Plastikfreie Zone
Pfandsystemen einzulassen. Seit Langem spüre ich wieder einmal einen Hauch von Resignation in mir aufsteigen. Dieser Zug ist alles andere als »Kein Heim für Plastik« und damit wohl ein typisches Abbild der Realität.
Hat unser Experiment uns in eine Sackgasse geführt? Haben diejenigen recht behalten, die es von Anfang an als nett gemeinte, aber realitätsferne, idealistische Spinnerei eingestuft haben? Ich bekämpfe meine negative Stimmung. Wie würde das denn aussehen, wenn wir plötzlich das Handtuch werfen und eingestehen würden, unser ambitioniertes Projekt sei nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein? Trotzdem komme ich mir mit einem Mal sehr klein und lächerlich vor.
Peter, der nicht ahnt, welche Tragödien sich gerade in meinem Innern abspielen, empfängt mich ausgesprochen gut gelaunt, was sich auch dadurch nicht ändert, dass ich ihm empört von meinem Erlebnis und meinen trüben Gedanken berichte. Anstatt mich zu bemitleiden, weist er mich beinahe noch zurecht: »Als Erstes solltest du mal aufhören, die ganze Zeit irgendwelchen Müll zu fotografieren. Das ist der komplett falsche Ansatz, da muss man ja depressiv werden.«
Nachdem wir uns eine Weile unterhalten haben, sehe ich langsam wieder ein wenig Licht am Horizont. In gewisser Weise gebe ich Peter recht: Das ständige Fotografieren von Plastikmüll hat zweifellos den Boden für meinen momentanen Zustand bereitet, indem es den Fokus einfach zu sehr auf das Negative richtete. Also habe ich mir mein Elend hauptsächlich selbst eingebrockt! Im Grunde war es überdies von Anfang an klar, dass wir mit unserem Experiment keine Wunder zu bewirken vermögen. Nach ungefähr einer halben Stunde habe ich mich einigermaßen beruhigt und beginne mich auf Amsterdam zu freuen.
In den folgenden Tagen sind wir stundenlang mit dem Fahrrad in Stadt und Umgebung unterwegs und überzeugen uns mit eigenen Augen davon, was man immer hört: Die Niederlande sind ein Paradies für Radfahrer und uns von daher sehr sympathisch. Und zumindest in puncto Verkehrspolitik könnten wir von Amsterdam jede Menge lernen, denn obwohl eine richtige Großstadt, ist das Fahrrad hier nicht nur das beliebteste, sondern zugleich das schnellste Fortbewegungsmittel. Abgesehen davon haben mich die Lastenfahrräder mit den riesigen Gepäcktaschen, die man überall sieht, begeistert. So etwas wäre großartig für meine oft recht beschwerlichen Fahrten mit kiloweisem Einkaufsgut vom Bahnhof nach Hause. Als ich dann die tollen Packtaschen näher in Augenschein nehme, wird ein neuer Kompromiss fällig: Um den plastikfreien Einkauf leichter transportieren zu können, muss ich eine ganz und gar nicht plastikfreie Fahrradtasche in Kauf nehmen. In diesem Fall eine besonders schöne giftgrüne, die Peter gleich nach unserer Rückkehr per Internet bestellen wird.
In anderer Hinsicht bin ich übrigens weniger begeistert von unserem Urlaubsland, denn die Niederlande scheinen nicht nur als Radfahrnation einen Spitzenplatz einzunehmen, sondern auch als Müllproduzenten. Unglaublich, welche Mengen man dort sieht. Überall, selbst an den wunderschönen Stränden und in den Dünenlandschaften wimmelt es nur so vor Plastik. Und in Amsterdam selbst scheint es gerade ein Problem mit der Müllabfuhr zu geben, denn in den Straßen türmen sich teilweise Müllsäcke. Das Fotografieren gebe ich nach zwei Tagen auf.
Trotz des allgegenwärtigen Mülls überwinde ich während dieser Woche in Amsterdam meine Sinnkrise und das Motivationstief, und es gelingt mir, wieder das Positive zu sehen. Auch wenn dieser Ort sicher nicht gerade das perfekte Umfeld für Plastikverweigerer ist.
Déjà-vu an kroatischen Stränden
Teil drei unseres Urlaubs führt uns zum Ende der Sommerferien noch einmal, wie schon 2009, nach Kroatien, diesmal nach Vis. Von Split aus wollen wir mit der Fähre auf die kleine Insel übersetzen, die ich von unserem letzten Besuch vor etwa fünfzehn Jahren als ein nahezu paradiesisches Stück Erde in Erinnerung habe. Allerdings lassen mich die noch immer gegenwärtigen Bilder des Vorjahrs von müllübersäten kroatischen Stränden Schlimmes befürchten. Jedenfalls beschließen wir, nicht auch noch dazu beizutragen.
Voraussetzung dafür ist ein gut geplanter Lebensmitteleinkauf, der jedoch kein Problem sein sollte, da wir mittlerweile in dieser Hinsicht über jede Menge Routine verfügen. Die wirkliche Herausforderung stellt wieder einmal die Wasserversorgung dar. Davon ausgehend, dass das
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