Plastikfreie Zone
die Kinder müssen manche Hausaufgaben am Computer erledigen. Obwohl ich Informationsüberfluss und weltweiter Vernetzung unserer Gesellschaft durchaus kritisch gegenüberstehe, möchte ich kein Exempel à la »Ein paar Wochen lang leben wie im 19. Jahrhundert« statuieren. Zudem soll unser Experiment ja beweisen, dass sich auf viel Plastik verzichten lässt, auch dauerhaft und ohne dass man sich zum Außenseiter entwickeln muss. Welcher Mittelweg sich da anbietet, auch das wollen wir bei unserem Treffen mit Werner Boote besprechen.
Eine schicksalhafte Begegnung
Am nächsten Tag geht es dann endlich los zu dem Treffen, von dem wir uns so viel erhoffen und das auch am Abend zuvor bei Karin und Ewald, alten Freunden von Peter aus Mürzzuschlag, Gesprächsgegenstand war. Wobei hier eine pikante Tatsache hinzukam: Karin verdanken wir nämlich einen Großteil unserer Ausstattung mit Tupperware, weil sie einige Jahre für diese Firma im Einkauf tätig war und mich mit ganz speziellen Plastikschnäppchen versorgte. Eines meiner Lieblingsstücke aus dieser Ära ist eine rosa Salatschleuder mit pinkfarbenem Griff, ein Teil mit echtem Kultstatus und eines der wenigen Tupperwareprodukte, die wir bis jetzt relativ regelmäßig verwendet haben.
Als Karin bei der Firma kündigte, war ich ehrlich gesagt fast ein bisschen enttäuscht, an diesem Abend jedoch recht froh darüber. Denn ich empfinde es immer als sehr unangenehm, mit Freundinnen und Freunden über ein Thema zu sprechen, bei dem sie sich persönlich angegriffen fühlen könnten. Insofern sah ich dem Gespräch über unsere plastikfeindlichen Aktivitäten mit eher gemischten Gefühlen entgegen.
Zum Glück erwiesen sich meine Befürchtungen als unbegründet. Karin und Ewald reagierten ganz gelassen auf unsere Idee, was ich als sehr wohltuend empfand und als Ausdruck eines gesunden Selbstwertgefühls. Sie fanden die Sache spannend, besonders Karin, und hörten sich interessiert an, was wir so alles umkrempeln wollten in unserem Alltag, ohne es zu bewerten oder sich selbst für irgendetwas zu rechtfertigen. Und obwohl die beiden einen völlig anderen Lebensstil haben als wir und zum Beispiel leidenschaftlich gerne mit dem Flugzeug in weit entfernte Länder reisen, fiel es mir in diesem Fall überhaupt nicht schwer, mich jeglicher Polemik und aller Bekehrungsversuche zu enthalten.
Peter und ich reden noch über den Abend mit den Freunden, als wir den vereinbarten Treffpunkt erreichen: das Gebäude der Neuen Sentimental Film, der Produktionsfirma von Plastic Planet . Die Spannung bei uns beiden steigt, und zumindest ich bin etwas nervös. Wie wird dieser erste direkte Kontakt wohl ablaufen?
Werner Boote kommt ungefähr eine halbe Stunde zu spät, für seine Verhältnisse jedoch durchaus noch pünktlich, wie sich später herausstellen sollte. Schon in den ersten Minuten unseres Gesprächs bestätigt sich der Eindruck, den ich bereits nach der Filmpremiere von ihm hatte. Boote wirkt lustig, locker, ein bisschen chaotisch, charmant und dabei ganz normal. Wir finden sofort einen Draht zueinander, gehen schnell zum Du über und sind uns über die wichtigsten Punkte des Experiments einig. Zu meiner großen Erleichterung bewahrheitet sich meine heimliche Sorge, er könnte das ganze Projekt nur als Riesenspektakel sehen, nicht.
Auch Produzent Thomas Bogner trägt mit seiner besonnenen und ruhigen Art sehr viel dazu bei, dass die Idee, unseren Versuch öffentlich zu machen, für mich immer konkretere Formen annimmt. Außerdem fällt mir ein Stein vom Herzen, als ich merke, dass Peter sich ebenfalls lebhaft an der Unterhaltung beteiligt. Damit die Sache wirklich funktioniert – das ist mir inzwischen klar geworden –, genügt es nicht, dass er das Experiment duldet. Es kann nur klappen, wenn er tatsächlich vorbehaltlos dahintersteht.
Noch größer ist meine Erleichterung darüber, dass unsere teilweise frustrierenden Diskussionen über das Ausmaß eines Plastikverzichts sich als gegenstandslos erweisen. Natürlich dürfen wir weiter elektrische und elektronische Geräte in unserem Haushalt verwenden, hören wir jetzt. Das sei sogar erwünscht, weil das Experiment andernfalls einen zu radikalen Touch bekäme und kaum noch nachahmenswert wäre. Gott sei Dank, seufze ich innerlich, denn diese Problematik hat mir doch ganz schön auf der Seele gelegen.
Als Nächstes erklärt Thomas Bogner uns, wie er sich die Gestaltung des Weblogs vorstellt. Ich solle einen Monat lang
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