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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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erst wieder ins Gedächtnis rufen. In der Schwerelosigkeit war das nicht weiter aufgefallen, und Gus hatte während ihres gesamten Exils im Weltraum als Nachrichtenoffizier gedient – ein Zugeständnis an die Europäer während der Teilevakuierung der ISS. Gus konnte weder sein Mundwerk noch seine Hände in Zaum halten. Ulinow hatte ihm bereits zweimal bedeutet, still zu sein, aber Gus musste das Offensichtliche kommentieren und gegen das Handy klopfen, während er mit der freien Hand an seiner Wollmütze herumzupfte. Darunter befand sich eine kahle Stelle, die er bei der Arbeit ständig rieb und kratzte.
    Ulinow war ruhiger, fast melancholisch. Reglos stand er da, und nur sein Daumen strich über die Pistole. Es war nicht schwer gewesen, hier im Kriegsgebiet an eine Waffe zu kommen. Vor vier Tagen hatte die Pistole im Kasino ihren Besitzer gewechselt und war vom Halfter eines müden Marines unter Ulinows weiten Pullover gewandert.
    »Dieses verdammte Ding«, murmelte Gustavo und hielt das Handy schräg nach oben, damit möglichst viel Licht auf das Tastenfeld fiel.
    Sich ein Handy und einen PDA zu beschaffen, bereitete überhaupt keine Schwierigkeiten. Die Amerikaner hatten offenbar viele Millionen mehr technische Spielereien als Menschen gerettet.
    Fast jeder der Überlebenden war per Handy, iPhone, Bluetooth oder Blackberry vernetzt. Ulinow hatte ein Handy gestohlen, im Gegensatz zu Gustavo, der ein paar dieser Dinger ganz offen erschacherte.
    »Sollen wir Schluss machen?«, fragte Ulinow mit dem Anflug eines Lächelns.
    »Ich schaffe es schon noch«, versicherte Gus.
    »Aber wenn sie das Netz ganz abschalten ...«
    »Lassen Sie es mich mit einem anderen Handy versuchen.«
    Ulinow gab mit einem Achselzucken seine Zustimmung und wandte sich ab, um sein Lächeln zu verbergen. Wie es schien, hatten die Amerikaner im Fall von Gus auf die falschen Pferde gesetzt. Der Mann wäre ein echter Gewinn gewesen, wenn sie ihm vertraut hätten. Nicht zuletzt kannten Überlebende in aller Welt seine Stimme. Aber die Amerikaner hatten mehr Funker als Funkgeräte, und Gus war ein Ausländer.
    Nachdem die Zugangs- und Kontrolldaten an die Raumstation gesendet und bestätigt worden waren, stand Gus ohne Beschäftigung da. Es war ein Problem, das er vorausgesehen hatte. Die Amerikaner hatten auf Ruths vollständige Dateien und Ulinows Kontrollaufzeichnungen Wert gelegt. Sie hatten Zugriff auf die Kameras und sonstigen Instrumente gefordert. Selbst unbemannt war die ISS ein ungemein wertvoller Satellit, und Gus hatte genau wie Ulinow seine Computer lange vor der Rückkehr zur Erde umprogrammiert – in dem Wissen, dass es nützlich sein könnte, ein paar Hintertüren offen zu halten.
    Gus hatte einen Fehler eingebaut, den nur er korrigieren konnte. Er hatte das Problem auf die Flut von nicht immer einwandfreien Daten geschoben, die im vergangen Jahr über die ISS gelaufen waren. Nachdem ihm die Amerikaner zähneknirschend zwei Tage Zeit für das Beheben dieses Fehlers zugestanden hatten, konnte er seine Codes zwischen der Station und der Erde hin- und herschicken, Untersuchungen anstellen und seine Patches anbringen.
    Ulinow hatte von Anfang an geplant, seine Mission allein durchzuführen, indem er die Datenbanken der ISS zum Speichern, Senden und Empfangen von Nachrichten einsetzte. Die Amerikaner gestatteten ihm den Zugriff auf die Station, damit er dem russischen Militär weiterhin Fotos und Wetterberichte liefern konnte. Das hätte ihm normalerweise die Möglichkeit gegeben, komplexe Informationen zu übermitteln, die Amerikaner aber sahen ihm zu genau auf die Finger. Sie zeichneten jeden Tastenanschlag auf. Sie sorgten dafür, dass ihn Wehrtechniker und Meteorologen »unterstützten«, die zweifellos Computerspezialisten des CIA waren, auch wenn sie noch so kompetent über Vernichtungskapazitäten oder Hochdruckfronten diskutierten.
    Ulinows einzige Übertragungen an die geschützte Datenbank waren ein Wetterbericht und eine Kopie dieses Wetterberichts gewesen, ein deutliches Warnsignal an seine Landsleute, dass er unter Beobachtung stand.
    Seine nächste Botschaft bestand jedoch aus einem kurzen Text per Funkmodem, mit dem er den Kontakt wiederherstellte. Gustavo hatte drei Möglichkeiten, sich illegal in das lokale System einzuklinken, über Zeitrelais-Programme, die Datenpakete an größere Übertragungen anfügten. Wann immer die Amerikaner Befehle an die ISS hochluden – was sie ständig taten –, wanderten auch Ulinows

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