Plastikfreie Zone
von ihr auf unaufdringliche Weise sehr viel über gesunde und ökologische Lebensweise gelernt. Außerdem sind wir mit der ganzen Familie, zu der noch ihr Mann Toni und die Söhne Lukas und Felix gehören, befreundet.
Bei Veronika ist mir beispielsweise schon lange aufgefallen, dass sie nur alle paar Jahre mal neue Schuhe kauft und diese lange trägt, ohne dass sie schäbig aussehen. Allerdings kosten sie so viel wie drei bis vier Paar meiner Schnäppchenkäufe. Obwohl Veronika meine Begeisterung für Flohmärkte und Secondhandshops teilt, achtet sie auf Qualität, während ich zusätzlich immer recht viel billiges Zeug neu dazukaufe.
Als ich Veronika völlig euphorisch von unserem Vorhaben berichte, unseren Haushalt von Plastik zu befreien, das ja ohnehin schädlich sei und so weiter, merke ich, dass sie meinen Gefühlsüberschwang gar nicht so recht nachvollziehen kann. Sie habe nicht den Eindruck, allzu viel Plastikzeug zu besitzen, wirft sie ein.
Ich lasse ihr Haus vor meinem inneren Auge Revue passieren. Ja, stimmt. Bei ihr gibt es prinzipiell weniger unnötige Dinge und dadurch entsprechend weniger Plastik. Und was die Kinder betrifft, die im Alter von Samuel und Marlene sind, so haben sie zum einen weniger Spielzeug, und zum anderen ist vieles davon aus Holz. Insofern wäre eine Entrümpelungsaktion wie die unsere bei Veronika vermutlich weitaus weniger nötig.
Doch etwas anderes beschäftigt sie. Ein Thema, das bereits bei meinem Nachbarn Rudi anklang. Veronika hält es für zu kurz gegriffen, nur über die gesundheitlichen Gefahren von Plastik zu reden. Schließlich würden bei der Papiererzeugung ebenfalls viele schädliche Chemikalien eingesetzt. Wie bereits früher an diesem Nachmittag muss ich eingestehen, dass ich diesen Aspekt bislang wenig oder kaum beachtet habe.
Allein die Tatsache, dass Papier aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt und meines Wissens weitaus einfacher recycelbar ist, macht es nicht unbedingt in jeder Hinsicht zum besseren Material. Kann man sich wirklich darauf verlassen, dass Papier insgesamt umweltverträglicher produziert wird als Plastik? Jedenfalls scheinen vor allem beim Bedrucken von Papier und Karton teilweise äußerst schädliche Farbstoffe zum Einsatz zu kommen.
Allerdings steuert Veronika am Ende noch eine Geschichte über die Gefährlichkeit von Kunststoffen bei, durch die ich mich bestätigt fühle. Ein Bekannter ihres Mannes, der als Autoverkäufer arbeitet, hat sie erzählt.
Wie in dieser Branche üblich, bekam er von seiner Firma alle paar Monate ein neues Auto zur Verfügung gestellt, das dann als Vorführwagen verkauft wurde. Nach einiger Zeit begann er unter großen gesundheitlichen Problemen zu leiden: zuerst unter starken Kopfschmerzen und Schwindelattacken, danach Sensibilitätsstörungen in Armen und Beinen sowie Beeinträchtigungen des Sehvermögens und schließlich sogar unter motorischen Ausfällen. Zeitweilig ging das so weit, dass ihm die Kraft in den Händen fehlte, um irgendetwas festzuhalten. Es wurden alle möglichen neurologischen Erkrankungen vermutet und abgeklärt, ohne dass sich ein eindeutiger Befund ergab. Erst ein Neurologe, der sich intensiver mit seiner beruflichen Tätigkeit befasste, gab schließlich den entscheidenden Hinweis. Er meinte, dass die »Dämpfe«, die von neuen Autos abgegeben werden, die Probleme verursachen könnten. Der Mann stieg daraufhin auf einen etwas älteren Wagen um, und tatsächlich verbesserte sich die Symptomatik rasch, bis er nach zwei bis drei Monaten so gut wie beschwerdefrei war.
Bei Veronikas Geschichte ist mir sogleich eingefallen, dass ich als Kind in neuen Autos oft unter Kopfweh, Schwindelgefühlen und Übelkeit litt. Und Marlene klagt speziell im Sommer häufig über ähnliche Beschwerden. Bei Hitze riecht es selbst in unserem Auto, obwohl es fast sechs Jahre alt ist, immer noch ziemlich »chemisch«.
Wohin man schaut, scheinen Umwelt- und Gesundheitsgefahren zu lauern. Und dass diese sich nicht so einfach vermeiden lassen, wie man sich das manchmal vorstellt, das haben mir die Gespräche dieses Tages gezeigt. Mir schwirrt der Kopf. Es sieht so aus, als würde unser Experiment weitaus umfangreichere Dimensionen annehmen als ursprünglich geplant …
Ein Haus voller Plastik
Als ich Peter am Abend von meiner Begegnung mit Rudi und meinem Telefongespräch mit Veronika erzähle, geht es längst nicht mehr nur um Geschirrspültabs ohne Plastikhülle, denn die Gespräche mit meinem
Weitere Kostenlose Bücher