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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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Albtraum wie so vieles andere, das durch seine Gedanken geisterte.
    Das bedrohliche Dröhnen wurde lauter.
    »Aufwachen!«, ermahnte er sich. Dann stemmte er sich unter Schmerzen hoch, tippte Newcombe mit dem Handschuh an und sagte laut: »Aufwachen!«
    Beide Gefährten bewegten sich. Ruth stieß einen leisen, melancholischen Seufzer aus. Newcombe rollte sich zur Seite, tastete nach seiner Maske und hustete. Dann zuckte er zusammen und wandte das Gesicht dem grauen Himmel zu. Im Tal war es noch dunkel, da der aufragende Berg die Morgendämmerung verbarg. Cam bemerkte, dass Newcombes Blick ebenfalls zum westlichen Horizont wanderte. Er hatte wohl geglaubt, dass sich der Lärm an den Felswänden brach und ihm das Echo einen Streich spielte, aber die Maschinen kamen eindeutig aus dem Westen.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Wir rühren uns nicht vom Fleck«, sagte Newcombe.
    Die Felsspalte bot kein geeignetes Versteck, aber etwas Besseres ließ sich so rasch nicht finden. Die Flugzeuge waren nur Sekunden entfernt. Newcombe kramte das Funkgerät hervor und schaltete es ein. Dann suchte er nach dem Feldstecher. Cam bereute inzwischen, dass er sein Fernglas Mike überlassen hatte. Sie beobachteten den Horizont, während sich Ruth mühsam zwischen ihnen aufsetzte. Quer über ihre Wange verliefen ein paar rote Streifen, weil sie im Schlaf das Gesicht gegen ihren Rucksack gepresst hatte.
    »Alles okay?«, fragte Cam leise. Sie nickte und schmiegte sich kurz an ihn. Ihre Wärme war freundschaftlich und gut. Ausnahmsweise konnte er es dabei belassen.
    Das tiefe, monotone Dröhnen der Triebwerke ergoss sich ins Tal. Sekunden später erschienen gleißende neue Sterne über den Gipfeln im Südwesten. Sterne aus Metall. Sie kamen aus der Nacht und loderten hell auf, als sie ostwärts in den Sonnenaufgang flogen. Cam zählte fünf Maschinen, bevor die nächste Gruppe in Sicht kam. Dann tauchte ein gutes Stück weiter südlich eine dritte Gruppe auf, die sich ebenfalls aus dem dunklen Westhimmel löste.
    Das hat nichts mit uns zu tun, erkannte er benommen und geschockt zugleich. Bisher hatte alles, was sich am Himmel zeigte, Jagd auf sie gemacht. Das hier war aber etwas anderes. Was genau, das wusste er nicht. Aber es war ein Ereignis wie die Atombombe und die Erdbeben und die Druckwelle – zu gewaltig, als dass sie es ohne Weiteres begreifen konnten.
    Newcombe suchte auch den Norden und den Süden ab. Ohne den Feldstecher zu senken, kramte er mit einer Hand in seiner Brusttasche. »Könnten Sie für mich mitschreiben?«
    »In Ordnung.« Cam nahm das Notizbuch und den Stift in Empfang.
    »Amerikanische Kennzeichen«, sagte Newcombe. »C-17- Transportmaschinen. Acht, neun, zehn. Dazu ein Kampfhubschrauber vom Typ AC-130. Reparaturen am Rumpf. Und eine kommerzielle Boeing 737 der United Airlines. Außerdem sechs MiGs.«
    »MiGs?«, fragte Cam.
    »Russische Kampfflugzeuge. Meine Güte, das sieht nach amerikanischen Maschinen aus, die von russischen Jägern eskortiert werden. Aber da ist auch eine DC-10. Mit arabischen Schriftzeichen, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Lassen Sie mich mal sehen«, sagte Ruth.
    »Nein.« Newcombe schwenkte das Glas wieder nach Norden und spähte das Tal entlang, während er mit der freien Hand am Funkgerät herumfummelte. Außer Statikgeknister war nichts zu hören. Cam wusste nicht, ob das noch auf die atmosphärischen Störungen zurückzuführen war, ob der Transceiver auf Army-Frequenzen eingestellt war, die von den Flugzeugen nicht benutzt wurden, oder ob die Flugzeuge ihren Funk einfach ausgeschaltet hatten.
    »Ich kann ein wenig Arabisch«, erklärte Ruth. Sie griff nach Newcombes Schulter, aber er schüttelte ihre Hand ab. Cam sah als Einziger, dass zwei der drei Gruppen ihre Richtung änderten: Einen Moment lang erhellte die Sonne die Rumpfunterseiten, als die Maschinen in Schräglage gingen und nach Süden abdrehten.
    »Jetzt sind auch einige nördlich von uns«, berichtete Newcombe. »Ein altes sowjetisches Tankflugzeug. Drei Transporter. Zwei Jäger, die ich nicht erkenne.«
    »Flüchtlinge«, meinte Ruth. »Sie nahmen einfach alles an Flugzeugen, was sie finden konnten. Aber was erwartet sie auf der anderen Seite des Pazifiks ? Japan ? Korea vielleicht. In Korea gab es mehrere Militärstützpunkte der USA. Von dort könnten die amerikanischen Maschinen stammen.«
    »Ich glaube, sie landen«, sagte Cam. Er deutete nach Süden, wo die beiden am weitesten entfernten Gruppen nur noch als winzige

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