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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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militärische Ausrüstung besaßen. Doch der Vorteil währte nicht lange. Ohne zuverlässige Wartung, ohne Nachschub und ohne Treibstoff nützte die Luftüberlegenheit praktisch nichts. Auch die Panzer und die Artillerie der Russen nutzten sich ab. An manchen Fronten wurde der unerbittliche Landkrieg bereits mit Felsbrocken und Messern geführt, und die Moslems bekamen aufgrund ihrer Anzahl rasch das Übergewicht.
    Die Verhandlungen mit den Amerikanern hatten vor Monaten begonnen, noch mitten im Winter. Allen war klar, was das Frühlingstauwetter bringen würde – neue Kämpfe, neuen Horror –, und die Russen waren nicht nur ungünstig verteilt, sondern obendrein von allen Seiten umzingelt. Aber sie hatten einen Ausweg gefunden. Sollten sich doch die Afghanen, Tschetschenen, Türken, Kurden, Jordanier, Syrer, Libanesen, Palästinenser und Iraker gegenseitig zerfleischen! Die Russen hatten Indien ihre Veteranen-Armeen angeboten, im Tausch gegen einen schmalen Landstreifen im Himalaya, der eine Pufferzone gegen die Chinesen bildete.
    Das allein würde brutale Kämpfe nach sich ziehen, aber mit nur einer Front anstelle von zwanzig Gegnern. Sie hofften, eine Pattsituation zu schaffen, eine Art Kalten Krieg mit festgeschriebenen Grenzen. Doch für die Umsiedlung in den Himalaya reichten ihre Flugzeuge und ihr Treibstoff längst nicht aus.
    Die USA waren wie immer verschont geblieben, einerseits wegen ihrer geografischen Abgeschlossenheit, ironischerweise aber auch, weil die Seuche in Kalifornien ausgebrochen war und sich zuerst über Nordamerika ausgebreitet hatte. Sie mussten nur das eigene Volk und die Kanadier retten, während der Rest der Welt weit hinterherhinkte. Andere Länder warteten und hofften, und dann war es zu spät. Sogar engen Verbündeten wie den Engländern, die selbst keine hohen Berge besaßen, war nichts anderes übrig geblieben, als per Luftbrücke vor der Nano-Pest in die Alpen zu fliehen und dort gegen halb Europa Krieg um ein Fleckchen Land im Hochgebirge zu führen.
    Es gab einige sichere Zonen, in denen es ruhig blieb. So schien ein Großteil der Südpol-Region frei von den tödlichen Nanobots zu sein. Die Antarktis besaß endlose Gebirgsketten und Hochebenen oberhalb von 10000 Fuß. Tiefdruck-Fronten brachten frostiges Wetter und hinterließen breite Schneisen, die oftmals völlig frei von der Pest waren. Aber eine dicke Eisschicht bedeckte das Land. Der Nahrungsmangel machte ein Überleben unmöglich.
    Grönland nahm einen Teil der Norweger und Finnen mitsamt ihrem Militär auf und handelte einen Separatfrieden aus. Die australischen Flüchtlinge kamen in Neuseeland unter, und Japan gelang es, einige Gipfel im Herzen ihres Inselreichs gegen Invasoren zu verteidigen.
    Anderswo kam es zu wirren und heftigen Kämpfen. In Mikronesien stritten Millionen Menschen um eine Handvoll Inselberge. Die Gesamtbevölkerung Afrikas versuchte den Kilimandscharo und die wenigen Hochflächen des Kontinents zu erstürmen, während die Israeli eine Luftbrücke nach Äthiopien errichteten und mehrere Gipfel mit Waffengewalt in Besitz nahmen.
    Ulinow fragte sich oft, ob es für seine Landsleute nicht besser gewesen wäre, von Anfang an weiter entfernte Ziele anzusteuern. Aber sie hatten in der Nähe ihrer Großstädte bleiben wollen, ihrer Industrie, ihrer Militärbestände – und sie führten nicht den ersten Krieg in der Gebirgswelt der Moslems. Er wusste, dass sie ihre restlichen Jets und Helikopter zu Flügen in die Todeszone einsetzten, um dort unten Nahrung und Waffen zu beschaffen.
    Das alles lastete wie das Gewicht von Jahrhunderten auf ihm – Millionen Menschenleben, die Geschichte einer ganzen Nation. Sein Volk befand sich am Rande des Abgrunds, in seiner Existenz bedroht. Es gab immer noch mehr als fünfzehn Millionen Überlebende, aber wenn die Kämpfe keine entscheidende Wende brachten, waren sie verloren, zum Untergang verurteilt, bis auf kleinere Gruppen von Sklaven vielleicht und eine Handvoll weit verstreuter Seelen wie ihn selbst, die innerhalb einer Generation aussterben würden. Und da saß er nun in seinem vornehmen Sessel mit einer Cola in der Hand.
    »Wir müssen alle an einem Strang ziehen«, sagte Kendricks, und seine kleine Hand schloss sich um einen unsichtbaren Strick. »Wir müssen zusammenarbeiten, wenn wir jemals wieder auf einen grünen Zweig kommen wollen. Im Augenblick liegt es ganz an Indien, die richtige Entscheidung zu treffen. Wir haben das gegenüber den Verantwortlichen

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