Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plastikfreie Zone

Plastikfreie Zone

Titel: Plastikfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Krautwaschl
Vom Netzwerk:
die gesamte Unterhaltungselektronik nach draußen zu schleppen, nur um sie filmen und danach wieder reintragen zu lassen. Schließlich sind das ja die Dinge, die wir weiterbenutzen werden.
    Unser Filmteam zeigt sich im Übrigen, wie nicht anders zu erwarten, überwältigt von der Menge an Plastik, die sich in unserem Haushalt angesammelt hat, wobei Werner Boote sich hauptsächlich damit beschäftigt, die einzelnen Plastikhaufen möglichst künstlerisch zu arrangieren und in Szene zu setzen. Als Peter jedoch auch noch alte Gartenmöbel, Skiausrüstungen und Motorradhelme aus dem Stall anschleppt, kann er nicht umhin, sich zu wundern. »Ihr habt wirklich außergewöhnlich viel Plastik im Haus. Das war ja nicht einmal bei den Amis so schlimm.«
    Ich erinnere mich an jene Szene des Films, in der eine amerikanische Familie ihr gesamtes Plastikinventar vor dem Haus aufbaut. Schon damals habe ich mir insgeheim eingestanden, dass bei uns sicherlich nicht weniger anfallen würde. Im Gegenteil, wie sich jetzt erweist.
    »Ich habe euch gewarnt. Selber schuld, wenn ihr euch auf uns einlasst. Wir sind eben unverbesserliche Sammler.« Ich muss ziemlich kleinlaut geklungen haben, denn Werner legt tröstend den Arm um meine Schultern und sagt lachend: »Das passt schon. Wird bestimmt ein super Foto und ein netter Film. Schließlich wollen wir ja zeigen, wie viel Plastik normale Leute in ihrem Haus haben – oder zumindest fast normale.«
    Aus seinem Mund klingt das fast wie ein Kompliment. Momentan beschäftigt mich allerdings die Frage, wie wir das ganze Zeug am Abend wieder ins Haus schaffen sollen. Und vor allem wohin mit den Dingen, die wir vorübergehend nicht benutzen werden.
    Kein Problem, meint unser plastikmüllerprobter Filmemacher. »Das räumen wir alles in den Stall. Vielleicht könnt ihr damit mal eine Ausstellung veranstalten«, sagt er und lacht wieder, während er Marlenes lilafarbenes Plastiksparschwein auf der alten Puppenküche zu platzieren versucht, was sich als nicht ganz einfach herausstellt, weil die Küche leicht schief steht und das Schwein immer wieder ins Rutschen kommt. Als es zum dritten Mal auf dem Boden landet, gibt er auf und murmelt: »Wenn du ein Keramikschwein wärst, hättest du diese Abstürze nicht überlebt.«
    Dann packt er das Plastikschwein und setzt es gemeinsam mit seinem grünen Kollegen, der Leonard gehört, auf einen weißen Plastiksessel, der bis vor Kurzem noch zu unserer Kücheneinrichtung gehörte. Die Mikrowelle dahinter dekoriert er liebevoll mit einer blauen und einer gelben Plastikbox sowie einem gelben Quietschentchen, das auf der blauen Box Platz nehmen darf. Zufrieden betrachtet er sein Arrangement und dreht sich grinsend zu mir um. »Ist das nicht schön?«
    Ich merke, wie Stress und Hektik von mir abfallen und ich langsam beginne, die ganze Situation zu genießen. Nach menschlichem Ermessen werden wir unser Haus schließlich nur dieses einzige Mal derartig gründlich räumen. Und die Frage der Endlagerung unserer Plastikhinterlassenschaft muss ja nicht unbedingt heute geklärt werden.
    Als ich mich erneut umschaue, erfasst mich trotz des unglaublichen Chaos ringsum plötzlich ein eigenartiges Glücksgefühl. Die Kinder, Peter, die Helferinnen und Helfer, sie alle sind emsig damit beschäftigt, aufzubauen und zu arrangieren. Alle scheinen Freude daran zu haben, und mir wird erstmals richtig bewusst, dass heute tatsächlich etwas ganz Besonderes in unserem Leben passiert.
    Eine Idee und ein Entschluss, vor etwas mehr als einem Monat geboren, eröffnen uns eine große Chance. Zwar geht es nicht vorrangig um das heutige Spektakel, doch es macht immerhin Spaß, so etwas einmal zu erleben. Vor allem habe ich erstmals das Gefühl, durch unser Experiment etwas bewegen zu können oder zumindest ein wenig dazu beizutragen, dass etwas in Bewegung gerät. Wenn es gelungen ist, Menschen wie Thomas Bogner und Werner Boote für diese Idee zu begeistern, dann müsste es eigentlich ebenso möglich sein, andere Leute zu erreichen.
    Ich hoffe dabei sehr auf den geplanten Weblog, der unsere Erlebnisse und Erfahrungen einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen und eine kritische Diskussion über das eigene Konsumverhalten anstoßen soll. Ich spüre ein vertrautes Gefühl in mir aufsteigen, das etwas mit Hoffnung zu tun hat, mit dem Glauben, dass unser Tun andere Menschen motivieren kann und dadurch eine Wirkung zu entfalten vermag, die über das unmittelbare Umfeld hinausgeht. In diesem

Weitere Kostenlose Bücher