Plastikfreie Zone
Plastikentrümpelungsaktion deutlich geschärft worden ist.
Während ich weiter meine Runde drehe, an den Regalen mit plastikstarrenden Angeboten vorbei, muss ich unwillkürlich an eine Szene aus Plastic Planet denken, in der Werner Boote im Supermarkt Aufkleber mit der Aufschrift »Plastic kills« oder »Plastic causes cancer« auf alle möglichen Verpackungen und Produkte klebt. Am liebsten würde ich das hier und jetzt genauso machen und beobachten, ob es einen Menschen stört. Oder zum Nachdenken anregt. Nicht nur über mögliche gesundheitliche Konsequenzen, sondern generell über Sinn und Unsinn solcher Überproduktion. Wie viele Stücke werden wohl schon bald nach Weihnachten unbenutzt herumliegen oder sogar im Müll landen, von den Verpackungen einmal abgesehen? Wie viel Energie war notwendig, um dieses Überangebot zu erzeugen? Wie viel Geld steckt in diesen unnötigen Dingen, und was könnte man damit sonst alles anfangen?
Während ich ein Weißkraut – das einzige nicht verpackte Gemüse, das es heute gibt –, eine Butter, die, wie ich nach langwierigen Recherchen weiß, plastikfrei in Alufolie und Papier verpackt ist, zwei Kilo Vollkornmehl und ein Kilo Zucker in meinen Einkaufswagen lege, fallen mir die Adventskerzen ins Auge. Sie erinnern mich daran, dass es an der Zeit ist, meinen Kranz zu binden. Oftmals habe ich hier passende Kerzen gefunden, doch heuer ist das leider keine Option, weil die Kerzen nicht nur in Plastikfolie verschweißt, sondern darüber hinaus selbst ein Erdölprodukt sind. Bienenwachskerzen gibt es hier nicht, und so verlasse ich den Laden ohne ein einziges Weihnachtsutensil. Das ist mir um diese Zeit im Jahr schon lange nicht passiert.
Am Abend besuche ich Sabine. Während wir uns bei einer Flasche Wein über die zumindest geschmacklich einwandfreien Chips hermachen, die ihr als angeblich plastikfreie Biochips verkauft wurden, in Wahrheit aber in einem Karton mit doppeltem Plastikinnenleben steckten, tauschen wir uns über unsere Adventsvorbereitungen aus, die mich in diesem Jahr vor neue Herausforderungen stellen, denn schließlich ist es unser erstes plastikfreies Weihnachten.
Das fängt schon mit dem Adventskranz an. Zum Binden habe ich bis jetzt immer einen mit Plastik ummantelten Blumendraht verwendet und suche nun eine Alternative, bevorzugt aus einem natürlichen Material, das am Ende mit dem Reisig verbrannt oder kompostiert werden kann. Deshalb möchte ich eigentlich keinen normalen Draht. Nach einigem Hin-und-her-Überlegen kommen wir auf Bast. Großartig, davon liegen noch Restbestände in unserer Bastellade, und ich muss nicht eigens losziehen und welchen besorgen.
Auch Kerzen sind noch vorhanden, wie ich nach meiner Rückkehr vom Hofer festgestellt habe. Ein komplettes, neues Adventskerzenset, das ich, obwohl nicht wirklich experimentkonform, aufbrauchen werde. Die teuren Bienenwachskerzen werden aufs nächste Jahr verschoben – alles auf einmal ist eben bisweilen zu viel! Deshalb habe ich auch beschlossen, sämtliche Kerzen, die noch bei uns herumliegen, weiterzuverwenden und unsere zahlreichen Kerzenständer damit zu bestücken.
Allerdings hat Sabine einen guten Vorschlag parat, wie wir günstiger an Bienenwachskerzen kommen könnten. Mit Bienenwachsplatten und Dochten aus Bastelgeschäften, einzeln und unverpackt erhältlich, sei es ganz leicht, die Kerzen selbst herzustellen, meint sie. Könnten sogar die Kinder machen. Eine gute Idee, finde ich, zumal sie sich gut als kleine Geschenke eignen.
Ich erzähle Sabine, mir sei gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit unangenehm aufgefallen, dass es prinzipiell kaum mehr möglich zu sein scheint, Kerzen ohne Verpackung zu kaufen. Egal, in welcher Größe und Stückzahl: Sie sind in den allermeisten Fällen zumindest in Plastik eingeschweißt, oft sogar zusätzlich in Karton und Plastik verpackt. Ich frage mich wirklich, warum ich das bisher so einfach hingenommen habe. Warum brauchen Kerzen eine Verpackung? Hygiene darf hier als Begründung ja wohl ausgeschlossen werden.
Sabine vermutet, die Verpackung solle die Kerzen schützen. Aber wovor um Himmels willen? Besteht etwa die Gefahr, dass sie beim Transport einzeln vom Lkw rollen? Oder droht ihnen Ungemach im Verkaufsregal? Höchstens doch, dass sie bei längerer Lagerung ein wenig verstaubt oder abgegriffen aussehen könnten. Aber rechtfertigt dieser kleine Nachteil all diese Umhüllungen? Wenn ich mir anschaue, wie viele Produkte inzwischen in
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