Plastikfreie Zone
verweigert habe, sind diverse elektronische Spielsachen, weil ich der Meinung war und bin, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter vor solchen Dingen eher geschützt werden sollten.
Was allerdings nichts daran ändert, dass der überwiegende Teil der Spielsachen aus Plastik besteht oder zumindest nicht gänzlich frei davon ist. Die gesamte Puppensammlung inklusive Tragetasche, Puppenbuggy, Puppenautositz und Puppenküche, Marlenes Schleich-Pferde-Sammlung, Duplo- und Legobausteine, Autorennbahn, selbst die meisten Stofftiere und natürlich Leos heißgeliebte Playmobil-Ritterburg, die er erst vor drei Monaten zum Geburtstag bekommen hat – alles Plastik!
Während die Kinder noch in der Schule sind, sehe ich mich ungestört in den Kinderzimmern um, und vor meinem inneren Auge entsteht ein neues Schreckensbild: Weinende, völlig aufgelöste Kinder, denen wir vor laufender Kamera ihr Lieblingsspielzeug entreißen. Ich habe Werner Boote zwar als ausgesprochen netten und umgänglichen Menschen kennengelernt, aber wer weiß schon, ob sein kreativer Geist so etwas nicht als guten Gag empfinden könnte.
Ich schüttle energisch den Kopf, denn dergleichen werden wir mit Sicherheit nicht zulassen. Schließlich waren Peter und ich uns von Anfang an einig, dass wir die Kinder weder zwingen noch überreden wollen, ihre Plastikspielsachen wegzugeben. Da sie andererseits von Anfang an in unsere Gespräche und Diskussionen einbezogen wurden, hoffen wir natürlich, dass sie sich aus freien Stücken bereit erklären, sich zumindest für die Dauer des Experiments von dem einen oder anderen Teil zu trennen.
Ich unternehme einen Vorstoß bei Leonard, der als Erster aus der Schule heimkommt, frage ihn sanft, ob er sich vorstellen könnte, seine Ritterburg vorübergehend wegzuräumen und aus dem Haus zu schaffen.
Seine Reaktion lässt keine Zweifel offen: »Nein, sicher nicht«, sagt er und stapft empört davon, ohne mir auch nur die geringste Möglichkeit für weitere Erklärungen oder Erläuterungen zu geben.
Für die beiden Älteren hingegen scheint die Aktion beinahe ein willkommener Anlass zu sein, sich ein wenig von der Überfüllung ihrer Zimmer zu befreien. Zu meiner großen Freude nutzen beide die Gelegenheit, Spielzeug, das ohnehin seit Langem als bloßer Staubfänger herumsteht, auszumisten. Marlene ist sogar willens, alle Puppen mit sämtlichem Zubehör sowie die Puppenküche und einen Großteil der Stofftiere zumindest für einen Monat zu entfernen. Lediglich über die Schleich-Pferde lässt sie nicht mit sich reden.
Wir tragen also alle Sachen, die bei der Hausräumung in den Stall gebracht werden sollen, in einer Ecke der Kinderzimmer zusammen.
Leonard beobachtet das alles vorsichtshalber aus der Ferne und behält seine Ritterburg im Auge. Zwischendurch wirft er mir misstrauische Blicke zu, was mich dazu veranlasst, ihm noch einmal zu erklären, dass die ausgemusterten Spielsachen ja nicht weggeworfen oder hergeschenkt, sondern lediglich für eine Weile weggeräumt werden. Und dass man sie jederzeit wieder hereinholen könne, falls er oder seine Geschwister ein Stück arg vermissen sollten.
»Meine Ritterburg bleibt jedenfalls da.« Leonard zeigt sich kein bisschen kompromissbereit.
Ich versuche ihn zu locken: »Aber für das große Foto mit all unseren Plastiksachen dürfen wir sie schon hinausräumen. Das wäre schließlich schade, wenn sie da nicht drauf wäre.«
Leonard bleibt skeptisch. »Und was ist, wenn irgendjemand von den Leuten sie mitnehmen will?«
»Das wird sicher nicht passieren«, versuche ich ihn zu beruhigen. »Das sind lauter Erwachsene. Die spielen nicht mehr mit Ritterburgen.«
Ich rede mit Engelszungen, doch ohne Marlenes Hilfe hätte ich es vermutlich nicht geschafft. Sie ist es überwiegend, die Leonard überzeugt, wenigstens einem Fototermin für seine Ritterburg zuzustimmen: »Also gut, dann darf sie halt für das Foto nach draußen. Aber ihr müsst mir helfen, sie zu bewachen.«
Ich verspreche es hoch und heilig und bin erleichtert, dieses Problem aus dem Weg geräumt zu haben.
Samuel und Marlene, scheinbar beflügelt von der bevorstehenden Aktion und gespannt darauf, einen »echten Regisseur« und ein »echtes Filmteam« kennenzulernen, machen mich von sich aus sogar auf Problemfälle aufmerksam, die ich bisher völlig ignoriert habe. Es betrifft die Schulutensilien, einen riesigen und in einem Haushalt mit drei Kindern durchaus wichtigen Bereich, der nur so strotzt vor Plastik.
Wie
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