemeinsam hatten, und ihn befähigt, den Bruchteil einer Wärmekalorie aufzuspüren, den die Pest-Nanos freisetzten, sobald sie mehr von ihrer Sorte nachbauten. Aber der Impf-Nano hinkte ständig hinter seinem Bruder her. Er war immer derjenige, der reagierte. Er war kleiner und schneller als seine Beute, er konnte sie auslöschen – aber erst nach der Verfolgungsjagd.
    In gewisser Hinsicht war es ein Glück, dass die Pest-Nanos dazu neigten, die Schwachstellen des Körpers zuerst

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