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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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Barriere verbrachten, vergrößerte das Risiko noch, denn ohne den fortgesetzten Krieg gegen die Pest musste die Anzahl der Impf-Nanos beständig sinken. Schlimmer noch: Wenn sie zu lange blieben, saßen sie vielleicht in der Falle – ebenso wie alle anderen, nachdem sie das Zeug ausgeschwitzt, ausgeatmet und bei jedem Toilettengang zu Millionen ausgeschieden hatten.
    Nach sechzehn Tagen in der unsichtbaren Flut der Pestmaschinen hatten sich in ihren Körpern sicher genug Impf-Nanos gebildet. Mehr als genug sogar. Das erklärte vielleicht ihre Kopfschmerzen und Verdauungsbeschwerden. Sicher, diese Unpässlichkeiten konnten auch eine Folge der ständigen Anspannung und der schlechten Ernährung sein. Aber es war nicht ausgeschlossen, dass sich der Impfstoff im Blutstrom verklumpte, Kapillaren sprengte und die Gefahr von Schlaganfällen und Herzrhythmusstörungen verstärkte. Sie wussten es einfach nicht. Untersuchungen dieser Art standen noch aus.
    Ruth wollte glauben, dass sie noch Tage oder gar Wochen Zeit hatten, ehe ihre Immunität auf gefährliche Werte absank, aber wenn sie fliehen mussten ... wenn Soldaten sie erwarteten ... Sie befanden sich bereits seit mehr als acht Stunden knapp unterhalb von 10 000 Fuß, und Ruth konnte nicht garantieren, dass dies ohne Folgen blieb.
    Die Männer waren ebenso besorgt. Newcombe hatte sie auf die Möglichkeit vorbereitet, dass er und Cam nicht zurückkehrten. Er verteilte ihr Gepäck neu und stellte einen Rucksack für Ruth zusammen, den sie notfalls auch allein tragen konnte. Er enthielt vor allem Proviant und einen Schlafsack. Dann wies er sie sorgfältig in die Bedienung des Funkgeräts ein und ließ sich noch einmal von ihr zeigen, dass sie ihre Pistole laden und abdrücken konnte – als ob sie eine Schießerei einhändig für sich entscheiden könnte.
    Ruth wusste, dass sie nicht mit ihnen gehen konnte, aber sie hasste den Preis, den sie für ihr Wissen und ihre Fähigkeiten bezahlen musste. Sie kam sich wie eine dieser verdammten Prinzessinnen vor, die man in einen Turm sperrte, weil sie zu zart und kostbar für die raue Welt waren – und so zwang sie sich schließlich, das Schweigen zu unterbrechen.
    »Tut mir leid«, sagte sie.
    »Mir auch.« Cam überraschte sie immer wieder.
    Ruth schüttelte den Kopf. »Warum sollte es, ich meine, Sie waren ...«
    »Vielleicht hätten wir doch auf Newcombe hören sollen«, sagte Cam. »Er hat das Training, das mir fehlt ... Ich hätte nie so stur darauf dringen sollen, zu Fuß durch die Wildnis zu ziehen. Vielleicht hätten Sie den Impf-Nano inzwischen perfektioniert.«
    »Nein, Cam. Es war meine Idee. Wissen Sie das nicht mehr? Ich habe darauf bestanden, hierher zu kommen.« Und nach allem, was du für mich getan hast, wirst du morgen auch für mich auf diesen Gipfel steigen, dachte sie. Du wirst Soldaten vor die Gewehre laufen. Du wirst eine Horde Überlebender vorfinden, von Krankheiten oder Wahnsinn befallen. Wer kann schon wissen, was dich erwartet?
    Immer noch in seine Decken gewickelt, verlagerte Cam kurz das Gewicht, als bemühe er sich, seine widerstreitenden Gefühle im Zaum zu halten.
    Ohne dich hätte ich das alles nicht geschafft, dachte Ruth. Dann legte sie die Fingerspitzen kurz auf seinen Arm, sorgsam darauf bedacht, es dabei zu belassen und ihn nicht auf die Wange zu küssen, obwohl er diese Dankesgeste eigentlich verdiente.
    »Passt gut auf euch auf«, sagte sie.

11
    Cam glitt mühelos durch das unwegsame Gelände aus Granitblöcken und spärlichen Gehölzen. Er hatte am Morgen sein Marschgepäck zurückgelassen, alles bis auf die Pistole und eine Wasserflasche, und er kannte die Umgebung – wenn auch nicht diesen besonderen Berg. Die weißstämmigen Kiefern und Wacholdersträucher waren eine vertraute Welt, ebenso die Hecken der Virginischen Traubenkirsche und die harten Grasbüschel.
    Zu seiner Rechten flog ein Schwarm Heuschrecken auf. Die Insekten stoben auseinander, als Newcombe mit dem Gewehr in der Hand zu ihnen herübergelaufen kam. Er hatte das Gewehr von der Schulter genommen und schwang es nun hin und her. Gemeinsam gingen sie hinter einem Gewirr von Felsblöcken in Deckung.
    Sie hatten in Gipfelnähe Stimmen gehört. Jemand dort oben hatte die Angewohnheit, laut nach seinen Freunden zu rufen, mal ungeduldig und mal übermütig – ein Halbwüchsiger, dessen helles Organ weit trug. Das schien ein gutes Zeichen zu sein, aber vielleicht war der Junge auch nur aufgeregt, weil sie vor nicht allzu

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