Plastikfreie Zone
mit den Verpackungen. Vielleicht auch weil die Anzahl der verschiedenen Produkte ständig gewachsen ist und noch wächst. Teilweise ist die Auswahl inzwischen so groß, dass man sich kaum entscheiden kann. Und das erleichtert es nicht gerade, gute und schlechte Qualität voneinander zu unterscheiden.
Merkwürdig, wie das alles zusammenhängt. Wer weiß, überlege ich, vielleicht wird unter diesem Aspekt das Einkaufen durch unser Experiment gar nicht komplizierter, sondern einfacher, weil sich schlicht und einfach die Auswahl reduziert. »Na ja, ich bin gespannt, wie es euch ergehen wird. Aber wie gesagt, übertreibt es nicht«, sagt Peters Mutter abschließend und beendet damit das Gespräch.
Ich hänge noch ein wenig meinen Gedanken nach und versuche mir die weitgehend plastikfreie Kindheit meiner Schwiegermutter vorzustellen, damals in den Dreißiger- und Vierzigerjahren in ländlicher Umgebung. Zwar gab es dieses fortschrittliche und als segensreich betrachtete Material bereits, doch es war weniger verbreitet und weit entfernt davon, das beliebteste Wegwerfprodukt der Menschheit zu sein. Obwohl ich soeben eine Kehrtwende in unserem Alltag herbeiführen möchte, vermag ich mir nicht wirklich vorzustellen, wie das früher so ganz ohne Plastik funktioniert hat.
In meinem Kopf schwirrt eine Unmenge an Gedanken und Fragen. Während ich mich bemühe, ein wenig Ordnung in dieses Wirrwarr zu bringen, sehe ich mich im Esszimmer meiner Schwiegereltern um. Mein Blick schweift vom alten Kaminofen über die Eckbank zum Diwan, der Kommode mit dem Telefon und dem kleinen Eckkasten mit dem Fernsehapparat.
Ich habe mir bisher nie die Frage gestellt, ob im Haushalt meiner Schwiegereltern weniger Plastik verwendet wird als in unserem, jetzt aber fällt mir auf, dass es hier ausschließlich alte Vollholzmöbel gibt. Und im Gegensatz zu vielen von uns in den letzten Jahren angeschafften Billigmöbeln bezieht sich der Ausdruck Holz nicht nur auf die Fronten der jeweiligen Möbelstücke, sondern auch auf deren Innenleben. In diesem Zusammenhang fällt mir sogleich unser mittlerweile mehr als schäbiger IKEA-Küchentisch ein, den wir vor zwei Jahren wegen des günstigen Preises gekauft haben und dessen beschichtete Pressholzplatte bereits einige Wochen nach dem Kauf hässliche Sprünge und Kratzer aufzuweisen begann. So etwas könnte hier nicht passieren. Diese Möbel sind großteils über vierzig Jahre alt und sehen nach wie vor sehr schön aus.
Nun gut, dass ich in Ess- und Wohnzimmer Kunststoff nur an Fernseher, Stereoanlage und Telefon entdecke, ist vielleicht nichts Besonderes. Das sieht in vielen Haushalten auch nicht dramatisch anders aus. Interessanter wäre da schon, was sich in den Schränken befindet. Und natürlich in der Küche.
Neugierig begebe ich mich auf Entdeckungsreise. Die Elektrogeräte sind alle aus Kunststoff, und auf der Spüle steht eine Plastikflasche mit Geschirrspülmittel. Ich öffne gerade die erste Schublade, als ich plötzlich die Stimme meiner Schwiegermutter höre: »Suchst du etwas?«
»Nein, nicht direkt, ich sehe mich nur um, was ich bei dir aus Plastik finde.«
Peters Mutter lacht: »Allzu viel gibt es da nicht.« Sie öffnet eine Lade. »Das sind meine gesamten Plastikschätze.«
Ich blicke kopfschüttelnd auf den Inhalt, der aus drei oder vier Tupperwarebehältern besteht. Nicht einmal Kochlöffel aus Plastik oder ein Sieb. »Das ist ja fast gar nichts. Du müsstest mal unser Lager sehen«, murmle ich erschüttert.
Mit Erlaubnis meiner Schwiegermutter inspiziere ich auch die restlichen Räume: Badezimmer, Vorraum, Schlafzimmer, das ehemalige Kinderzimmer und abschließend Vorratskeller und Waschküche. Zwar finde ich die üblichen Plastikbehältnisse für Kosmetika sowie für Wasch- und Putzmittel, allerdings verglichen mit unseren Beständen in recht bescheidener Auswahl. Was ich, wie ich leider gestehen muss, nicht allein auf die Tatsache schieben kann, dass keine kleinen Kinder mehr im Haus sind, die überwiegend Plastikspielzeug benutzen.
Insgesamt gewinne ich bei meiner Runde den Eindruck, dass sich hier viel weniger Unnötiges befindet als bei uns. Wenn ich nur an all die Plastikboxen und Aufbewahrungssysteme denke, die ich in den letzten Jahren nach und nach angeschafft habe! Alles in dem letztendlich erfolglosen Bemühen, endlich einmal Ordnung in unser Chaos zu bringen. Die meisten meiner Neuanschaffungen führten jedoch eher dazu, das Chaos noch unübersichtlicher zu
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