Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson

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Ausgangsposition des Senators zu verbessern. Schon jetzt hatten Kendricks und Schraeder zwei der heiß begehrten sieben Sitze im Rat des Präsidenten inne, und Ulinow hegte den Verdacht, dass man dieses Gremium soeben auf vier oder fünf Leute reduziert hatte. Bei den früheren Unterredungen hatte er alle Berater getroffen, doch seit zwei Tagen war das anders.
    Kendricks war geschickt und opportunistisch, und hinter der Maske des lässigen Cowboys verbarg sich ein messerscharfer Verstand. Der Mann ist wie ein Bär, dachte Ulinow. Hat vor nichts Angst und ist immer hungrig.
    Wie kann ich diese Eigenschaften gegen ihn verwenden?
    »Nun, alles deutet darauf hin, dass es eng für uns wird«, sagte Kendricks schließlich. Er klopfte mit den Knöcheln auf die Schreibtischplatte und wies dann auf Schraeder. »Deshalb können wir es uns gegenwärtig nicht leisten, Ihnen die gewünschten Flugzeuge zur Verfügung zu stellen.«
    »Die Lage ist sicher schwierig«, stimmte ihm Ulinow höflich zu.
    »Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass es zu unserem eigenen Vorteil wäre, Ihrem Volk dort drüben auf dem Kontinent unter die Arme zu greifen«, fuhr Kendricks fort und presste die Fingerspitzen aneinander. »Die Frage ist nur, wie viele Maschinen wir für diese Aufgabe freistellen können. Wie viele und zu welchem Zeitpunkt.«
    Diesmal nickte Ulinow nur. Er kämpfte gegen seinen Unmut an. Will er, dass ich ihn auf Knien anflehe?
    Er hatte das kommen sehen. Bereits vor zwei Tagen hatte der Senator Ulinow zu sich bestellt, ihm einen Vortrag über die Probleme des Rebellenaufstands gehalten und deutlich zu verstehen gegeben, dass sich ihre Abmachungen nicht mehr halten ließen. Dabei war der amerikanische Bürgerkrieg eine Lappalie im Vergleich zu dem, was sein Volk durchmachte.
    Ulinows Heimat war fast gänzlich aufgegeben. Selbst die höchsten Gipfel des Ural-Gebirges waren keine zweitausend Meter hoch. Darüber hinaus besaß Russland nur eine Handvoll eisbedeckter Berge in unmittelbarer Nähe der chinesischen und mongolischen Grenzen sowie ein paar schmale sichere Zonen im tiefsten Sibirien und entlang des Beringmeers. Von den ersten Berichten aus Kalifornien bis zu dem Moment, da die Maschinenpest über Europa hereinbrach, war den Russen kaum ein Monat Zeit geblieben, die gesamte Bevölkerung umzusiedeln – im Wettlauf mit Dutzenden anderer Nationen, die ebenfalls Anspruch auf die Höhenlagen erhoben.
    Erstmals brachte die globale Erderwärmung, die einige Zeit zuvor eingesetzt hatte, der Menschheit auch einen Nutzen. Manches deutete darauf hin, dass dieser Trend zumindest teilweise natürliche Ursachen hatte – etwa Vulkanausbrüche und der stete Wechsel zwischen Warmperioden und Eiszeiten. Aber acht Jahrzehnte nach dem größten Bevölkerungswachstum, das die Welt je erlebt hatte, war das Gleichgewicht der Atmosphäre durch die Gigatonnen von Rauch und Abgasen, die alljährlich in den Äther gepustet wurden, endgültig gekippt.
    Es waren die höchsten Regionen des Planeten, die diese Entwicklung zuerst spürten. Zwar gab es immer noch Kältespitzen, doch gegen Ende der 1990er-Jahre hatte sich das Klima so augenfällig verändert, dass niemand mehr den Wandel leugnen konnte. Aus Schneefall wurde Regen. Dauerfrostboden begann zu tauen. Auch die Zahl der Erdrutsche und Überschwemmungen nahm zu. Doch die Beschleunigung des Treibhaus-Effekts entschied im Pestjahr den Wettlauf zwischen Leben und Tod. Die Erwärmung schuf zusätzlichen Raum für die Davongekommenen, selbst wenn sich die Grenzen alljährlich nur um ein paar Meter verschoben.
    Die Völker Europas kämpften um die Alpen. China und Indien schwappten in gewaltigen Fluten über den zentralen Himalaya hinweg. Es gab auch sichere Gebiete im Iran, ein Staat, zu dem Russland enge wirtschaftliche und politische Beziehungen unterhielt. Aber die Iraner zündeten vierzehn sogenannte Schmutzige Bomben entlang ihrer Grenzen, um ihre arabischen Nachbarn abzuschrecken. Leider wehte der Wind zu diesem Zeitpunkt in die falsche Richtung. Der Fallout verstrahlte einen Großteil des iranischen Hochlands, und zwar in einer Dosis, die nicht sofort, aber auf lange Sicht tödlich wirkte.
    Die Russen flohen in die Gebirgsketten Afghanistans und des Kaukasus, einer steil aufragenden Barriere zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer. In beiden Regionen trafen sie auf Flüchtlingshorden aus dem Nahen Osten, die ihnen zahlenmäßig weit überlegen waren, aber längst nicht ihre