Plastikfreie Zone
überzogene Preise haben, obwohl sie aus Kunststoff sind.
Hochwertige Kunststoffe – das weiß ich durch meine Tätigkeit als Physiotherapeutin nur allzu gut – finden sich natürlich auch massenhaft im medizinischen Sektor. Wobei sogar in diesem höchst sensiblen Bereich meiner Meinung nach nicht offensichtlich erkennbar ist, ob und in welchem Ausmaß die eingesetzten Materialien nicht doch schädliche Chemikalien enthalten. Je länger ich mich mit dem Thema befasse, desto mehr wird mir bewusst, dass man auf jeden Fall zwischen hohem Wert und hohem Preis unterscheiden sollte.
Dennoch bleibt meine brennendste Frage: Warum kann Plastik – als Verpackungsmaterial oder für diverse Niedrigpreisprodukte – derartig billig hergestellt werden, obwohl klar ist, dass der Ausgangsstoff nur begrenzt zur Verfügung steht?
»Das Denkvermögen der Menschheit ist eben noch begrenzter, als es die Erdölvorräte der Erde sind«, antwortet Peter trocken, und wenngleich ich befürchte, dass er recht haben könnte, muss ich lachen.
»Gut, dann hören wir zumindest jetzt damit auf. Und neben allem anderen werde ich mich außerdem verstärkt bemühen, so wenig wie möglich mit dem Auto zu fahren.«
Die Fahrt von Mürzzuschlag nach Wien dauert nur etwas mehr als eine Stunde, und als wir schließlich vor der Wohnung unserer Freunde ankommen, diskutieren wir noch immer, welche Autofahrten wir in Zukunft zusätzlich vermeiden könnten, welche Plastikartikel oder Verpackungen gänzlich entbehrlich sind und was man darüber hinaus alles tun müsste, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Wenn wir so darüber reden, fällt es uns nicht schwer, Theorien und Strategien zu entwickeln, doch die tatsächliche Umsetzung ist natürlich viel schwieriger. Und wie soll man erst andere davon überzeugen, Denken und Handeln zu verändern? Wie kommt man von verbalen Weltrettungstheorien zu einem konkreten und zumindest für gewisse Menschen nachahmenswerten Handlungsansatz? Wir hoffen in dieser Hinsicht sehr auf das bevorstehende Treffen mit Werner Boote.
Im Vorfeld, noch zu Hause, kam es allerdings zu einer etwas heiklen Diskussion zwischen Peter und mir, die auf einen Grundwiderspruch des geplanten Experiments verwies. Thomas Bogner, der Produzent von Plastic Planet , mit dem ich in recht regelmäßigem Kontakt stehe, hatte mir in einem seiner E-Mails eine durchaus interessante Frage gestellt: »Wie wollen Sie denn ohne Plastik Texte für einen Weblog schreiben oder Fotos dafür machen?« Inzwischen diskutieren wir nämlich die Möglichkeit, auf diese Weise an die Öffentlichkeit zu gehen, ziemlich ernsthaft.
Obwohl die Frage mit einem Smiley versehen war, löste sie bei mir ernsthafte Zweifel aus. Zum einen fragte ich mich, ob die Ideen von Werner Boote und Thomas Bogner hinsichtlich einer Veröffentlichung unseres Experiments nicht zu aktionistisch für uns seien, und vor meinem inneren Auge entstanden bereits lebhafte Bilder: Peter, wie er vor laufender Kamera unsere Lichtschalter abmontiert und die Kunststoffwasserrohre aus den Wänden stemmt. Eine Vorstellung, die mich nervös machte. Hatte ich bei den beiden vielleicht mit meiner Ankündigung, so weit wie möglich ohne Plastik leben zu wollen, falsche Erwartungen geweckt?
Etwas anderes kam hinzu. Der Hinweis auf Fotoapparat und Computer machte mir überdeutlich klar, dass man niemals, selbst während des Experiments nicht, jeglichen Kunststoff aus dem Haushalt verbannen konnte. Aber was war wirklich verzichtbar? Als ich Peter darauf ansprach und vorschlug, zumindest den Fernsehapparat in dieser Zeit aus der Wohnung zu verbannen, legte er ein klares Veto ein. Zwar nimmt Fernsehen in unserer Familie eigentlich keinen besonderen Stellenwert ein, doch mochte Peter vor allem nicht auf Übertragungen von Fußballspielen und diversen sportlichen Großereignissen verzichten. Selbst für vier Wochen nicht. Für mich hingegen schien es schwer vorstellbar, Radio beziehungsweise Stereoanlage wegzuräumen. Gleiches galt für die Kinder mit ihren Radios und CD-Decks, die fast täglich verwendet werden.
In unserem Gespräch damals ist mir klar geworden, dass all diese Dinge zwar theoretisch absolut verzichtbar wären, die praktische Umsetzung dieses Verzichts jedoch eine ziemliche Gefährdung des Familienfriedens darstellen würde und mir überdies nicht gerade zeitgemäß zu sein scheint. Überdies brauche ich sowohl Computer und Internet als auch Telefon oder Handy teilweise beruflich, und
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