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Plastikfreie Zone

Plastikfreie Zone

Titel: Plastikfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Krautwaschl
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Aktion nun vollends peinlich zu sein scheint, nimmt mir die Packung aus der Hand. »Gib her, ich nehm die. Wir brauchen eh welche«, sagt er und wendet sich in eine andere Richtung, weg von den Reinigungsmitteln und mir. Mich lädt er noch auf einen Kaffee ein, was ich gerne annehme, weil der Rudi an und für sich ein netter, kontaktfreudiger Zeitgenosse ist. Obwohl ich ihn in diesem Fall ein wenig im Verdacht habe, seine Einladung würde in erster Linie dazu dienen, mir und sich selbst weitere Peinlichkeiten zu ersparen. Egal. Schließlich kann es nie schaden, einmal die Meinung eines Außenstehenden zu unserem Experiment zu hören.
    Als wir auf dem Weg zu den Kassen durch die Abteilung Süßigkeiten und Knabbereien kommen, fällt mir ein anderes Problem ein, das ich Rudi gleich brühwarm erzähle. Kartoffelchips! Sie sind eine meiner Leidenschaften und gleichzeitig ein essenzieller Bestandteil meines abendlichen Entspannungsrituals. Dass ich dieses Thema bisher ignorieren konnte, liegt nur daran, dass ich noch über ein beträchtliches Chipsdepot verfüge und somit bislang keine Notwendigkeit für Neukäufe bestand. Wir hatten uns ja darauf verständigt, vorhandene Lebensmittel vor dem offiziellen Beginn des Experiments aufzubrauchen.
    Aber dann! Was sollte ich anschließend machen? Etwa auf Chips verzichten?
    »Kennst du zufällig irgendwelche Kartoffelchips, die in Papiersackerln verpackt sind?«
    Mit meiner Frage gerate ich an den Richtigen. Der Blick meines Nachbarn spiegelt eine Mischung aus Mitleid und Verzweiflung wider. Natürlich weiß er keine Alternative. Wie sollte er, denn schließlich will er ja keinen Plastikverzicht üben.
    »Nein, keine Ahnung! Kann ich mir auch nicht vorstellen. Das Zeug ist doch viel zu fettig und würde jedes Papier aufweichen. Irgendein Plastik braucht man da schon. Oder Alu, damit könnte es eventuell ebenso funktionieren.«
    Ich schweige, was selten vorkommt. Heute scheint wirklich nicht mein Tag zu sein – bei keinem unserer Problemfälle bin ich nur einen winzigen Schritt weitergekommen. Und nun tut sich zu allem Überfluss ein zusätzliches auf, das zwar zugegebenermaßen keinen lebenswichtigen Bereich betrifft, jedoch sehr wohl Einfluss auf meine Laune haben könnte.
    Während wir wortlos den Kassen zustreben, schreckt Rudi mich mit einem plötzlichen Ausruf aus meinen Gedanken. »Vor lauter Plastikgerede vergesse ich ganz, was ich eigentlich einkaufen wollte.« Spricht es und dreht sich um, läuft zu den Regalen mit den Getreideprodukten, Cornflakes und Müslis.
    Da wir ja noch gemeinsam ins Kaffeehaus wollen, folge ich ihm notgedrungen und werde völlig unerwartet für die Enttäuschungen dieses Tages entschädigt. Rein zufällig fällt mein Blick auf eine Müslipackung mit einer höchst erfreulichen Aufschrift. »Alles Bio plus 100 Prozent biologisch abbaubarer Müslibeutel« steht da in weißen Buchstaben auf rotem Grund. Ich stürze mich förmlich auf die Packung, um sie genauer in Augenschein zu nehmen, und lese mit wachsender Begeisterung den Text auf der Seite: »Der Müslibeutel wurde aus dem nachwachsenden Rohstoff Zellulose hergestellt, ist somit 100 Prozent biologisch abbaubar und kompostierbar. Die Kartonpackung bitte gefaltet in den Altkartoncontainer geben.«
    Ich kann es nicht fassen. In diesem Moment erscheint es mir tatsächlich so, als würde man für besonders ausdauerndes und frustrierendes Suchen am Ende belohnt. Und weil sich diese Freude irgendwie entladen muss, falle ich dem völlig verdatterten Rudi um den Hals, der vor lauter Schreck zwei Packungen mit Cornflakes zu Boden fallen lässt.
    Während er schweigend den Kopf schüttelt und sich sichtlich von hier und von mir wegwünscht, decke ich mich mit mehreren Packungen des Supermüslis ein, von dem es drei verschiedene Sorten gibt, unter anderem ein Schokoknuspermüsli. Das wird eine Freude für die Kinder, denke ich. Die essen nämlich sehr gerne Müsli, vor allem mit Beigabe von Schokoflakes. Bislang aber haben wir nur eine einzige unverpackte Müslisorte im Bioladen entdeckt, während Schokoflakes, Zimtchips oder Knuspermüsli samt und sonders im Plastikbeutel angeboten werden. Jetzt haben wir alles, was das Herz begehrt, und dazu plastikfrei. Welch schöner Tag!
    Bevor wir jedoch unseren wohlverdienten Kaffee genießen können, muss sich der arme Rudi noch einmal für mich schämen. Ganz selbstverständlich greift er nach dem Bezahlen zu den Plastiksackerln, die seitlich neben den Kassen

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